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Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein

Titel: Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Wenn man es recht überlegt, ist er überhaupt der einzige Tierjournalist, den es hierzulande noch gibt, und von meinen Ausführungen zur Frage, welchen Platz die Tiere im Garten haben, war er alles andere als angetan. Der Gärtner duldet nämlich im Garten ja keine Tiere. Oder besser: Er duldet sie eben nur – gerade so lange, wie sie dem Zweck des Gartens nicht in die Quere kommen. Tiere sind kaum zu bändigen. Sie haben, und darum ging es in unserem Gespräch, im Garten nichts zu suchen. Denn im Tier siegt immer die Natur, während der Garten kein Ort der Natur ist, sondern einer der Ordnung. Ich habe versucht, Riechelmann diese These zu verklaren, aber er hat nur makakenhaft gegrinst, mit dem Wissen eines Mannes, der einmal drei winterliche Monate im Massiv Central verbracht hat, dem Studium der Berberaffen gewidmet, der einzigen Affenart Europas. Drei einsame Monate in den Bergen, in denen er über sich selbst und die Natur und ihre Macht und ihre Grenzen vermutlich mehr gelernt hat, als ich in meinem Zehlendorfer Garten lernen kann. Schön und gut, sagte ich, Massiv Central hin oder her, sagte ich, die Natur könne mir gestohlen bleiben. Und dann habe ich ihm meinen Text von der Natur erzählt, dass sie sich um den Menschen nicht kümmert, dass der Mensch ihr scheißegal sei, so in der Art. Ich habe mich richtig in Rage geredet. Auch den Sternenhimmel habe ich nicht ausgelassen. Mit seiner ganzen geheuchelten Bedeutsamkeit. Die Sterne sind doch völlig irrelevant für den Menschen, völlig ohne Beziehung zum menschlichen Leben. Die ganze Natur schert sich einen Dreck um uns, habe ich ihm gesagt und ihn auch mit dem »Grizzlyman« nicht verschont. Wir sind alle ebensolche Idioten wie der Grizzlyman, habe ich nun schon beinahe geschrien, wenn wir glauben, eine Beziehung zur Natur herstellen zu können. Steine können nicht weinen, oder? Und der Grizzly frisst den Mann am Ende einfach auf.
    Riechelmann, der ein höflicher Mensch ist, hielt mich offenbar für zunehmend exzentrisch, er gab mir noch einen Buchtipp mit auf den Weg und verabschiedete sich dann. Ich blieb ein bisschen verdattert zurück. Aus lauter schlechtem Gewissen besorgte ich mir gleich am nächsten Tag das empfohlene Buch von Friedrich Georg Jünger, ORIENT UND OKZIDENT . Über Tiere im Garten steht da leider nichts drin. Aber dafür schreibt Jünger ein paar hübsche Zeilen über das Wasser im Garten. Und er beschäftigt sich mit der Geschichte von Park und Garten, und ihrer Abgrenzung. Und das ist in der Tat ein aufschlussreiches Thema, denn beide, Park und Garten, sind ja künstliche Repräsentationen der Natur, aber während der Garten, vor allem der französische Garten, sich der Architektur anverwandelt und gleichsam aus ihr herauswächst, will der Park sich der Natur zuneigen, zumal der englische. Die Trennung von Garten und Park ist eine englische Entdeckung. Aber das führt jetzt in eine andere Richtung.
     
    Wir waren bei den Tieren: Das Tier tritt im Garten zumeist als Feind auf. Zum Beispiel die Schnecke. Ihre Lieblingsspeise sind ausgerechnet die Funkien, absolut unverzichtbare Stauden, die zu den wichtigsten Gartenpflanzen gehören. Sie können sich ungefähr denken, was der Gärtner von Schnecken hält. Unterschätzen Sie niemals die Wut und Verzweiflung, die der Anblick rissiger, durchlöcherter Blätter einer Hosta sieboldiana var. elegans nach dem Besuch von zwei, drei Nacktschnecken beim überzeugten Gärtner hervorrufen kann. Wie auch sonst im Leben sollten Sie hier auf Prävention setzen. Mein Rat: Streuen Sie Schneckenkorn. Und wenn auf der Packung steht, dass Sie nur eine Handvoll nehmen sollen, dann nehmen Sie bitte im Interesse Ihrer Pflanzen die doppelte Menge. Mindestens. Es gibt in den meisten Gärten sowieso kaum Igel. Und Igel blühen auch nicht.
    Falls es wider Erwarten doch eine Schnecke bis zum Blatt ihrer Träume geschafft haben sollte und dort ihr Vernichtungswerk vollendet hat, müssen Sie selber ran. Ich gehe immer mit dem Spaten hinaus in den Garten, im Morgengrauen oder in der Abenddämmerung, wenn die Schnecken arglos durchs taubenetzte Gras kriechen, dann stelle ich mich über sie, beobachte sie eine Weile und spalte sie dann in zwei Teile. Der Funkie hilft es nicht mehr. Aber Ihnen. Glauben Sie mir.
     
    Im Garten, wie ich ihn mir also vorstelle, haben freilaufende Tiere eigentlich nichts zu suchen. Eigentlich. Beete und Blattpflanzen sollte man nicht mutwillig riskieren. Sollte. Andererseits ist es aber

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