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Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein

Titel: Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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verträgt das alles einfach nicht. Hilft nichts, der Kirschlorbeer ist nicht für dieses Klima gemacht.
     
     
     
    Dabei kann die Lorbeerkirsche wirklich ein wunderschöner immergrüner Strauch sein, mit kräftigen, wohlgeformten schlanken Blättern von frischer Farbe. Sie ist sehr wüchsig und sie kostet nicht viel. Jedenfalls weniger als der Rhododendron, der im Ganzen ohne Zweifel wertvoller ist, wenn auch ernster, dunkler, schwerer. Aber eben eleganter. Die Lorbeerkirsche wirkt frischer und jünger als der Rhododendron. Aber sie ist viel empfindlicher. Jahr für Jahr musste ich die Winterschäden aus den Sträuchern schneiden, in manchem Jahr fiel auf diese Weise mehr als der Zugewinn des Sommers dem Rückschnitt zum Opfer. Ich mag keine Pflanzen, deren Wachstum derart unberechenbar ist und die sich so heikel geben, dass sie, über die Zeit gesehen, vor meinem Fenster auf und ab tanzen. Es sollte mit so einem Strauch schon nach oben gehen. Nun ist Schluss damit.
     
    Der Gärtner steht am Fenster, blickt hinaus in den Schnee, sieht die niedergedrückten Äste und kann sich schon vorstellen, was im Frühling auf ihn wartet.
     
    Und er beschließt, sich nun von dieser Pflanze zu trennen. Kein leichter Schritt. Man nimmt eine Pflanze bei sich auf und lernt sie kennen. Man kommt sich näher, die Pflanze und der Gärtner. Man kommt ins Gespräch. Die Pflanze spricht nicht eben viel, schon klar, aber sie reagiert, sie zeigt dem Gärtner, ob sie sich wohlfühlt, ob er es versteht, mit ihr umzugehen. Sie reckt sich im Frühling straff in die Höhe, wenn der Gärtner ihr zärtlich den Weg ins Jahr bereitet hat, sie breitet sich im Sommer wohlig aus, wenn er sie gut pflegt, und sie lehnt sich im Herbst lässig zurück, weil sie weiß, dass der Winter ihr kein Leid zufügen wird. Denn der Gärtner wacht über sie. So kann es sein, wenn zwischen Gärtner und Pflanze das liebevoll-freundliche Verhältnis erwachsen ist, von dem wir träumen. Wir kehren ja nie zur Natur zurück. Das Tor ist verschlossen und von einem Engel bewacht. Aber wir können zärtlich mit der Natur sein und sie neigt sich uns zu.
    Das ist schon viel. Es fällt darum nicht leicht, sich einzugestehen, dass die Liebe vergebens war. Die Mühe umsonst. Dass daraus nichts mehr wachsen wird. Dass die abgestorbenen Triebe nicht mehr zum Leben erwachen werden, das Niedergedrückte nicht mehr nach oben sich wenden wird. Man kann es noch und noch versuchen.Und dann ist irgendwann Schluss. Mit dem Kirschlorbeer. Sparen Sie sich diese traurige Erfahrung. Pflanzen Sie das Zeug bei sich gar nicht erst ein! Zumindest wenn Sie, wie der bedauernswerte Gärtner, irgendwo kurz vor Sibirien im abgeschlagenen Nordosten leben müssen, wo die Kälte des Winters ohne Mitleid ist. Der Prunus laurocerasus mag das nicht. Ich habe es jetzt ein paar Jahre lang versucht. Ich hätte gleich überall Rhododendren nehmen sollen.
    Aber ich sehe jetzt ein, dass ich am falschen Ende gespart habe. Das ist eine Sache, man kann es nicht oft genug sagen, vor der unbedingt zu warnen ist: Überlegen Sie sich, was Sie wollen und was Sie sich leisten können. Wenn das nicht miteinander in Einklang zu bringen ist, verhalten Sie sich wie ein erwachsener Mensch und leisten Sie Verzicht! Aber machen Sie keine Kompromisse.
     
    Als Gärtner – und vielleicht auch sonst im Leben – ist es empfehlenswert, eine Sache zu tun oder sie zu lassen. Dazwischen gibt es nichts.
     
    Versuchen Sie nicht, sich um Fakten und Determinanten des gärtnerischen Lebens herumzumogeln. Wenn Sie eine stattliche immergrüne Randbepflanzung wollen und sich dafür nicht an dem Grünstreifen unter dem Fenster des örtlichen Bezirksamtes orientieren mögen, haben Sie nur eine anständige Wahl: Rhododendren. Immergrün, wohlgemerkt. Wenn Sie mit wintergrün vorliebnehmen können, gibt es natürlich eine Fülle wunderschöner Hecken- und Randpflanzen: Liguster, den ich über alles schätze, verschiedene Viburnum -Arten, und es gibt auch eine besondere Eichen-Art, die ihre kleinen, ledrigen Blätter im Herbst nicht abwirft und die sich sehr schön zur Hecke schneiden lässt, Quercus x turneri ‘Pseudoturneri’. Aber bitte, bleiben Sie mir weg mit Ilex, Zypresse, Taxus – das ist alles höchst praktisch und ausgesprochen scheußlich und das kommt mir nicht in den Garten.
     
    Meine tiefsitzende Abneigung gegenüber Nadelgehölzen ist ja bereits bekannt: sie sind einfach zu praktisch, zu bedürfnislos, zu trübsinnig.
     
    O

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