Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub
Helm, der so schwer und riesig war, dass niemand ihn aufsetzen konnte, ohne zu taumeln und Kopfschmerzen zu bekommen. Außerdem war er hässlich. Ach ja, ein Einhorn, das dekorativ in einem Knochen steckte und auf eine hölzerne Plakette genagelt worden war, hing auch noch da. Eine plumpe Fälschung, die schon vor mehreren Hundert Jahren das Original ersetzt hatte. Jetzt war also viel Platz in der riesigen Halle und den hatte Wanda Flabbi dazu genutzt, Riesenschränke aufzustellen, in denen sie frisch gewaschene Bettwäsche, Handtücher und Flickenteppiche aufbewahrte. Im Gegensatz zu dem Gebäudeteil mit den ungeraden Zimmernummern hatte der Trophäensaal, der mit dem Haupthaus verbunden war, ein trockenes, warmes und angenehmes Raumklima, in dem nichts schimmelte, vermoderte oder stockig wurde. Solche Orte waren in Sumpfloch Mangelware (denn die Festung stand ja in einem riesigen Sumpfgewässer).
Lisandra schlüpfte in einen Schrank, der nicht so vollgestopft war wie alle anderen, ließ die Tür einen Spalt offen, damit genug frische Luft hereinkam, und zündete die magikalische Lampe an, was schwierig für sie war. Denn die Technik solcher Lampen beruhte auf Magikalie und da Lisandra des Zauberns überhaupt nicht mächtig war, musste sie den entscheidenden Hebel ungefähr zwanzigmal umlegen, bis endlich das Licht anging. Dann war es geschafft und sie atmete auf.
Es dauerte kaum eine Viertelstunde, bis Scarlett mit einem riesigen Eimer voller Essen zurückkehrte. Zwar war es die gewohnt unansehnliche Kost der Sumpfloch-Küche mit Algensuppe, Nudeln in graugrüner Soße und hartem, trockenem Brot, doch Lisandra war hungrig und einfach nur froh, dem Geldmorgul entkommen zu sein, sodass es ihr vorkam, als hätte sie selten etwas Besseres gegessen. Auch Scarlett schlug zu. Es tat so gut, endlich mal wieder richtige Gesellschaft zu haben. Viego war großartig und Gerald hatte wirklich seine netten Seiten, aber eine richtige Freundin, der man nichts vormachen musste, war unschlagbar. Das hatte sie vermisst.
Wobei – dass sie Lisandra nichts vormachen musste, war ein bisschen gelogen. Niemand außer Viego Vandalez wusste, dass Scarlett eine Cruda war. Fast niemand. Scarlett wurde leicht mulmig zumute, als sie daran dachte, wie Berry, ihre fünfte Zimmergenossin, im letzten Halbjahr herausgefunden hatte, was mit Scarlett nicht stimmte. Und da Berry eine gewissenlose, berechnende Verräterin war (schließlich hatte sie auch Thuna und Maria an die uralte, böse Cruda verraten), war dieses Wissen um Scarletts Geheimnis keinesfalls gut aufgehoben. Das einzige, was Scarlett beruhigte, war, dass Berry so eine Angst vor Scarletts Rache hatte, dass sie ihre Klappe halten würde. Hoffentlich. Außerdem würde Berry in diesem Halbjahr nicht nach Sumpfloch zurückkehren. Zum Glück.
„Hast du auch Briefe von Maria und Thuna bekommen?“, fragte Lisandra kauend.
„Ja. Ich hab mich jedes Mal kaputtgelacht. Vor allem über die Sache mit dem Pony.“
„Was für eine Sache?“, fragte Lisandra.
„Du weißt doch, das mit dem Ritter, den Maria ihr Leben lang für ein Gespenst hielt, bis sie begriffen hat, dass sie ihn erst lebendig gemacht hat durch ihre ständigen Beschwörungen, er solle sie bitte nicht erschrecken …“
„Ja, sie hat ihm Leben eingesprochen, aber was hat das mit einem Pony zu tun?“
„Haben sie dir nicht geschrieben, wie dieser Ritter Thunas Pony geklaut hat, um damit in die große, weite Welt zu reiten? Hast du nicht gelesen, wie Maria darüber untröstlich war und gleich wollte, dass ihre Eltern ein neues Pony für Thuna kaufen? Und hat dir Thuna nicht geschrieben, wie unendlich erleichtert sie war, als das Pony weg war und sie keine Reitstunden mehr nehmen musste ?“
„Ähm …“
„Lissi! Das müssen sie dir doch auch geschrieben haben!“
„Also … ich hab’s versucht, diese Briefe zu lesen, aber Handschrift ist noch schwerer zu lesen als gedruckte Buchstaben. Und ich wollte es mir von niemandem vorlesen lassen, falls was Geheimes drinsteht. Über ihre Talente, von denen keiner etwas wissen darf, verstehst du? Ich hab ein paar Sätze gelesen, aber nicht die mit dem Ritter und dem Pony.“
„Oh nein!“, sagte Scarlett. „Du musst unbedingt Lesen und Schreiben lernen! Wie willst du denn die Schule schaffen?“
„In Sumpfloch fällt man nicht so leicht durch.“
„Ja, jetzt im ersten Schuljahr nicht. Aber in drei Jahren kommst du damit nicht mehr durch!“
„Dann hab ich ja noch
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