Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein
Tannebaum, O Tannebaum
Wie treu sind deine Blätter
Du grünst nicht nur zur Sommerzeit
Nein, auch im Winter, wenn es schneit
O Tannebaum, O Tannebaum.
Ja, das ist wohl so. Und weil Winter ist, sei ein kleiner immergrüner Exkurs zum Tannebaum erlaubt. An ihm zeigt sich das ganze spießige Elend der Nadelgehölze. Der Weihnachtsbaum ist ja am Ende auch nur ein Baum, also eine Pflanze, und fällt damit in die Zuständigkeit des Gärtners. Auch wenn wir das Baumhafte am Tannenbaum kaum noch erkennen können. So hat der Mensch ihn zugerichtet, ihn hingerichtet, ihn abgerichtet: gefällt, aufs Kreuz gebracht, in die trockene Luft der Stube geholt und dann mit unsinnigem Zierat behängt. Was für ein Schicksal für einen Baum!
Erste bedeutende literarische Erwähnung findet der Tannenbaum im Jahr 1816 in Ernst Theodor Amadeus Hoffmanns NUSSKNACKER UND MAUSEKÖNIG : »Der große Tannenbaum in der Mitte trug viele goldne und silberne Äpfel, und wie Knospen und Blüten keimten Zuckermandeln und bunte Bonbons und was es sonst noch für schönes Naschwerk gibt, aus allen Ästen. Als das Schönste an dem Wunderbaum musste aber wohl gerühmt werden, dass in seinen dunkeln Zweigen hundert kleine Lichter wie Sternlein funkelten und er selbst in sich hinein- und herausleuchtend die Kinder freundlich einlud, seine Blüten und Früchte zu pflücken. Um den Baum umher glänzte alles sehr bunt und herrlich – was es da alles für schöne Sachen gab – ja, wer das zu beschreiben vermöchte!« Das war der Beginn des Biedermeiers, jener Zeit, die Jean Paul das »Vollglück in der Beschränkung« nennt, und es ist einleuchtend, dass der Weihnachtsbaum in seiner ganzen Perversion eine deutsche Erfindung ist. Er trat seit dem frühen 19. Jahrhundert, aus Deutschland kommend, seinen Siegeszug um die Welt an. Man könnte fast hinzufügen, so wie hundert Jahre später die deutschen Armeen ihren Siegeszug um die Welt antraten. Man kann ja beim Tannenbaum auch an die Familie des Sturmbannführers Erik Dorf denken, wie sie in weihnachtlich-deutscher Ordnung die »Stille Nacht, Heilige Nacht« besingt. Aber wohin würde uns das führen?
Wir nutzen als Weihnachtsbaum üblicherweise die Nordmanntanne Abies nordmanniana, die zur Familie der Kieferngewächse zählt. Was wir diesen Bäumen Jahr für Jahr antun, wird vielleicht deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass eine Nordmanntanne, die man einfach in Ruhe an den Hängen des Kaukasus stehen lässt – denn da ist sie zu Hause –, gut und gerne 50 Meter hoch und 500 Jahre alt wird. Statt dessen schlagen wir den Baum nach acht Jahren bei zwei Meter Höhe und führen ihn seinem traurigen Schicksal zu.
Eine wahre Entfremdung ist es, dass ausgerechnet die dunkle Nordmanntanne als Weihnachtsbaum herhalten muss: Sie mag es überhaupt nicht kalt! Strenge Winter sind gar nichts für sie! Sie ist frostgefährdet! Sie friert!
Die Dänen kümmern sich darum gar nicht: Sie sind die größten Züchter von Nordmanntannen und verdienen damit Jahr für Jahr mehr. Denn die Preise steigen. Die Globalisierung ist schuld. Jetzt wollen die Chinesen auch noch Weihnachten feiern wie wir. Vor ein paar Jahren haben sie 500 Hektar Wald bei Celle gekauft. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Forstleute sagte damals: »Das beunruhigt mich.« Förster sind schweigsame Menschen. Sie machen nicht viele Worte. Aus diesem Zitat spricht blanke Panik. Denken Sie noch mal in Ruhe nach: Muss ein Tannenbaum sein? Nein.
Nehmen Sie statt dessen einen Rhododendron, denn mit denen wollten wir uns ja wegen der Randbepflanzung befassen. Ich übertreibe nur ein wenig, wenn ich sage, dass der Rhododendron sozusagen der Anfang des Gartens ist. Rosenbaum heißt er auch, oder Alpenrose, eine Pflanze aus den Bergen. Und in den Alpen kann man tatsächlich, wenn man weiß, wohin man geht, im Frühsommer ganze Hänge vom Rot einer Azalee leuchten sehen, denn auch diese Pflanzen zählen zu den Rhododendren. Es gibt über 1000 Arten von Rhododendren und sicher zehnmal so viele Sorten und Züchtungen und die Klassifizierung und Neuklassifizierung dieser Arten ist ein Spaß, dem sich die Botaniker seit dem 19. Jahrhundert hingeben, als die Pflanze in England, dann in Deutschland für den Garten durch Züchtungen und Kreuzungen immer weiter entwickelt wurde. Für unsere Zwecke reicht eine Handvoll. Denn die meisten Rhododendren sind sehr kleinwüchsig und eignen sich sehr schön für kleine Hänge und Terrassen im Garten,
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