Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
den Wald. „Diese Sprache ohne Worte, kann die jeder sprechen?“
„Vielleicht“, antwortete er. „Aber manche lernen sie leichter als andere. Ich zum Beispiel hatte einen Großvater, der sie mir beigebracht hat. Er war ein Faun und etwas von seinem Faunblut fließt auch durch meine Adern. Wie man sieht.“
„Ach so! Dann sind Sie gar kein Tiermensch?“
„Ich bin alles Mögliche. Auch ein Tiermensch.“
„Was sagen wir nun den Leuten aus Kting?“
„Gar nichts. Ich habe sie gestern benachrichtigt, dass der Löwe von der Regierung beschlagnahmt wurde.“
„Oh! Aber das wurde er gar nicht, oder?“
„Nein.“
„Danke, Grohann!“
Thuna verpasste heute das Frühstück und den Unterricht. Aber das machte ihr nichts aus. Als sie aus dem Wald zurückkam, hatte das Mittagessen schon begonnen. Thuna nahm mit glühenden Wangen und leuchtenden Augen am Tisch der Freundinnen Platz.
„Was ist denn mit dir passiert?“, fragte Scarlett. „Hat dich ein Elf geküsst?“
„Wo bist du überhaupt gewesen?“, rief Maria.
„Du hast meinen großen Auftritt verpasst!“, beschwerte sich Lisandra. „Da komme ich heute nach zwei Wochen zum ersten Mal wieder in den Hungersaal zum Frühstück, bleibe mit meiner Krücke an einer Bank hängen und fliege einmal quer durch den Hungersaal – und du bist nicht da!“
„Oh je!“, rief Thuna. „Du Arme!“
„Mach dir keine Gedanken. Es war nur das Peinlichste, was mir in meinem ganzen Leben passiert ist!“
Thuna wollte gerade dazu ansetzen, von ihrem Ausflug in den Wald zu erzählen, als die Tür zum Hungersaal aufging und Viego Vandalez hereinkam. Begleitet wurde er von einer sehr sehenswerten Erscheinung. Wie alle anderen starrte Thuna den Mann an Viegos Seite an und kam nicht umhin, festzustellen, dass es die Natur mit diesem Menschen unglaublich gut gemeint hatte: Ritter Gangwolf war ein Bild von einem Mann! Was aber seine Erscheinung besonders wirkungsvoll machte, war, dass er gar nicht so auftrat, als sei er so strahlend wie Otemplos, der Titan des paradiesischen Anbeginns, sondern er schlenderte herein wie irgendein normaler Gast, der gerade mal zu Besuch kam. Sein Weg führte ihn als Erstes an den Lehrertisch zu Estephaga Glazard, bei der er sich für sein überraschendes Auftauchen entschuldigte. Dann bat er sie mit einem bezaubernden Lächeln darum, eine Nacht in Sumpfloch bleiben zu dürfen, bevor ihn wichtige Geschäfte in den südlichen Teil des Reiches führten.
Estephaga Glazard unterdrückte tapfer ihr Entzücken und erklärte trocken:
„Freunde von Viego Vandalez sind uns jederzeit willkommen! Hauptsache, es handelt sich nicht um seine Verwandtschaft mütterlicherseits.“
Man schmunzelte am Lehrertisch über diese Bemerkung und sogar Viego lachte über den Seitenhieb. Er war bestimmt heilfroh, wieder in Sumpfloch zu sein!
Maria hatte Ritter Gangwolf schon einmal gesehen. Er war damals mit seiner Flotte angerückt, um die Mädchen aus dem Nadelfrostgebirge zu holen. Aber damals war Maria so aufgeregt gewesen wegen Lisandras Verschwinden, dass sie kaum auf Ritter Gangwolf geachtet hatte. Jetzt konnte sie sich voll auf seinen Anblick konzentrieren und starrte ihn an wie vom Donner gerührt.
„Ich fasse es nicht!“, rief Lisandra und stieß Maria in die Seite. „Geht es noch auffälliger?“
„Was denn?“
„Du himmelst ihn an!“
„Quatsch!“, sagte Maria. „Er kommt mir nur so bekannt vor!“
„Das hast du bei Grohann auch schon behauptet.“
„Aber es stimmt ….“, wehrte sich Maria, doch dann verstummte sie, da Viego Vandalez an ihren Tisch trat.
„Hier“, sagte er und überreichte Scarlett einen Brief. „Mein Mitbringsel für dich!“
Scarlett nahm den Brief an sich, schaute auf den Absender und strahlte. Der Brief war von Gerald!
„Dürfen Sie nun wieder hierbleiben, Herr Vandalez?“, fragte Maria.
„Ja, darf ich“, sagte er. „Die Anklage wurde fallen gelassen, da sich die Beweise als nicht stichhaltig erwiesen haben.“
„Was für ein Glück“, sagte Thuna.
Sie hegte keinen Zweifel daran, dass Viego Vandalez in seinem Labor alle möglichen illegalen Waren hortete. Außerdem stand auf die Beschwörung eines Engelsdämons die Höchststrafe. Wenn sie das herausgefunden hätten, wäre alles aus und vorbei gewesen.
„Wie man’s nimmt“, sagte Viego und senkte die Stimme, als er weitersprach. „Ich war auf Unterstützung angewiesen. Jetzt bin ich dem Steinbock etwas schuldig - und das schmeckt mir
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