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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Stimme, »willst du mir etwa nicht die Chance bieten, sie dir abzunehmen?«
    Arillard rückte nach vorn und nahm sich eine Pflaume aus der Schüssel. Seine Augenlider senkten sich. »Er ist wahrscheinlich zu müde zum Spielen.«
    »Bin ich nicht«, sagte Cal. Er zog die Schnur wieder aus der Tasche, der linken, und holte die Würfel aus der rechten hervor.
    »Ach, essen wir doch zuerst«, sagte Elli. Sie stand auf und ging in die Küche. Ihre Samtrobe streifte mit einem zischelnden reptilhaften Rascheln über die Bodenmatten.
    Mit Arillard brachte sie das Essen auf den Tisch: Suppe in hölzernen Schalen, eine zweite Schüssel mit Pflaumen, fetuch, geschälte Walnüsse, Trauben und Wein. Kel brachte Becher für den Wein. Sie scharten sich um den Tisch – alle außer Jensie.
    Arillard mahnte: »Jen, willst du nicht essen kommen?«
    Stumm schüttelte sie den Kopf.
    Kel sagte: »Jen, dann setz dich doch wenigstens zu uns!«
    Jensie schaute drein, als würde sie am liebsten auch das verweigern, doch sie erhob sich schließlich und saß dann steif zwischen Arillard und Elli.
    Kerris schmiegte die Finger um die Holzschale. Er schlürfte seine Suppe. Sie schmeckte kräftig und pikant nach ihm unbekannten Gewürzen. Es schwammen Karotten darin und Fleischstücke – Schweinefleisch, dachte er – und jene weichen flachen Bänder aus Weizenteig, die, wie Cal ihm erklärt hatte, »Nudeln« genannt wurden.
    Arillard holte seine Zunderbüchse hervor und entzündete die Lampen.
    »Er schläft mit dieser Schachtel, mußt du wissen«, sagte Kel. Sein warmes Flüstern kitzelte Kerris im Ohr. »An der Grenze haben wir ihn den ›Feuerbringer‹ genannt.« Kels linke Hand streichelte Kerris am Hals. Im Treppenschacht tönte das Grillengezirp.
    »Erinnert ihr euch an damals«, sagte Cal, »damals in Shanan, wie er fast das ganze Haus in Brand gesteckt hat? Das war das erstemal, daß ich dich sturzbetrunken erlebt habe«, sagte er zu Arillard.
    »Und ich erinnere mich daran, wie du einen Wandschirm eingetreten hast, weil du glaubtest, es ist ein Laken, das jemand über eine Stange gehängt hat«, konterte Arillard.
    »Erinnert ihr euch an damals, als das Maultier Ilenes auf der Straße nach Mahita ausgeschlagen hat?«
    »Erinnert ihr euch an die Nacht, in der wir vor dem Rat der Häuser in Kendra-im-Delta getanzt haben?«
    »Die Geschichte mußt du erzählen«, sagte Cal. Und Elli und Kel erzählten die Geschichte. Kerris lauschte. Jensie sagte kein Wort, aber ihr Kopf wandte sich hin und her, und ein- oder zweimal lächelte sie sogar. Kerris war kein Musterweber, doch als er die Geschichte zu Ende gehört hatte, erahnte er – wie die Melodie eines Liedes manchmal aus einigen wenigen Noten erfühlt werden kann, die jemand sorglos pfeift – das Grundmuster des chearas. Sie alle paßten zueinander, wie ein Fluß in sein Bett paßt – oder wie ein Schwert in das Schwertgehänge. Die Gelehrten sagten – und Kerris hatte Josen es sagen hören –, daß das chea durch die Chearis nicht nur ausgedrückt werde, sondern daß es durch sie geradezu erhalten werde, so daß – sollten die Tänzer von Arun aufhören zu tanzen – die Welt zerfallen und in Disharmonie stürzen würde. Das würde schrecklich sein, dachte Kerris, wenn einer seine Harmonie verliert, nachdem er sie gehabt hat. Kein Wunder, daß Riniard sich vor diesem Zerbrechen gefürchtet hatte. Es mußte schlimmer sein als einen Arm zu verlieren.
    Er schlürfte seine Suppe. Der Eindruck des Musters, den er zu fühlen geglaubt hatte, verlor sich. Dennoch fühlte er sich geheilt, wieder heil und ganz gemacht – so ganz, wie er es je würde sein können. Einen kurzen Augenblick lang hatte er gesehen, was die Welt zusammenhielt, und hatte sich selbst als einen Teil davon gefühlt, sogar er, der nicht einen einzigen Schritt tanzen konnte, und wenn es um sein Leben ginge, er, der niemals in dem Kampfkreis des Waffenhofes gestanden hatte.
     

11. Kapitel
     
    Auch nachdem sie ihre Abendmahlzeit beendet hatten, kam Sefer nicht zurück; ebenso wenig Terézia. Doch irgendwann, mitten in der Nacht, mußten beide nach Hause gekommen sein, denn am anderen Morgen, als die Chearis erwachten, kamen beide die Treppe herunter. Terézia zuerst. Sie bückte sich und nahm sich ein Stück Brot von der Essensplatte, die Elli auf den Tisch gestellt hatte. In ihrem Gesicht zeichnete sich die Erschöpfung ab, und sie ging, als wären ihre Beine steif.
    Kel und Sefer kamen nach ihr. Kels Kinn und Wangen

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