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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Öffnen einfacher machte. Zusätzlich hatte er mit Bedacht das Messer gut geschärft. Sein Schnitt war sauber und reichte von der Drosselgrube bis hinunter zur Schamregion.
    »Und nun die Spatel!«, sagte er und spreizte diese an den Rippenbögen ein, nachdem Mamma Lina sie ihm mit unsicherer Hand gereicht hatte. Die Bauchhöhle blieb damit für die Dauer seiner Untersuchung geöffnet.
    Mamma Lina starrte angespannt in das Innere des Kindes. »So sehen wir alle aus?«, flüsterte sie.
    »Ich denke, unsere inneren Organe sind um einiges größer und bestimmt nicht mehr alle in so gutem Zustand. Sieh nur, die Lunge, wie zart und fein sie ist! Und hier die kleine, gut durchblutete Leber!«
    Er hatte ein Blatt herausgezogen und begann, alles Nötige mit schnellen Strichen abzuzeichnen.
    »Wieso tust du das?«, wollte sie wissen.
    »Das erkläre ich dir später«, sagte Matteo und warf ihr einen besorgten Blick zu. »Setz dich, ich bitte dich! Du siehst aus, als würdest du jeden Moment umfallen – und das können wir uns jetzt nicht leisten.«
    »Ich werde durchhalten.« Linas Gesicht war weiß und hart. »Mach dir darüber keine Gedanken! Es ist nur dieser laue, süßliche Geruch, dem man nicht entkommen kann … wo meine kleine Cata doch immer wie frisches Brot geduftet hat!«
    Matteo legte das Blatt und die Kohle beiseite, wandte sich mit dem Messer wieder Catas Eingeweiden zu. Plötzlich stieß er einen halblauten Fluch aus. Beim Versuch, den Magen zu öffnen, dem nach allem, was er bislang herausgefunden hatte, sein Hauptaugenmerk galt, war er offenbar abgerutscht und hatte dabei eine Ader erwischt. Blut rann heraus, eine beachtliche Menge, die seine Hände dunkel färbte.
    »Jetzt brauche ich deine Hilfe!«, rief er. »Schnell!«
    Sofort war Lina mit einem Lappen zur Hand und reinigte ihn sorgfältig.
    »Noch mehr Tücher!«, verlangte Matteo. »Sonst kann ich nichts mehr sehen.« Behutsam tupfte er den Bauchraum wieder einigermaßen trocken, dann setzte er das Messer erneut an. »Das Licht muss näher her!«, befahl er. »Ich möchte ganz sicher sein.«
    Sie hielt den Wachsstock unmittelbar über die Öffnung.
    »Siehst du diese dunklen, unregelmäßigen Stellen hier im Gewebe?«
    Sie nickte.
    »Nicht einmal mit dem Fingernagel lassen sie sich verschieben oder gar lösen. Das Gleiche hab ich neulich auch bei Mauro gefunden. Es scheinen irgendwelche Ablagerungen oder Schäden zu sein. Im Magen, verstehst du? Es muss etwas mit dem Essen zu tun haben!«
    »Du meinst, man hat ihnen …«
    Matteo ließ sie nicht ausreden. »Es muss sich um ein und denselben Täter handeln, das steht für mich nach diesem auffälligen Wiederauftreten so gut wie fest. Und um das gleiche Gift, das er deinen beiden Kindern offenbar eingeflößt hat.«
    »Kein Gift.« Mamma Lina schüttelte den Kopf. »Inzwischen denke ich, es könnte auch etwas anderes gewesen sein. Etwas, das eigentlich harmlos ist, jedoch in erheblichen Mengen genossen, durchaus zum Tod führen kann. Mauro hat über schrecklichen Durst geklagt, bevor er starb, erinnerst du dich?«
    »Glaubst du, das könnte ich jemals vergessen?« Matteos Züge waren schmerzlich verzerrt.
    »Es könnte Salz gewesen sein«, fuhr Lina fort. »Eine übergroße Dosis Salz, die man ihm eingeflösst hat. Ihm ebenso wie Cata. Das hat sie getötet.«
    »Salz? Welch abwegige Idee!«
    »Nur auf den ersten Blick. Mari… – der kleine tedesco, der bei den Santini lebt, hat mir da eine überaus merkwürdige Geschichte erzählt. Du sollst sie hören, sobald wir hier fertig sind.«
    Matteo griff nach einem neuen Blatt und begann, Catas Magen und das anschließende Darmstück sorgfältig abzuzeichnen. Dann legte er die Blätter zusammen und löste die Holzspatel. Die Bauchwand klaffte nicht mehr auf, war damit aber noch lange nicht wieder geschlossen.
    »Welcher Satan tut unschuldigen Kindern so etwas an?«, fragte er. »Und weshalb?«
    »Vielleicht galt der Anschlag ja eigentlich gar nicht ihnen«, erwiderte Lina mit abgewandtem Kopf, »sondern vielmehr ihrer Waisenmutter. Sie wurden nur getötet, um mir unbeschreibliches Leid zuzufügen. Man will mich in die Knie zwingen, zum Aufgeben drängen. Ich soll nicht länger frei und sicher in Siena leben. Sie haben alles Mögliche erwogen, um mich dazu zu bringen, und sind schließlich auf diese Idee verfallen.« Ihr Nicken wurde stärker. »Ja, so muss es sich verhalten! Je länger ich darüber nachdenke, desto wahrscheinlicher erscheint es

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