Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub
Einhorn an der Wand hängen. Sie hörte aber auch, dass sie nicht alleine war. Sie hörte Kampfgeräusche, weiter weg, und Stimmen in der Nähe. Schritte. Schreie. Als sie sich aufzurappeln versuchte, wurde sie von einer unsichtbaren Kraft herumgerissen und gegen die Wand gedrückt. Und wieder, als wären nicht schon genug Gefahren an Scarlett vorbeigesegelt, schlug etwas genau neben ihr in die Wand ein: Es war ein Stück Metall mit so vielen spitzen Stacheln, dass Scarlett beim bloßen Anblick ganz schummrig wurde.
An den Zugängen zum Trophäensaal spielten sich Kämpfe ab, doch es waren so viele Menschen im Trophäensaal, dass Scarlett nichts Genaues erkennen konnte. Wenn sie es richtig beurteilte, war sie im Kreis der Sumpflocher Lehrer, die den Trophäensaal gegen Eindringlinge verteidigten. Immer noch fühlte sich Scarlett von einer unsichtbaren Kraft gehalten. Umarmt. Es war ein sehr angenehmes Gefühl und wenn sie die Augen schloss, dann war es ihr, als ob jemand ihr Haar streichelte. Und dann war da ein Geruch, den sie kannte. Ein guter, vertrauter Geruch ...
„Gerald?“, flüsterte sie.
„Ja, Scarlett?“, hörte sie ihn antworten. Aber sie sah ihn nicht. Sie spürte ihn nur. Für den Moment war das genug. Sie lehnte sich an den unsichtbaren Gerald und schloss die Augen. Sie war so erschöpft!
„Was machst du eigentlich für Sachen?“, fragte er. „Wenn ich mich nicht auf dich geschmissen hätte, wärst du jetzt Hackfleisch! Geräuchertes Hackfleisch, so wie du riechst.“
„Nein, nein“, sagte Scarlett mit geschlossenen Augen. „Bilde dir bloß nicht ein, du hättest mir das Leben gerettet.“
„Ach nein? Hab ich aber! Aus der Nummer kommst du nicht mehr raus!“
Scarlett öffnete die Augen.
„Gerald, ich bin unverletzbar!“, flüsterte sie dahin, wo sie sein Ohr vermutete. „Ich hab den Riesenzahn. Ohne den wäre ich auf dem Weg hierher fünfmal zermatscht und zehnmal verbrannt worden!“
„Das erklärt so einiges“, sagte Gerald. „Aber jetzt verrat mir mal, meine süße Hexe, wie dieser Zahn aussieht. Ist es vielleicht … ein rosa Knopf?“
„Wie kommst du darauf?“, fragte Scarlett und richtete sich auf. „Woher weißt du das?“
Scarlett spürte zwei Lippen, die ihr Ohr berührten.
„Guck mal da drüben!“, flüsterten sie. „Neben Wargars Helm.“
Der hässliche Helm von Wargar dem Ungelenken lag mitten im Raum und war noch unförmiger als sonst. Neben Wargars Helm, auf einer gesprungenen Bodenplatte, lag ein Knopf. Ein rosa Knopf. Der oberste Knopf von Berrys Strickjacke. Er sah aus wie neu. Scarlett tastete überrascht nach ihrer Ärmeltasche am Pullover. Die Tasche war zerfetzt und hing mit dem halb verbrannten Ärmel in der Luft.
„Oh nein!“
„Oh doch.“
„Du meinst, der lag schon da, als du mich gegen die Wand gedrückt hast?“
Sie spürte Gerald an ihrer Wange. Er nickte.
„Das musst du mir erst mal beweisen!“
Doch Gerald antwortete nicht. Seine Wange verschwand und auch der warme, angenehme Rest von ihm. Scarlett vermisste seine unsichtbare Umarmung und ärgerte sich gleichzeitig, dass sie keine Ahnung hatte, wo er jetzt war. Doch dann kullerte der rosa Knopf in ihren Schoß.
„Hier!“, hörte sie Gerald sagen. „Wer weiß, was du als Nächstes vorhast!“
In den Kampf an den Ein- und Ausgängen des Trophäensaals war vorübergehend Ruhe eingekehrt. Scarlett entdeckte Estephaga Glazard, die mit einem der neuen Lehrer diskutierte.
„Nein“, sagte Estephaga Glazard, „ich glaube nicht, dass wir auf das Heer warten sollten! Wir müssen Grindgürtel jetzt stoppen – es kann jeden Moment zu spät sein!“
„Aber wir haben keine Chance!“, erwiderte der Lehrer. „Wir werden nicht mal diesen Saal halten können!“
Diese Einschätzung brachte Scarlett auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie konnte sich jetzt nicht an einen unsichtbaren Gerald kuscheln und den Rest der Welt vergessen. Das Gegenteil musste sie tun, auch wenn es schwerfiel.
„Gerald“, flüsterte sie. „Glaubst du, du könntest aus der Festung entkommen? Schließlich sehen sie dich nicht.“
„Vielleicht“, antwortete er. „Aber der Garten ist gespickt mit Fallen. Ich bin zwar unsichtbar, aber alles, was mich trifft, tötet mich trotzdem.“
„Nicht wenn du den Zahn bei dir hast. Er wirkt, glaub mir!“
„Du meinst …“
„Er muss weg von hier, das ist das Allerwichtigste! Berry hat ihn mir gegeben, sie war todesmutig! Ich habe keine Ahnung, ob sie noch
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