Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub
endlich kündigten sich die Streitkräfte von Amuylett an. Man konnte sie durch die Fenster des Hungersaals sehen, wie sie angeflogen kamen. Auch Krotan Westbarsch entdeckte sie. Es veranlasste ihn, Frau Eckzahns Kopf loszulassen und aufzuspringen.
„Alle Schüler unter die Tische!“, rief er. „Jetzt sofort!“
Die meisten Schüler waren so eingeschüchtert, dass sie seinem Aufruf sofort Folge leisteten. Die wenigen anderen, die zögerten, versuchte Krotan Westbarsch durch Argumente zu überzeugen:
„Hier ist gleich die Hölle los! Wenn ihr eure Köpfe behalten wollt, dann runter unter die Tische!“
Das leuchtete allen ein. Allen außer Lisandra. Thuna hockte unter ihrem Tisch und konnte es kaum fassen, als sie sah, wie Lisandra allen Ernstes im Hungersaal herumrannte, um Marias Ringe einzusammeln. Statt die Ringe zu nehmen und schleunigst unter den nächsten Tisch zu hechten, steckte sich Lisandra beide Ringe an die Finger und lief zu einem der Fenster, die zu den Sümpfen hinauszeigten. Niemand hinderte sie daran, denn die Aufpasser-Soldaten standen mit dem Rücken zum Hungersaal in der Tür und verständigten sich mit anderen Soldaten über eine Explosion und andere kriegerische Probleme in den Gängen.
Lisandra spähte neugierig nach draußen, wo Soldaten auf dem schmalen Streifen Land zwischen Festung und Sümpfen hin- und herrannten und mit allem Möglichen in die Luft schossen, um Angriffe von oben abzuwehren. Sie waren aber viel zu wenige. Auf jeden Angreifer, den sie zum Absturz brachten, folgten drei weitere.
Dann war da plötzlich ein Geräusch: ein schreckliches Heulen, das einem durch Mark und Bein ging, ähnlich einer Sirene, nur viel höher und in einer anderen Tonfolge. Was es mit diesem Geräusch auf sich hatte, erkannte Lisandra, als sich die Scheibe vor ihren Augen in ein wackelndes Bild aus tausend Punkten verwandelte. Geistesgegenwärtig sprang Lisandra rückwärts. Was gerade noch die riesigen Glasscheiben des Hungersaals gewesen waren, zerbröselte nun komplett zu glasfarbenem Sand und stürzte wasserfallartig zu Boden. Als das Heulen verstummte, war der Hungersaal kein Saal mehr, sondern eine nach allen Seiten hin offene Halle, in der die Soldaten, die eben noch draußen gekämpft hatten, Deckung suchten. Aber sie hatten nicht mit Lisandra gerechnet. Die war nämlich auf einen Tisch gesprungen und streckte nun beide Arme aus, um ihr magikalisches Fluidum zu verpulvern. Geschickt zauberte sie in jedes offene Fenster gespannte Seile, die die Schutz suchenden Soldaten reihenweise zu Fall brachten.
„Ja!“, rief sie, als fünf Soldaten gleichzeitig zu Boden gingen und sich mühsam wieder aufrappelten. „Und jetzt nehmt das!“
Thuna blieb fast das Herz stehen: Lisandra zielte mit ihren beringten Fingern auf die Soldaten, die ihr am nächsten waren, und schoss einen merkwürdigen Funkenregen auf diese ab, der die Wirkung von Juckpulver haben musste. Denn die beiden getroffenen Männer machten Gesichter, als kitzele man sie gerade von oben bis unten durch und kämpften sichtbar um Beherrschung. Mittlerweile verloren Lisandras Seile an Wirkung und die nachkommenden Soldaten konnten sie so mühelos auseinanderreißen, als seien es nur Spinnweben. Thuna wusste überhaupt nicht, was sie tun sollte: Lisandra war in großer Gefahr, sie konnte doch unmöglich glauben, dass sie all diesen Männern auf Dauer Widerstand leisten konnte? Hilfe suchend schaute Thuna zum Nachbarstisch, unter dem Geicko mit seinen Freunden hockte. Geicko starrte Lisandra an, mit einer Mischung aus Sorge und großer Bewunderung. Weder er noch Thuna sahen in diesem Moment, wie einer der Aufpasser-Soldaten an der Tür seine Waffe anlegte und zielte. Sie hörten nur, wie Lisandra plötzlich aufschrie.
„Lissi?“, schrie Thuna und kam unter ihrem Tisch hervor.
Lisandra hielt sich die Hände vor den Bauch und krümmte sich. Blut rann zwischen ihren Fingern hindurch, dann stürzte sie vornüber. Geicko war noch schneller als Thuna. Er fing Lisandra auf, sonst wäre sie kopfüber vom Tisch gefallen. So milderte er ihren Sturz ab und kippte zusammen mit ihr zu Boden. Thuna robbte ihm zu Hilfe und gemeinsam schleiften sie Lisandra unter den nächsten Tisch.
„Lissi, um Himmels willen, tu uns das nicht an!“, rief Thuna.
Lisandra war leichenblass, alles Blut war aus ihrem Gesicht gewichen. Dafür wurden Geickos Arme immer röter und unter Lisandra bildete sich eine riesige Blutpfütze.
„Was sollen wir bloß
Weitere Kostenlose Bücher