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Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein

Titel: Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Rhododendren verschwinden? Mal angenommen, Sie wollen nicht, dann zahlen Sie für einen Solitär mit Ballen, 140 Zentimeter breit und ebenso hoch, bei Lorenz von Ehren etwa 1000 Euro. Schon bei 160 mal 160 geht der Preis gegen 1700 Euro. Und wenn Sie Ihrem Grundstück den Anschein geben wollen, als wohnten Sie bereits seit Jahren dort, zahlen Sie für einen Zweieinhalb-Meter-Busch knapp 5000 Euro. Ohne Pflanzkosten. Das sind keine Kleinigkeiten, weil Sie mit einem Rhododendron ja nicht sehr weit kommen.
     
    Es ist angesichts dieser Preise vielleicht doch besser, mit kleinen Rhododendren anzufangen und ihnen beim Wachsen zuzusehen. Aber machen Sie bloß nicht den Fehler, diesem Problem durch die Wahl billigerer Lieferanten zu entkommen. Da wäre es allemal besser, auf die Pflanze zu verzichten. Fahren Sie mal zu von Ehren, im Süden von Hamburg, jenseits der Elbe, und schauen Sie sich an, wie dort die Rhododendren gezogen und gepflegt werden – und die anderen Bäume und Büsche und Sträucher, die man dort bekommt. Ausgedehnte Ländereien liegen da zwischen Appelbüttel und Lürade. Sicher die beste Baumschule, die ich kenne.
     
     

 
Ordnung
     
    William Wordsworth hat ein berühmtes Gedicht über Narzissen geschrieben und das beginnt so:
     
    I wandered lonely as a cloud
    That floats on high o’er vales and hills,
    When all at once I saw a crowd,
    A host, of golden daffodils;
     
    Übersetzt klingt es immer noch sehr hübsch, allerdings ein bisschen ringelnatzig:
     
    Der Wolke gleich, zog ich einher,
    die einsam zieht hoch übers Land,
    als unverhofft vor mir ein Meer
    von goldenen Narzissen stand.
    Am See, dort wo die Bäume sind,
    flatterten, tanzten sie im Wind.
     
    So stetig wie der Sterne Schein
    und Funkeln hoch am Himmelszelt,
    war’n sie in endlos langen Reih’n
    am Saum der Bucht entlang gestellt.
    Zehntausende, auf einen Blick,
    bogen im Tanz den Kopf zurück.
     
    Es ist eine hübsche Idee, gerade die vergängliche Blume, die sich nur für wenige Wochen im Jahr über die Erde traut, neben die ewigen Sterne zu setzen. Man kann sich das ja gar nicht so richtig vorstellen, was Wordsworth’ Wanderer da unverhofft vorfindet, eine Wiese am Meer, vielleicht einen Abhang, über und über mit gelben Narzissen besetzt. Aber in England wachsen Narzissen wild. Die Narzissen sind mal eine Zwiebelpflanze, die nicht aus Kleinasien stammt oder aus noch weiterer Ferne. Sie kommen einfach aus Spanien. Und von dort aus sind sie gewandert. So steht es wenigstens im Standardwerk des bedeutenden Kulmbacher Narzissenexperten Walter Erhardt, was jetzt nicht so viel heißen will, weil es so furchtbar viele bedeutende Narzissenexperten in Deutschland gar nicht gibt und in Kulmbach vermutlich noch weniger. Erhardt schreibt jedenfalls, es sei »interessant, dass sich diese Pflanzen das heutige Verbreitungsgebiet vor allem durch Wanderschaft erschlossen haben«. Interessant schon, aber schwer vorstellbar: Hat also eines Abends die eine Narzisse auf der iberischen Halbinsel zur anderen gesagt, es muss im Leben mehr als Spanien geben, und sich einfach auf den Weg gemacht? Und sind ihr dann andere gefolgt? So muss es sich zugetragen haben: in einem langen Strom haben die wandernden Zwiebeln zunächst die Pyrenäen überwunden, dann Frankreich und Belgien hinter sich gelassen, um dann zu ihrer phänomenalsten Leistung anzusetzen: der Überquerung des Ärmelkanals. Wunderbare Natur!
    Narcissus pseudonarcissus hat also den Weg nach Norden gesucht, während es Narcissus poeticus nach Osten gezogen hat, über Griechenland bis zum Schwarzen Meer. Unwillkürlich fragt man sich, was aus der englischen Narzissendichtung über Wordsworth hinaus hätte werden können, wenn es umgekehrt gekommen wäre und es die Dichternarzisse gewesen wäre, die den Weg nach Britannien gefunden hätte?
     
    Es müssen auf dieser Wanderung eine Menge merkwürdiger Dinge passiert sein, denn heute gibt es ungefähr 26.000 verschiedene Kulturformen der Narzisse. Das ist – auch im Pflanzenreich, das an Variationsmöglichkeiten wirklich nicht arm ist – eine ziemliche Menge. Gerade die Narzisse fordert also den Gärtner sozusagen dazu auf, sich der mühevollen, aber notwendigen Aufgabe ihrer Ordnung und Klassifikation zu stellen. Sonst dreht man ja durch, angesichts von 26.000 Arten.
    Die Narzissen werden also, davon war anlässlich der Beschäftigung mit den Zwiebeln bereits kurz die Rede, in zwölf Klassen eingeteilt. Sie müssen sich die nicht merken,

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