Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
Bedürfnis, alleine zu sein. Ihr alter Freund Hanns aus Kindertagen, der mal arm und unwichtig gewesen war, genauso wie sie, sollte jetzt der Herr eines Abtrünnigen Reiches werden! Das musste sie erst mal verkraften. Scarlett sehnte sich so sehr danach, mit Gerald über all das zu sprechen. Oder gar nicht zu sprechen, sondern einfach nur mit ihm zusammen zu sein. Aber er war seit sechs Wochen fort und sie hatte in all der Zeit nichts von ihm gehört. Wie auch – er war ja schließlich in einer anderen Welt.
Berry, Maria und Lisandra diskutierten auf der Krankenstation die Neuigkeiten. Dabei wusste Berry viel Abenteuerliches aus dem langen Leben Grindgürtels zu berichten. Sie hatte sich im letzten Schuljahr eingehend mit dem Zauberer beschäftigt, in der Hoffnung, eine seiner Schwachstellen aufzudecken. Doch sie hatte keine gefunden. Ihr war nur klar geworden, was für ein fähiger Zauberer Grindgürtel doch war und dass ihm fast niemand das Wasser reichen konnte.
Nachdem sie eine Weile über Grindgürtel gesprochen hatten, landeten die Mädchen unweigerlich bei einem bestimmten Thema: nämlich bei Hanns’ Vorliebe für Scarlett.
„Hoffentlich ändert sie nie ihre Meinung“, sagte Lisandra. „Gerald passt viel besser zu uns als Hanns.“
„Sie würde sowieso nicht hierbleiben. Sie müsste mit ihm nach Fortinbrack gehen“, meinte Berry. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das will. Dort gibt es nur Schnee und Eis und furchtbar viele Geister.“
„Das wäre auf jeden Fall ein Grund, der mich davon abhalten würde, Hanns zu verfallen“, erklärte Maria. „Auch wenn man nicht so oft Gelegenheit hat, mit einem Staatsoberhaupt anzubändeln.“
„Das sagt das Mädchen, das General Kreutz-Fortmann für die letzte Kaiserin hält!“, sagte Lisandra. Sie war sehr müde, ihr fielen fast die Augen zu.
„Du, Lissi“, sagte Maria auf einmal. „Hast du schon mal nachgeprüft, ob du ein neues Talent bekommen hast?“
Lisandras riss ihre Augen wieder weit auf.
„Ein neues Talent?“
„Na ja, der Löwe wollte dich töten, aber du hast es überlebt. Normalerweise lernst du irgendwas dazu, um zu überleben. Etwas, das jemand anders kann, der gerade da ist.“
„Hmmm …“ Lisandra legte den Finger auf ihre Lippen und überlegte. Die Aussicht auf ein neues Talent war zu verlockend! Aber ihr fiel nichts ein.
„Lissi ist in ein Gestrüpp aus Stachelstümpfen geflogen“, sagte Berry. „Alle haben sich gewundert, dass sie nicht aufgespießt wurde! Sie hatte alle möglichen Wunden, aber keine von den Stachelstümpfen.“
„Du meinst, die Stachel haben mich nicht getroffen?“, fragte Lisandra. „So wie alle unverzauberten Waffen durch den schwarzen Löwen hindurchgeflogen sind und ihn nicht aufschlitzen konnten?“
„Wer weiß …“
„Der schwarze Löwe konnte fest und unfest sein“, sagte Maria. „So, wie er es wollte. Er konnte durch Mauern und geschlossene Türen gehen!“
„Ich kann ganz sicher nicht durch geschlossene Türen gehen“, sagte Lisandra und verzog dabei das Gesicht. „Obwohl es superpraktisch wäre, wenn ich’s könnte.“
„Hast du es schon probiert?“
Lisandra starrte Maria entgeistert an.
„Ist das dein Ernst?“
„Sie hat recht“, sagte Berry. „Du könntest es mal versuchen.“
Mit all ihren verbliebenen Kräften rutschte Lisandra aus ihrem Bett und humpelte auf die nächste Wand zu. Sie strengte sich nicht mal sonderlich an, sie stellte sich einfach nur vor, sie könnte durch die Wand hindurchgehen. Sehr zum Erstaunen ihrer Freundinnen tat sie es dann auch. Sie verschwand auf der anderen Seite und kam wieder zurück.
Berry und Maria hatten erwartet, dass Lisandra vor Freude komplett aus dem Häuschen wäre. Doch stattdessen war sie blass und sah sehr erschöpft aus, als sie wieder auftauchte. Wortlos kletterte sie zurück ins Bett und ließ sich in die Kissen fallen.
„Alles klar?“, fragte Berry.
„Ja“, sagte Lisandra schwach. „Na ja. Fast klar. Eigentlich ist es toll, dass ich das kann. Vielleicht freue ich mich morgen drüber. Aber jetzt denke ich nur: Es stimmt. Alles, was in den doofen Lilienpapieren steht, stimmt. Ich kann nicht sterben. Ich bin wie Torck. Wie soll das bloß enden?“
Maria legte ihre Hand auf Lisandras.
„Es wird gut enden“, sagte sie. „Auch für dich!“
Wie ihre Freundschaft zu Pollux enden würde, das wusste Thuna. Je näher dieses Ende kam, desto unerträglicher wurde der Gedanke für Thuna, dass ihr
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