Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
heraus. Camille
hatte sie gehabt. Hatte die Putzfrau sie bei ihr irgendwo
gefunden? Er überlegte und grübelte; wann war er unvorsichtig
und leichtsinnig gewesen? Einmal hatte er die Nummer auf
Camilles Anrufbeantworter in Paris gesprochen, aber da konnte
jene Monique kaum darauf gestoßen sein. Dennoch
beunruhigte ihn dieses Vorkommnis auf einmal, denn
schließlich könnte jemand anders das Band abhören. Wieso
war er eigentlich so sicher gewesen, daß Camille immer alle
Nachrichten löschte, kaum daß sie sie abgehört hatte? Er hatte
ein paarmal mitbekommen, wie sie es hier tat, in ihrem
Ferienhaus, sie hörte ab und löschte manchmal, noch ehe der
Anrufer überhaupt zu Ende gesprochen hatte. Ein Ausdruck
ihres krankhaften Desinteresses an der Welt.
    »Wieso hast du so ein Ding überhaupt?« hatte er sie einmal
gefragt. »Wenn du kaum hinhörst, was die Leute dir sagen?«
Sie hatte ihn abwesend angesehen. »Jacques hat die
Anrufbeantworter installiert«, sagte sie. Wie er wußte, kam das
einer Heiligsprechung dieser Geräte gleich. Was ihr
verstorbener Mann eingerichtet hatte, blieb unangetastet,
vermutlich bis in alle Ewigkeit. Selbst dann, wenn es sie
nervte.
Und wenn sie aus irgendeinem Grund seine Nachricht in
Paris nicht gelöscht hatte? Sie hatte ja damals abgestritten, sie
überhaupt bekommen zu haben. Er hatte ihr nicht geglaubt,
hatte es für eines ihrer üblichen Ausweichmanöver gehalten,
mit denen sie sich immer mehr aus der Beziehung zu lavieren
suchte. Eigentlich hatte er ihr gar nichts mehr geglaubt, und das
hatte ihn so wütend gemacht, so entsetzlich wütend, so daß er
schließlich ...
An jenem Punkt verbot er sich stets, noch weiter in die
Vergangenheit zu schweifen. Er wollte nicht daran denken, was
dann geschehen war. Er hatte genug zu tun, sein Leben heute
zu organisieren. Wenn er Fehler gemacht hatte, dann mußte er
zusehen, daß sie ihm nicht zum Verhängnis wurden.
Er mußte überlegen, was mit dieser Monique Lafond werden
sollte, die er jetzt am Hals hatte und die ihm so sehr gefährlich
werden konnte.
Sie hatte ihm dankenswerterweise sogar den Ortsteil
genannt, in dem sie lebte, und so war es einfach gewesen, über
die Auskunft ihre genaue Adresse herauszufinden. Am frühen
Samstagnachmittag, gegen drei Uhr, war er zum erstenmal zu
ihrer Wohnung gegangen, sie war nicht da gewesen, aber in
ihrer Wohnungstür hatte ein Zettel gesteckt, den er natürlich
sofort entfernte. Die Schlampe hatte offenbar schon reichlich
viel Staub aufgewirbelt, es wurde höchste Zeit, daß er
einschritt.
Am Abend hatte er sie erneut aufsuchen wollen, aber gerade
als er vor ihrer Wohnungstür stand, hatte er gehört, daß unten
am Hauseingang jemand bei ihr klingelte, und rasch war er ein
Stockwerk höher gehuscht. Den Stimmen hatte er entnommen,
daß eine Freundin bei ihr aufgekreuzt war, und da nach seiner
Erfahrung Frauen, die einander am Samstagabend besuchten,
gewöhnlich die halbe Nacht zusammenhockten, hatte er gar
nicht erst versucht, abzuwarten, sondern war so leise und
heimlich verschwunden, wie er zuvor aufgetaucht war.
Heute hatte er ziemlich lange ausharren müssen, und das
hatte ihn eine Menge Nerven gekostet. Das Problem waren die
anderen Hausbewohner; sie würden mißtrauisch werden, wenn
ein fremder Mann stundenlang im Flur herumlungerte, und am
Ende könnten sie sich noch gut an sein Gesicht erinnern. Wenn
er irgendwo eine Wohnungstür gehen hörte, war er jedesmal
ganz nach oben gehuscht und hatte sich unter einer kleinen
Treppe versteckt, die zu einem Ausstieg aufs Dach führte. Es
war unwahrscheinlich, daß dort jemand vorbeikam.
Schwieriger war es, wenn er unten die Haustür aufschwingen
hörte, denn dann konnte er sich nicht unters Dach flüchten, da
es Monique hätte sein können, die zurückkam. Er mußte auf
seinem Posten bleiben und den Flur im Auge behalten, und
zweimal war es ihm nur in letzter Sekunde geglückt, nach oben
zu entwischen, ehe der jeweilige Hausbewohner ihn entdecken
konnte.
Dann endlich war sie erschienen, und er hatte blitzschnell
gehandelt. Gott sei Dank war sie allein, die ganze Zeit über
hatte er die Befürchtung gehegt, es sei wieder eine Freundin
bei ihr. Seltsamerweise war ihm nie der Gedanke gekommen,
sie könne einen Mann oder einen Lebensgefährten haben. Das
mochte daran liegen, daß nur ihr Name auf dem Türschild
stand, aber mehr noch vielleicht an ihrem dämlichen Verhalten:
Nach seiner

Weitere Kostenlose Bücher