Die Sündenheilerin (German Edition)
Mechthild und Johann soeben unter dem Jubel aller vollzogen worden war. Philip in all seiner männlichen Schönheit und Kraft. Er gehörte ihr. Für alle Zeiten. So wie sie ihm. Niemals würde sie ihn loslassen.
Die Worte des Bischofs gingen in ihren Betrachtungen beinahe unter, und fast hätte sie versäumt, an der rechten Stelle Ja zu sagen. Aber nur fast. Natürlich sagte sie Ja. So laut, dass jeder es hören konnte. Und als Philip sie auf den Stufen des Domes küsste, da war es, als wären sie ganz allein wie damals unter den Kirschbäumen und als gäbe es keine Jubelschreie. Denn dieser Moment gehörte nur ihr allein. Und ihrem Mann, Philip von Birkenfeld, genannt Aegypticus. Der Einzige, der ihr jemals bestimmt war …
Epilog
R egungslos verharrte die Reiterin zwischen den Bäumen. Nicht einmal ihr Pferd schnaubte. Sie beherrschte den Hengst, wie sie bislang alle Männer beherrscht hatte. Von der nahen Straße trug der Wind den Klang zahlreicher Glöckchen herüber. Sie hörte das fröhliche Gelächter, die Hochrufe auf das Brautpaar.
Es war ein prächtiger Hochzeitszug, an der Spitze die Musikanten, dahinter hoch zu Ross die Frischvermählten. Der Bräutigam auf einem edlen Rappen, seine junge Frau auf einem zierlichen Schimmel. Der Bräutigam strahlte, sein schwarzes Haar leuchtete fast so sehr in der Sonne wie das glänzende Fell seines Pferdes.
Ohne dass sie es wollte, stieg eine alte Sehnsucht in ihr auf. Sie erinnerte sich an seine Lippen auf ihrem Leib, an seine Hände, zärtlich und doch zupackend. An seinen Körper, der so gekonnt Lust zu schenken vermochte.
Die Braut lachte. Ein fröhliches, unbeschwertes Lachen, das sich mit dem Klang der Glöckchen mischte. Was mochte er nur an ihr finden? Glaubte er wirklich, dieses zierliche Püppchen könne ihm eine starke Gefährtin sein? Eine Frau, die er verdiente? Heißer Zorn wallte in ihrer Brust auf. Ihre Hand glitt zum Schwert, schnell und zielsicher.
»Greifen wir an?« Ein schwarzbärtiger Mann in zerrissenem Kettenhemd lenkte sein Pferd neben das ihre.
Ihre Hand löste sich vom Schwert.
»Er würde dich mit einem einzigen Hieb seines Schwertes töten.«
»Du liebst ihn noch immer.«
»Noch ein Wort, Hinnerk, und dein Kopf liegt zwischen den Hufen deines Pferdes.«
»Dann greifen wir an?«
»Bist du närrisch?« Sie ließ den Blick über die Reihen ihrer Gefährten wandern. Fünf Männer waren ihr geblieben. Bauernpack, keine Kämpfer.
Soeben bogen die Musikanten in das kleine Waldstück ein. Ihr Pferd warf unruhig den Kopf hoch. Sie könnte es zu Ende bringen. Den Tod ihres Vaters rächen. Wenn sie schnell genug war, könnte sie Philip töten. Und sein Weib. Ihre Hand glitt wieder zum Schwertgriff. Das Metall wurde warm unter ihrer Hand. Hinnerk sagte kein Wort mehr, schaute sie nur lauernd an, wartete auf das Zeichen.
Gerade ritten die Brautleute an ihrer Deckung vorüber. Sie sah den Blick, mit dem Philip seine Frau liebkoste. Voller Fürsorge und Hingabe. Warum hatte er sie niemals so angesehen?
Gundulas Worte kamen ihr in den Sinn, an jenem letzten Abend am heiligen Stein, damals, als sie noch geglaubt hatte, er werde für immer an ihrer Seite bleiben.
Du wirst finden, was du suchst, wenn du den Ursprung durchschreitest. Der Tag wird kommen, an dem du das Erbe des Löwen antrittst, aber es wird anders aussehen, als du es dir jemals erträumt hast.
Und sie erinnerte sich daran, was Gundula zu ihm gesagt hatte.
Du wirst an ihrer Seite kämpfen, wenn sie findet, was ihr bestimmt ist, aber du wirst nicht bei ihr bleiben.
Ihre Hand löste sich vom Griff des Schwertes. Sie riss ihr Pferd herum und galoppierte in den Wald hinein, nur weg von diesem Hochzeitszug, dessen Fröhlichkeit sie nicht mehr ertrug, weg von jedem, der das verdächtige Brennen in ihren Augen hätte sehen können. Niemand sollte sich rühmen, die rote Thea jemals weinen gesehen zu haben.
Nachwort
W ie in jeder fiktiven Geschichte vermischen sich auch im vorliegenden Roman Dichtung und Wirklichkeit. So war es an einigen Stellen notwendig, historische Details abzuändern, um sie der Romanhandlung anzupassen.
Die Burg Birkenfeld gibt es wirklich. Ihre Ruine steht im Harzer Rübeland bei Elbingerode. Die Vergangenheit der Burg liegt weitestgehend im Dunkel der Geschichte. Ein Grafengeschlecht von Birkenfeld ist nicht überliefert, vermutlich war Birkenfeld eine Wehrburg zum Schutz der reichhaltigen Eisenerzminen. Sie unterstand der Lehnshoheit von
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