Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub
breitem Grinsen. „Weil sie keine Fahrkarte hatte!“
„So war’s!“, rief Lisandra mit glühenden Wangen. „Hallo Geicko!“
Maria bekam diese Unterhaltung nicht mit. Sie musste vom Kutscher ihre vier Koffer in Empfang nehmen und fürchtete sich schon vor dem, was passieren würde, wenn der Kutschbus abgefahren war. Letztes Mal war sie bei ihrer Ankunft regelrecht überfallen worden: Alle Sumpfloch-Schüler hatten sich auf ihre Sachen gestürzt und erbeutet, was sie irgendwie kriegen konnten. Heute waren es immerhin nur zwanzig Schüler und drei davon waren ihre Freunde. Vielleicht ging die Sache glimpflich aus …
„Sollen wir dir beim Tragen helfen?“, fragte Geicko.
So viel Höflichkeit war man von ihm nicht gewohnt. Aber er hatte immer noch ein schlechtes Gewissen wegen der Schlacht um Marias Sachen, bei der er sich beim letzten Mal eifrig beteiligt hatte.
„Oh …“ Maria war sprachlos.
„Wir schleifen alle einen von diesen Monsterkoffern mit rein“, sagte Lisandra. „Und dafür rückst du die versprochenen Süßigkeiten raus, ja?“
„Gut“, sagte Maria. „Ich hab ganz viel mitgebracht. Wo kommst du eigentlich her, Lisandra?“
„Mann, bist du blind! Ich war doch die ganze Zeit im Bus!“
„Wirklich?“
Thuna und Geicko lachten.
„Wirklich“, sagte Thuna. „Jetzt komm, sonst essen uns die anderen das ganze Abendessen weg!“
„Was für eine schreckliche Vorstellung!“, rief Maria. „Schleimiger Eintopf mit Schimmelpilz-Klößen! Wie hab ich das vermisst …“
Sie schafften es tatsächlich, Marias ganzen Besitz in die Festung zu transportieren, ohne überfallen zu werden. Als dann auch noch Scarlett angerannt kam, um sie alle zu umarmen (alle bis auf Geicko), konnten sie Marias Sachen auch ohne Geickos Hilfe in das Gebäude mit den ungeraden Zimmernummern schleppen und von da in den siebten Stock.
„Tut mir so leid!“, rief Maria immer wieder, wenn sie ihre Freundinnen stöhnen hörte. „Ihr könnt auch alles benutzen, was ich mitgebracht habe.“
„Auch die magikalische Heizdecke?“, fragte Thuna.
Lisandra und Scarlett lachten los, als sie das hörten.
„Du hast eine magikalische Heizdecke dabei? Im Ernst?“
„Was sollte ich denn machen?“, fragte Maria hilflos. „Thuna, du weißt doch, wie meine Eltern sind. Erklär es ihnen!“
„Sie musste die Heizdecke mitnehmen“, sagte Thuna, „das war der Handel. Sonst wären es zwei Koffer mehr geworden. Sie hat wirklich gekämpft, ich kann es bezeugen!“
„Deine Probleme möchte ich mal haben“, meinte Lisandra. „Warum bin ich nicht als Baby in den Garten deiner Eltern gekrochen? Das Leben ist echt unfair.“
Maria schaute sich gleich suchend im Zimmer um, als sie dort ankamen. In den Heizrohren surrte es und es war längst nicht mehr so kalt wie am Tag davor. Scarlett hatte die Decken aufgeräumt, mit denen sie alle Ritzen verstopft hatte, und die Lampe streikte auch nicht mehr. Eine braune, rostige Laterne baumelte von der Decke und tauchte alles in gelbliches Licht.
„Rackiné?“, fragte Maria ins leere Zimmer. „Bist du hier irgendwo, Rackiné?“
Es kam keine Antwort. Der lebendige Stoffhase, den Maria schweren Herzens zurückgelassen hatte, als sie in die Ferien gefahren war, war nirgendwo zu sehen oder zu hören.
„Er ist in den ganzen vier Wochen nicht aufgekreuzt“, erklärte Scarlett. „Wahrscheinlich lag zu viel Schnee. Er wird es sich mit seinem Unhold-Kumpel in irgendeiner Höhle bequem gemacht haben.“
„Im bösen Wald“, sagte Maria fast tonlos.
„Mach dir keine Sorgen“, sagte Lisandra. „Er wird schon wieder auftauchen, wenn der Schnee schmilzt. Der Unhold wird gut auf ihn aufpassen.“
Maria war nicht gerade überzeugt. Sie hockte sich auf ihr Bett und kämpfte mit den Tränen. Rackiné war ihr allerbester Freund seit Kindertagen. Aber irgendwie war er im letzten halben Jahr sehr erwachsen geworden. Wollte seine eigenen Wege gehen. Hoffentlich ging es ihm gut, hoffentlich war ihm nichts zugestoßen im bösen Winterwald.
„Mal sehen, ob wir eine neue Mitbewohnerin bekommen“, sagte Thuna mit einem Blick auf das leere Bett, in dem Berry im letzten Halbjahr geschlafen hatte.
Scarlett verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wenn sie bloß netter ist als die letzte.“
„Dazu gehört nicht viel“, stellte Lisandra fest. „Maria, ich warte auf meine Süßigkeiten!“
„Ach so“, sagte Maria und packte geistesabwesend zwei große Taschen mit Lebkuchenbären,
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