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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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»Wohin gehst du?« fragte er.
    Sefers Lippen bogen sich in einem Anflug von Lächeln nach oben. »Zum Waffenhof«, sagte er, »um mit Kel zu sprechen.«
     
    In dem leeren, stillen Haus begann wieder die Grille zu singen, unter der Treppe, und ihre Stimme klang spöttisch. Du kannst es nicht, sagte die Grillenstimme. Kerris bohrte die Wange in ein Kissen. Der Schmerz in seinem Kopf war nichts im Vergleich zu dem in seinem Herzen. Du wirst nie die Innere Sprache beherrschen, sagte er zu sich selbst. Sein Armstumpf pochte und gemahnte ihn an das, was er war.
    Neben seinem Lager schimmerte das Papier. Er starrte es an. Seine Augen wässerten. Josen hat recht, dachte er, ich hätte nach Kendra-im-Delta gehen sollen. Ich könnte ein Schreiber sein. Das ist eine Fähigkeit, die ich immer noch habe. Er lag da und schaute der Sonne zu, wie sie die Wände entlangwanderte. Die Tür sprang auf. Schritte ließen die Matten erbeben. Er wandte den Kopf, um zu sehen, wer gekommen war.
    Es war Kel. Sein Haar war naß und zerzaust. Er hatte ein rotes Gewand an. Er kniete an Kerris' Seite nieder. »Chelito?« Er streckte beide Hände aus und zog sie gleich wieder zurück, als fürchtete er, er könnte damit Schaden anrichten.
    Kerris raffte sich auf und saß da. »Du kannst mich ruhig anfassen«, sagte er. »Ich werde nicht gleich zerbrechen.«
    Kel nahm ihn in die Arme. Kraft strömte aus ihm wie ein plötzlicher warmer Wind an einem Wintertag. »Sef hat es mir gesagt«, flüsterte er in Kerris' Haar hinein. Kerris überlegte, was es wohl war, das Sefer Kel gesagt hatte, und was Kel ihm geantwortet haben mochte. Er spürte den Druck der Daumen Kels an der Kontur seiner Kinnbacken. Kel hob ihm den Kopf hoch. Die grauen Augen blickten scharf. »Chelito, ich hab' dich nicht nach Elath gebracht, damit dir irgendein Schmerz zugefügt wird!« Kels andere Hand streifte prüfend über seine Flanke, wie um sich zu vergewissern, ob nicht irgendwelche Knochen gebrochen wären.
    Kerris schluckte. Plötzlich schämte er sich seiner Schwäche zutiefst. »Ich bin nicht verletzt«, stammelte er. Er machte sich ein wenig aus dem Griff seines Bruders frei, um zu zeigen, daß er ohne Stützung sitzen konnte. »Und es war nicht Sefers Schuld.« Er hörte sich selbst Sefer vor Kel verteidigen und sagte zu sich: Du bist ein Narr!
    Kel sagte: »Nein. Das weiß ich.« Er hob Kerris' Gesicht zwischen seinen kühlen Händen empor und küßte ihn auf die Lippen.
    Die Tür ging wieder. Andere kamen zurück: Arillard, Elli, und ganz zum Schluß Jensie. Ohne Hast ließ Kel die Hände sinken. »Eure Steuerung stinkt zum Himmel!« sagte er, ohne sich umzuwenden.
    »O heiliger Mist!« sagte Elli. Sie trug die goldene Robe, die sie sich bei den Badeteichen genommen hatte. Sie wirbelte ein Bund Karotten mit der Hand herum. »He, du«, sagte sie zu Kerris, »wir haben uns Sorgen um dich gemacht!«
    Ihre Fürsorge bewirkte, daß er sich besser fühlte. »Nun, ich bin ja da«, sagte er.
    »Das sehe ich.« Sie schlenderte in die Küche hinaus. »Ich hoffe, daß ihr alle was essen wollt. Ich habe vor, heut abend einen Hurrikan zusammenzubrauen!«
    Kerris flüsterte ins Ohr seines Bruders: »Was ist ein Hurrikan?«
    Kel griente. »Ein starker Sturm.« Er kreuzte die Beine und zog Kerris mit kräftigen Arm an seine Brust. »Wo steckt Calwin?«
    Arillard antwortete: »Bei den Bädern. Er filzt die Bauern und nimmt ihnen ihr Silber ab. Ilene ist zu ihrer Familie gegangen.« Jensie setzte sich auf ihre Matte. Ihr dreifarbenes Haar war so feucht, daß es einfarbig wirkte. Sie legte ihr Messer in den Schoß und begann es mit glatten Kreisbewegungen zu schleifen. Das Geräusch von Stahl auf Stein klang wie das Summen eines Insektes.
    Kerris' gespannte Nerven begannen sich zu lösen. In der Küche hörte man Elli pfeifen. »Wo ist Sefer?« fragte er.
    Kels Atem kitzelte ihn im Nacken. »Er redet mit den Leuten. Er befürchtet Ärger für heute nacht. Er kommt sicher später wieder.« Wenn er enttäuscht oder verärgert war, so konnte Kerris dies in der Stimme seines Bruders nicht wahrnehmen.
    »Ah.«
    »Was für Ärger?« fragte Arillard.
    Kel antwortete ihm: »Er befürchtet, daß ein paar junge Narren sich zusammenrotten und das Lager der Asech angreifen wollen.«
    Arillard sagte: »Man könnte doch glauben, daß das Beispiel Riniards sie abkühlen müßte.« Beim Klang von Riniards Namen blickte Jensie auf. Kurz darauf jedoch fuhr sie in ihrem Tun fort. Kerris fragte sich, was

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