Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
umbringen müssen.
Da die Patientin aber noch lebte, wendete Estephaga alle Mittel ihrer Heilkunst an, und diese Mittel waren beträchtlich. Nachdem alle Brüche geschient, die Wunden genäht und verbunden, das Mädchen in Heilzauber eingewickelt und ihr Blut mit Konservenblutsaft aufgefrischt worden war, versetzte sie Lisandra in einen Genesungsschlaf, den sie auf drei Tage und Nächte veranschlagte. Danach, meinte Estephaga, müsse es aufwärts gehen.
Maria verbrachte die Nacht heulend an Lisandras Bett.
„Es ist meine Schuld!“, verkündete sie immer wieder unter Schluchzen. „Ich habe sie in den Wald geschickt.“
All die Menschen, die nacheinander an Lisandras Bett erschienen, um nach der Kranken zu sehen, versicherten Maria, dass sie das Richtige getan habe. Der schwarze Löwe war besiegt worden und Lisandra hatte überlebt. Doch es dauerte bis zum Sonnenaufgang, bis Maria bereit war, all die Beteuerungen zu glauben. Als die ersten Sonnenstrahlen über Lisandras Bettdecke kletterten, hatte sie genügend Hoffnung gesammelt, um ihre Sorgen loszulassen und sich hinzulegen.
Aufgrund ihrer Kopfverletzung, die sie sich im Garten zugezogen hatte, sollte Maria zur Beobachtung auf der Krankenstation bleiben. Estephaga hatte ein zweites Bett hergerichtet, in das sich Maria nun legte. Mit einem langen, stillen Seufzer ergab sie sich dem goldenen Licht des Morgens, das langsam die Wände der Krankenstation erklomm, und sank hinab in einen friedlichen Schlaf mit guten Träumen. Die böse Nacht war endlich vorbei.
Kapitel 17: Selig und süß
Als Lisandra nach drei Tagen aus ihrem Genesungsschlaf geholt wurde, konnte sie sich kaum rühren. All ihre Glieder schmerzten und ohne Estephagas Betäubungszauber hätte sie diesen Zustand wohl kaum ausgehalten. Aber so fühlte sie sich nur wie „ein Kürbis nach einem Matschkürbisturnier“, wie sie sich ausdrückte. Von diesen körperlichen Einschränkungen abgesehen ging es ihr prächtig. Sie hatte den schwarzen Löwen besiegt! Sie hatte es geschafft! Außerdem hielt es Geicko unter den gegebenen Umständen für angebracht, Lisandra auf der Krankenstation zu besuchen, und zuzugeben, dass sie ihm einen Riesenschrecken eingejagt hatte.
„Wenn du gestorben wärst, hätte ich mir auf ewig Vorwürfe gemacht“, sagte er. „Man darf nicht so blöd sein und sich zerstreiten. Jeder Tag kann der letzte sein und dann ist es zu spät, um sich zu versöhnen!“
Lisandra strahlte. Sie wertete Geickos Zugeständnis als Sieg, obwohl er mit keinem Wort gesagt hatte, dass sie im Recht und er im Unrecht gewesen sei. Aber das machte nichts.
„Ich hätte gar nicht sterben können“, flüsterte sie ihm zu. „Das ist leider mein Talent! Wer mich töten will, beißt sich an mir die Zähne aus!“
Geicko machte große Augen, dann hob er den Kopf und sah Lisandra prüfend an.
„Auweia!“
„Wieso?“
„Na, wenn du dich darauf verlässt und so weitermachst, dann wirst du in drei Jahren aussehen wie ein geflicktes, untotes Monster! Vielleicht fehlt dir sogar ein Arm oder ein Bein! Oder ein Auge! Ich wäre da sehr vorsichtig an deiner Stelle.“
So hatte es Lisandra noch nicht betrachtet. Sie konnte nicht getötet werden. Aber wenn sie von einem Kutschbus überfahren oder von einem Drachen verkohlt werden würde – wie würde sie danach aussehen?
„Wertvoller Einwand, Geicko.“
„Danke.“
Damit war der Frieden zwischen den beiden Freunden wiederhergestellt. Trotzdem war es nicht mehr das Gleiche wie früher. Sie waren mal ein Herz und eine Seele gewesen, hatten alle Gedanken geteilt und jeden Schritt gemeinsam gemacht. Sie waren zu zweit in die gleiche Richtung gelaufen. Jetzt standen sie sich gegenüber und jeder hatte seine eigene Richtung. Das war ungewohnt, aber besser, als zerstritten zu sein. Viel besser.
Nach einer Woche konnte Lisandra zum ersten Mal aufstehen. Gestützt von Scarlett machte sie ihre ersten Schritte quer durch die Krankenstation und wieder zurück. Es war schwer und sie musste die Zähne zusammenbeißen, aber sie zwang sich zu einer weiteren Runde. Sie wollte unbedingt wieder fit werden.
„Glaubst du, Lissi, du würdest es in drei Tagen schaffen, in einer Kutsche ins Dorf zu fahren?“, fragte Thuna.
„Ins Dorf? Warum?“
„Ach, es ist nur so eine Idee von mir.“
„Ja, was denn für eine?“
Thuna streichelte verlegen den Riesenkopf ihres hellen Pollux. Der Löwe war nach der schlimmen Nacht pünktlich am Morgen zu seiner Dosenmahlzeit
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