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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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nicht weh dabei. Seine Besorgtheit war sehr deutlich spürbar. Er verbarg weder seine Gedanken noch seine Gefühle, und auch etwas anderes war sehr deutlich. Kerris wartete, bis sein Lehrer sich aus ihm zurückgezogen hatte, ehe er ihn damit konfrontierte.
    »Du hast gesagt, du möchtest nicht schuld daran sein, wenn mir etwas Übles geschieht«, sagte er fragend.
    »Ja«, sagte Sefer.
    »Aber du machst dir nicht um mich Sorgen, sondern um Kel!«
    Sefer neigte den Kopf zur Seite. Sein Blick war direkt und etwas spöttisch. »Ich mache mir aber Sorgen um dich«, sagte er. »Ich sorge mich um alle meine Schüler. Wenn du irgendwie verletzt würdest, weil es mir nicht gelingt, dich zu lehren, wie man eine Sperre aufbaut, dann wäre Kel auf mich sehr böse, und es ist wahr, ich möchte nicht, daß dies geschieht. Doch ich versichere dir, Kerris, ich würde mich genauso ernsthaft bemühen, dich zu unterrichten, wenn du nicht Kels Bruder wärest. Berühre mich – und sieh selbst!« Und er machte wieder die kleine einladende Handbewegung mit der Linken.
    »Nein«, sagte Kerris. »Nein!« Er schämte sich, daß er gezweifelt hatte.
    Sefer sagte: »Wenn du kein Vertrauen zu mir haben kannst, Kerris, dann müssen wir es aufgeben.«
    »Ich vertraue dir.«
    Sefer erhob sich. Er trat zum Fenster und stand da und stieß mit einem Finger immer wieder gegen den ledernen Vorhang. »Ich möchte etwas ausprobieren«, sagte er schließlich.
    Kerris drehte sich zu ihm um und schaute ihn an. »Was?«
    Der Vorhang schaukelte rhythmisch unter dem stoßenden Finger. »Ich möchte mich in dich einkoppeln, ganz eng, in einer Tiefensondierung, und während wir verbunden sind, möchte ich die Barriere für dich aufbauen. Auf diese Weise kannst du erkennen, wie man es macht und wie es sich anfühlt.«
    Kerris' Armstumpf juckte. Er kratzte sich. »Wird es wehtun?« fragte er.
    »Das sollte es eigentlich nicht. Aber wenn es geschieht, breche ich die Bindung.« Sefer hockte sich wieder nieder, mit dem Rücken gegen die Holzwand, so daß ihre Augen wieder in gleicher Höhe waren. Seine Hände baumelten zwischen seinen Knien. »Willst du es versuchen?«
    »Also gut«, sagte Kerris.
    Er fühlte, wie Sefer sein Denken berührte. Der Lehrmeister schlüpfte so leicht in seinen Kopf hinein wie ein Fisch, der durch die Strömung gleitet, rasch, ungehindert ... Kerris fühlte sich an die roten Fische erinnert, die er auf dem Grund des blauen Teiches gesehen hatte. Plötzlich war er blind. Seine Knochen fühlten sich wie aufgeweicht an. Er vermochte sich nicht zu bewegen. Sein Kopf drehte sich. Sefer hatte den Kopf bewegt. Die Lider schlossen sich. Er wurde in seinen eigenen Schädel zurückgeworfen. »Schau!« sagte Sefers Stimme. Schau! Es gab nur eines zu sehen: eine Landschaft, grün und blau, Gras und Wasser ... Ein Vogel sang schmerzlich süß. Kerris blickte auf die Landschaft hinab wie aus Turmfenstern, und dann, ohne Vorwarnung, stand er plötzlich auf dem Gras. Es reichte ihm bis zu den Knien und neigte sich wiegend unter der streichelnden warmen Hand des Windes. Er stand auf der Steppe und schaute hinaus auf ein weites Land.
    Und er sah die Mauer.
    Er stand direkt vor ihr. Sie war aus dunklem Stein, höher als sein Kopf. Er wies mit der Hand darauf. Sie verschwand. Er deutete wieder. Sie baute sich wieder auf. Das ist dein Werk! Du hast sie gebaut, sagte Sefer. Kerris' Füße glitten vorwärts. Er stand nun dicht an der Mauer. Er streckte die Hand aus. Dunkle Adern verliefen in dem klobigen Stein. Er betastete sie. Der Stein war kalt und hart. Er spürte, wie Sefer aus ihm davonglitt, sich aus den tiefen Orten seiner Seele davonstahl, wie ein Fisch der an die Oberfläche des Wassers steigt ... Die Wand bebte, zitterte – und explodierte. Er schrie, so ungeheuerlich war der plötzliche berstende Schmerz.
    Er war naß. Er wußte, daß dies unmöglich war. Er befand sich in Elath, in Elath und in Sefers Heim. Doch ein Stück von ihm weilte rückwärts, war verloren und allein, ein Kind inmitten von Fremden. Die Welt war farblos und erschreckend, und er war verwaist und es tat weh, so weh ...
    Kerris! Der fühlte-sah-wußte Hände, die nach ihm griffen, das Gedankenrufen hallte in seinem Schädel wider, riesige Hände griffen nach ihm, pressend-hart. Er war in Sefers Haus. Und Sefer hielt ihn fest. Er klammerte sich an den Meister. Hände streichelten ihn sanft, auf dem Haar, über den Rücken, eine Tröstung ohne erotischen Beigeschmack, fest und

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