Die Taeuschung
fest, daß sie um eine
Schattierung blasser wurde. Das war eine echte Folter, und
zudem eine, die von Minute zu Minute, von Stunde zu Stunde
schlimmer wurde, ohne daß er etwas dazu tun mußte.
Vielleicht würde sie irgendwann kapieren, daß es besser für sie
war, wenn sie kooperierte.
Zum Glück wurde es früh dunkel zu dieser Jahreszeit. Um
sechs Uhr entschied er, daß sie den Aufbruch wagen konnten.
Es war nicht schlecht, daß er ihr das Messer bislang nicht
gezeigt hatte, denn als er es nun hervorholte, erschrak sie fast
zu Tode und begann heftig zu zittern. Er war überzeugt, daß sie
keinen Versuch machen würde, ihn auszutricksen.
»Wir verlassen nun diese Wohnung und gehen zu meinem
Wagen«, sagte er. »Ich gehe direkt neben dir, und das Messer
liegt an deinem Rücken. Du hast es tief in deinen Nieren
stecken, wenn du irgendwelchen Mist baust, und ich muß dir
wohl nicht erklären, daß dich das entweder umbringt oder zum
Invaliden macht. Das heißt, du solltest sehr brav sein und
nichts tun, was ich dir nicht ausdrücklich sage. Verstanden?«
Es war ihm selbst nicht bewußt geworden, daß er
irgendwann im Lauf des Nachmittages vom Sie zum Du gewechselt war; er registrierte dies erst in diesem Moment. Ein
gutes Zeichen. Je mehr seine normalen höflichen
Umgangsformen ihr gegenüber nachließen, desto eher wurde
sie für ihn zum Objekt, und irgendwann würde dies die Dinge
sehr erleichtern.
»Bitte«, sagte sie, »darf ich noch auf die Toilette?«
»Nein«, sagte er und scheuchte sie mit einer Handbewegung
auf die Füße.
Er hatte ungemeines Glück. Sie begegneten keinem
Menschen im Haus, und auch draußen auf dem Weg hinunter
zum Hafen trieb sich niemand herum. Der Tag war sonnig,
aber kühl gewesen, der Abend nun war richtig kalt. Er ging so
dicht an sie gepreßt, daß jeder sie für ein Liebespaar gehalten
hätte. Das Messer steckte verborgen in seinem Ärmel, aber die
Spitze berührte Moniques Rücken, und als sie einmal stolperte,
sorgte er dafür, daß sie sofort die Härte des scharfen Stahls
spürte. Im Schein der Hafenlaternen konnte er sehen, daß sie
Schweißperlen auf Stirn und Nase hatte. Es ging ihr ziemlich
dreckig, und das geschah ihr recht.
Sie mußte in den Kofferraum steigen, nachdem er sich
gründlich umgesehen und festgestellt hatte, daß niemand sie
beobachtete. Sie rollte sich wie ein Igel zusammen und begann
leise zu weinen. Er vermutete, daß sie allen Grund dazu hatte.
Zu Hause gelang es ihm, sie wiederum ungesehen aus dem
Auto ins Haus zu bringen. Sie kletterte aufreizend langsam und
umständlich aus dem Kofferraum, sie war offenbar grauenhaft
unsportlich, und zudem drückte wohl auch ihre Blase
inzwischen extrem quälend, denn das erste, was sie sagte, als
sie im Haus waren, war: »Oh, bitte, lassen Sie mich auf die
Toilette! Bitte, bitte!«
Er schüttelte den Kopf, sie sollte ruhig sehen, daß er so stur
sein konnte wie sie. Er führte sie in den Keller hinunter, der
völlig fensterlos und wie ein große, steinerne Höhle war; es
gab dort einen kleinen Raum, in dem er auf einem Holzregal
Konservendosen lagerte. Ansonsten befand sich dort nichts, er
war schließlich auch nicht darauf vorbereitet gewesen, dort
eine Frau gefangenzuhalten. Er stieß sie in die kalte Dunkelheit
und verriegelte die Tür, stieg dann, gefolgt von ihren Schreien,
die Treppe hinauf. Als er die obere Kellertür schloß, war nichts
mehr zu hören. Erschöpft strich er sich die Haare zurück, er
hatte eine Atempause gewonnen, aber mehr auch nicht, darüber
mußte er sich im klaren sein. Letztlich würde er eine Lösung
finden müssen, er konnte Monique Lafond in dem eisigen,
finsteren Grab dort unten nicht verschimmeln lassen. Oder
doch? Er brauchte nichts weiter zu tun, nur mußte er
irgendwann beseitigen, was von ihr übrig war.
Er ging ins Wohnzimmer, knipste die Stehlampe neben dem
Sofa an. Er mochte ihren sanften, milden Schein. In dem
großen, gußeisernen Ofen glühten die Holzscheite und
verbreiteten mollige Wärme. Er schenkte sich einen Whisky
ein, spürte das Brennen, mit dem er die Kehle hinunterrann,
genoß das Feuer, in das er den Körper hüllte. Er wußte, daß er
manchmal zuviel trank, aber er war keineswegs der typische
Alkoholiker; es reichten geringe Mengen, damit er sich stärker
und zuversichtlicher fühlte.
Sein Blick fiel auf das Telefon. Er hatte solche Sehnsucht,
ihre Stimme zu hören, und obwohl er keinesfalls lästig sein
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