Die Taeuschung
richtig Sport machen. Ich werde
schlank und fit und durchtrainiert sein. Ich kann es nicht
erzwingen, einen Lebenspartner zu finden, eine Familie zu
haben, aber ich kann etwas dagegen tun, vor dem Fernseher zu
verschimmeln.
Irgendwie hatte sie das Gefühl, daß körperliche Fitneß ihr
langfristig auch bei ihren anderen Problemen helfen würde. Sie
konnte diesen Gedanken nicht logisch begründen, aber eine
Intuition sagte ihr, daß es so wäre.
Als sie endlich zu Hause ankam, war es halb eins. Sie hatte
Lust auf ein schönes Mittagessen, und eigentlich hatte sie es
sich auch redlich verdient. Ihre Beine schmerzten, während sie
die Treppen hinaufstieg. Oben angelangt, kramte sie den
Schlüssel aus ihrer Hosentasche und schloß ihre Wohnungstür
auf.
Sie hatte keine Ahnung, woher der Mann plötzlich
aufgetaucht war. Er war auf einmal hinter ihr und schob sie in
die Wohnung hinein, folgte ihr und schloß die Tür hinter ihnen
beiden. Viel später überlegte sie, daß er wohl hinter der Wand
des nächsten Treppenaufgangs auf sie gewartet hatte. Das
Ganze ging so schnell, daß sie überhaupt nicht begriff, was
eigentlich passierte, und gar nicht auf die Idee kam, zu schreien
oder irgendeinen anderen Laut auszustoßen. Im Flur ihrer
Wohnung drehte sie sich um und schaute ihn an.
Er war groß und schlank und gutaussehend, aber er bedachte
sie mit einem unangenehmen Lächeln, und sie fand, daß seine
Augen seltsam starr dreinblickten.
»Monique Lafond?« fragte er, aber sie hatte den Eindruck,
daß er ohnehin wußte, wer sie war, und daß es keinen Sinn
haben würde, es abzustreiten.
»Ja«, sagte sie.
Sein Lächeln vertiefte sich und wurde dabei noch
abstoßender.
»Sie wollten mich sprechen?« fragte er, und in einer
plötzlichen Erleuchtung, die nicht zu den übrigen
verlangsamten Abläufen in ihrem Kopf paßte, erkannte sie, daß
sie einen furchtbaren Fehler gemacht hatte.
Teil 2
Prolog
Es belastete ihn ungemein, sie unten im Keller seines Hauses
zu wissen. Ein ungelöstes Problem, von dem ihm nicht einmal
entfernt vorschwebte, wie es zu lösen sein könnte. Und so
etwas konnte er sich nicht leisten, gerade jetzt noch weniger als
zu sonst irgendeinem Zeitpunkt. Er war so dicht am Ziel. Die
Verwirklichung all seiner Sehnsüchte, das spürte er, lag zum
Greifen nahe. Monique Lafond hätte nicht passieren dürfen.
Als er ihre Nachricht auf seiner Mailbox vorgefunden hatte,
war er erstarrt vor Schreck und hatte sofort angefangen zu
grübeln, wer diese Frau war und wie sie an seine HandyNummer hatte gelangen können. Der Name kam ihm bekannt
vor, irgendwo hatte er ihn schon einmal gehört, aber es dauerte
eine ganze Weile, bis er ihn unterbringen konnte: Die Putzfrau!
Camilles verdammte Putzfrau. Er hatte sie nie persönlich
getroffen, aber ein- oder zweimal hatte Camille den Namen
erwähnt. Wie war diese Person an seine Telefonnummer
gekommen? Er hielt es für unwahrscheinlich, daß Camille sie
ihr gegeben hatte, sie hatte keinerlei vertrautes Verhältnis zu
ihrer Putzfrau, und ihr war ohnehin daran gelegen gewesen, die
Beziehung zu ihm geheimzuhalten.
Natürlich hätte Camille Gott und der Welt von ihm erzählen
können, und sicher hätte er niemandem gegenüber, schon gar
nicht bei der Polizei, abgestritten, daß es eine Beziehung
zwischen ihnen gegeben hatte. Aber nicht ein einziger Beamter
war bei ihm aufgetaucht, und daraus hatte er geschlossen, daß
Camille aus ihm ein ebensolches Geheimnis gemacht hatte, wie
sie überhaupt alles für sich behielt. Ihre Abgrenzung von ihrer
gesamten Umwelt trug beinahe autistische Züge, und er konnte
sich durchaus vorstellen, daß sie vollkommenes Stillschweigen
gewahrt hatte. Weshalb hätte er von sich aus zur Polizei gehen
und schlafende Hunde wecken sollen?
Als er Moniques Anruf vorgefunden hatte, war ihm klar
geworden, daß er falsch gehandelt hatte. Er hätte damit rechnen
müssen, daß doch noch jemand auftauchte, und im nachhinein
sah es eigenartig aus, daß er sich nicht von selbst bei der
Polizei gemeldet hatte. Mehr als das: Es machte ihn
außerordentlich verdächtig. Es könnte ihm kaum gelingen,
dafür eine gute Erklärung zu finden.
Und nun meldete sich diese Person, die ganz offensichtlich
über seine Beziehung zu Camille Bescheid wußte, und sie
benutzte überdies seine Handy-Nummer, was ihn vollends
nervös machte. Diese Handy-Nummer kannten nur ganz
wenige Menschen, er gab sie kaum jemals
Weitere Kostenlose Bücher