Die Tänzer von Arun
an«, sagte er und wies mit dem Kinn auf die lederne Reitkleidung. Kerris tat, wie ihm befohlen, obschon er sich nicht gern in Gegenwart anderer aus- oder anzog. »Wo ist dein Messer?«
Kerris schob die Metallschließe des Gürtels mit dem Daumen in das Loch und zog die Lasche des Gürtels durch die Metallschlinge. Als er fertig war, schaute er Riniard an. »Ich besitze keins.« Er machte sich stark für den Blick der Verachtung oder des Mitleids.
Riniard aber hob nur eine rotbraune Augenbraue. »Oh.« Er wandte sich zur Tür. »Gehen wir?« Kerris folgte ihm. Sein Herz jagte, das Reitleder schlug ihm hinderlich gegen die Beine, während er die Treppe hinabstieg.
Josen hatte sich unsichtbar gemacht, er war nicht auf dem Wehrgang. Aber Paula wartete auf ihn im Inneren Hof. Hier draußen im Freien wirkte sie noch gebrechlicher als in der Küche. Kerris legte ihr den Arm auf die Schultern und drückte seine Lippen auf ihre Wange.
Sie stieß ihn sanft weg. »Chelito!« Die Stimme war weich. »Es ist gut, daß du fortgehst.« Sie strich ihm mit der Hand über die Stirn. »Du gehörst nicht hierher. Du hast nie hierher gehört. Das ist ein zu kaltes Land für dich.«
Er zog sie erneut fester an sich. »Kerris«, murmelte Riniard. Kerris hob den Kopf. Morven kam aus der Halle. Hinter ihm her gingen die Chearis, paarweise wie Soldaten.
»Ich werde dir schreiben«, sagte er zu Paula.
»Hah!« machte sie. »Du wirst mich bald vergessen haben – und recht so! Schreib mir nicht, Junge. Ich sehe nicht mehr genug, um es zu lesen.«
Kel wandte sich höflich an Morven. »Dank Euch für den Proviant, mein Herr. Es tut uns leid, daß wir nicht bleiben können. Doch wir sind sehr in Eile.«
»Wir sind geehrt, selbst durch einen solch kurzen Besuch«, sagte Morven. Er nickte Kerris freundlich zu. »Viel Glück! Wenn dein Bruder dir eine zu schnelle Gangart einschlägt, dann komm zurück!«
Kerris schaute Kel an. Die Lippen seines Bruders zuckten. »Ich werde nur mäßig schnell vorangehen«, sagte er. »Ihr braucht Euch nicht zu beunruhigen, Herr!«
»Eure Tiere stehen am Tor«, sagte Morven.
Die Chearis strebten auf das Tor zu. Kerris warf einen Blick zurück zu Paula hin. Sie hockte da wie ein steinernes Grabbild. Nur in den Augen glühte Leben. Nun geh schon endlich! sagten die Augen.
»Du kannst doch reiten?« fragte Riniard. Er führte Kerris zu einer schimmernden Rappenstute. »Sie heißt Magrita. Und ich habe sie selber zugeritten. Sie ist ein Halbblut, halb Steppenpferd, halb Wüste, und sie hat die besten Eigenschaften von beiden, glaube ich. Und sie ist weich wie Butter. Bist du das nicht, meine Dame?« Die Ohren der Stute zuckten nach vorn, als habe sie verstanden. Kerris kraulte sie unter dem Kinn, und sie schob ihre Nüstern in seine Handfläche. »Und sie ist außerdem auch schnell«, fügte Riniard hinzu.
»Ich kann reiten«, sagte Kerris.
Riniard verschnürte die Deckenrolle für ihn am Hinterzwiesel des Sattels.
»Jo!« Der Ruf und das Geräusch laufender Füße ließ die Chearis peitschenschnell herumfahren. Tryg kam herangekeucht. »Entschuldigt«, schnaufte er. Er hob beide Hände empor. »Dies ist für Kerris. Von Josen.«
Kerris trat vor, um zu sehen, was es sei. Es war ein Messer in einer schönverarbeiteten Lederscheide. Die Chearis drängten sich heran, um es zu bewundern. Das Heft war aus punziertem Bein, und der Buchstabe »K« in Südländerschrift war darauf eingegraben.
Kerris hielt das Geschenk unsicher in der Hand. Am offenen Ende der Scheide war eine Schlaufe angebracht. »Es sollte getragen werden«, sagte Kel. Er streckte die Hand aus. »Darf ich?« Kerris legte das Messer in die Handfläche. »Mach den Gürtel auf!« befahl Kel. Während Kerris den Gurt aus der Schnalle löste, zog Kel das Messer aus der Scheide. Jemand – möglicherweise Josen selbst – hatte das Leder gefettet. Die Klinge glitt mit tödlicher Leichtigkeit heraus. Sie war hammerpunziert und beidseitig zu einer feinen Schärfe geschliffen – sie war klar und schön. Kel schob die Schlaufe der Scheide über Kerris' Gürtel. Dann trat er einen Schritt zurück und ließ Kerris die Schnalle schließen.
Tryg stand wartend da. »Sage Josen meinen Dank«, sagte Kerris. Er fingerte an der Scheide herum. Er spürte das ungewohnte Gewicht des Messers fremdartig an seinem rechten Schenkel. Er fühlte, wie sich Tränen unter seinen Augenlidern sammelten.
»Das werde ich«, sagte Tryg. Er lächelte. »Paß auf dich
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