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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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sein Haar. Stampfen! Es flutete wie goldene Seide seinen Rücken hinab. Er berührte Ilene. Ihre Hände verflochten sich ineinander, sie brachen auseinander, verbanden sich, trennten sich, sie drehten sich kreisend – jede Bewegung rasch und genau wie ein Schwerthieb im Rhythmus der stampfenden Füße. Die anderen Chearis folgten ihnen, trafen zusammen, drehten sich, vereinten sich, wirbelten, webten ein Muster, eine Kette der Anmut, leuchtend wie eine Tapisserie. Kel verband sich mit Elli, verließ sie, verband sich mit Riniard, fiel von ihm ab, traf auf Ilene, folgte ihr. Riniard wirbelte in einer feurigen Pirouette um sich selbst. Jensie und Elli tanzten spiegelbildlich, imitierten ihre Bewegungen. Kel sprang zwischen die beiden. Elli verband sich mit Arillard, Calwin lockte Jensie, ihm rings um das wirbelnde Muster von Leibern zu folgen, Riniard und Ilene und Kel trafen zusammen, spielten miteinander, sprangen in die Luft – wirbelten – pulsierten – vereinigten sich – brachen auseinander – stampften alle zusammen – stießen einen Schrei aus – und gefroren zu Eisesstarre. Sie standen wie Statuen, ihr Atem ging hart, ihre Fingerspitzen berührten einander, die Gesichter und Kleider waren naß von Schweiß.
    In Kerris' Nacken waren alle Haare gesträubt. Er war aufgesprungen. Er erinnerte sich nicht daran, aufgestanden zu sein. Die Dorfbewohner schrien und stampften vor Begeisterung. Die Chearis lächelten. Kerris starrte zu ihnen hinüber, dann ließ er sich zu Boden gleiten. Plötzlich zitterten ihm die Beine.
    Die Menge wurde dünner, als Kel durch sie hindurchging. Seine helle Haut leuchtete vom Schweiß. Er legte Kerris die Hand auf die Schulter. »Hat es dir gefallen?«
    »Ja«, sagte Kerris. »Es hat mir gefallen.«
    Elli ließ sich neben ihm auf den Boden fallen. Sie atmete tief und heftig. »Kurz und fein und – ojeh, was bin ich müde«, sagte sie. »Was hältst du davon, Kerris?«
    Kel gab für ihn Antwort: »Er ist mein Bruder, also hat es ihm selbstverständlich gefallen.«
    Verlegen kamen die Dörfler mit Tellern voll Essen herein: Brot, Beeren, Fleischpasteten und Käse. Die Chearis drängten sich um die Platten und stritten sich um den Wein. Kel sagte zu Ilene: »Den Rhythmus können wir schneller nehmen.« Sie neigte den Kopf. Er trommelte mit den Fingern auf dem Boden. Kerris lauschte auf das Lachen, die Spannkraft der Chearis flößte ihm Ehrfurcht ein. Er begriff nicht, wie sie tanzen konnten, nachdem sie den ganzen Tag lang über Gebirge und die Steppe geritten waren. Elli drückte ihm einen Kanten Brot in die Hand. Er aß, ohne es zu schmecken. Er hatte das Gefühl, als steckten seine Augen voll Sand. Er ertrank in Müdigkeit.
    »He, Kel!« rief Riniard über seinen Kopf hinweg.
    Eine Hand faßte ihn unterm Kinn und hob es hoch. Er blinzelte und schaute in die Augen seines Bruders.
    »Müde?« fragte Kel leise.
    »Ja. Ich bin das Reiten nicht gewohnt.« Kels Hand war warm. Und ich bin es auch nicht gewohnt, daß man mich berührt, dachte er. Aber die Hände Kels auf seinem Körper fühlten sich gut und richtig an. Doch das war dummes Zeug.
    »Du brauchst Schlaf. Elli, wo hast du Kerris' Schlafrolle hingetan?«
    »Dort drüben in der Ecke«, antwortete Elli.
    »Ist es weit?« fragte Kerris wie ein kleines Kind.
    Kel gluckste. »Nein«, sagte er und ließ sich aufs Knie nieder. »Entspann dich! Ich bring dich hin.«
    Ein Arm glitt unter seine Knie. Ein zweiter Arm schlang sich um seine Schultern. Die Welt schwankte trunken um ihn. »He, was ist?« fragte er.
    »Das war's«, sagte Kel. »Lieg still, chelito!« Kerris lag ganz still, das Kosewort wärmte ihn ... Kel zog ihm die Stiefel aus, schnürte die Reitleder auf, zog das Messer von seinem Gürtel. Die Decke streifte sein Kinn. Sie roch nach Tornor. Finger streichelten seine Stirn. Schlaf! befahlen sie. Und Kerris schlief.

3. Kapitel
     
    Kerris träumte.
    Sein Bruder war nach Tornor gekommen, träumte er. Und er, Kerris, war mit ihm aus der Burg fortgezogen. Eine Stimme sang in seinem Traum: »... ich bin ein Fremdling in einem fremden Land, ich bin verstoßen, wohin ich immer geh ...« Der Gesang brach ab. Kerris öffnete die Augen. Die Kleider klebten ihm am Leib. Er drehte den Kopf, erwartete dort, Josen zu sehen, wie er im Turmzimmer herumhantierte. Neben ihm kniete Elli und rollte ihr Bettzeug zusammen.
    Sie lächelte ihn breit an. »Weißt du noch, wer wir sind?«
    »Hm?« Er reckte sich. Sein Körper schmerzte

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