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Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein

Titel: Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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saß eine kleine Meise an seinem Fenster. Ja, das war doch zu erwarten. Da liegt nämlich der große Vorteil der Kohlmeise: Sie ist ein Standvogel. Wo sie ist, bleibt sie. Nicht wie manch anderes Gefieder, heute hier, morgen da, unkontrollierbar, unberechenbar. Was eigentlich ja das Lästige an Tieren im Garten ist, das Unberechenbare. Meine Funkien bleiben, wo ich sie eingepflanzt habe. Tiere dagegen machen, was sie wollen. Nicht so die treuen kleinen Meisen.
     
    Es sind ja niedliche, rundliche Vögel, mit gelber Unterseite, schwarzem Kopf und weißen Wangen. Eigentlich sieht die Kohlmeise für einen derart verbreiteten heimischen Vogel fast ein bisschen übertrieben bunt aus. Professor Voigt schreibt, dass der Ruf der Kohlmeise kräftig sei: »ein kurzes helles ‘pink’ auf h4«, oft gefolgt von drei bis sechs kurzen Pfeiflauten, »bald freudig, bald heftig, derb zänkisch«. Pink di di di. Schreibt Professor Voigt. Neben diesen eigentlich klangschönen Tönen lassen Kohlmeisen aber oft auch ein meckerndes Zetern hören, das sich – da muss sogar Professor Voigt passen – »weder in Noten noch in Silben gut ausdrücken lässt«. Irgendwie ein »dzädzädzädzdädzä« oder vielleicht auch ein »schäschäschäschäschä«. Selten, schreibt Voigt, ein trärrärrärrä, das sich in der Hitze zu einem »trärrrr« verdichten kann. Kohlmeisen überraschen aber auch hin und wieder mit einem »zjezjezjezjezje«, das sie sich bei der Sumpfmeise abgehört haben, oder mit einem täuschend echt klingenden »dädädädä«, selbst das »zi gürr« der Haubenmeise und das gedehnte »däh däh« der Weidenmeise fügt der lernfähige kleine Vogel seinem Repertoire gerne zu.
     
    Wenn Sie Ihrer Meise was Gutes tun wollen, kaufen Sie ihr einen Nistkasten aus Lärchenholz mit einer Metallplatte um das Eingangsloch herum, die den räuberischen Specht am Eindringen hindert.
     
    Für die Enten muss es natürlich schon etwas Größeres sein.
    Ich dachte zunächst an einen einfachen Stall aus Holz und Maschendraht. Aber irgendwie schien mir das unzureichend. Es soll ja etwas von Dauer sein und auch als Projekt und Vorhaben eine größere Herausforderung darstellen, als ein paar genagelte Bretter es können. Der Gärtner liebt und sucht immer eine neue Herausforderung. Dabei ist die alte noch nicht ganz überwunden: der Teich. Es besteht weiterhin das Problem des Wasserverlusts. Sehr ärgerlich. Die Gartenfirma sucht nach einer Lösung. Das geht dann so: Die Männer kommen, pumpen das Wasser ab, legen die Folie frei, bekleben sie mit Flicken, füllen Wasser nach, und gehen, händeschüttelnd, grüßend, mit aufmunternden Worten, nun sei alles geklärt, die Lage sei im Griff, die Schwierigkeit behoben, auf Wiedersehen, gern, wir schicken die Rechnung, bis bald. Und dann, zwei, drei Tage später, steht der Gärtner vor seinem Teich, allein, schweigend, nachdenklich, besorgt, enttäuscht, wütend: Der Wasserspiegel ist wieder gefallen. Die Ränder des Teichs sind frei von Vlies, von wegen Osmose, da wird nichts gesogen oder gezogen, dieser Teich ist einfach leckgeschlagen, mehr nicht, und die Leute kriegen und kriegen es nicht hin. Wo Hoffnung war, macht sich Trauer breit und Wut und Ohnmacht.
     
    Aber, nicht aufgeben! Weitermachen! Dranbleiben! Das Leben geht weiter, auch mit löchriger Folie. Und was gibt es Besseres, eine Enttäuschung zu überwinden, als ein neues Projekt aufzunehmen? Darum ist jetzt der richtige Zeitpunkt, mit dem Bau eines Entenschlosses zu beginnen. Jawohl! Ein Schloss. Kein Stall. Keine Hütte. Ein Schloss. Ich denke an eine barocke Anlage mit entsprechendem Garten, natürlich maßstabsgerecht.
    Und da man im Garten alles selber machen sollte – bis zu dem Punkt, da man dem Profi die Arbeit übergeben kann –, fängt man am besten mit dem Fundament an.

 
Nutzen
     
    Auf dem Weg nach Süden hat der Gärtner neulich einen anderen Garten besucht, an einem großen See, man kann bei klarer Luft von dort die Berge sehen. Hinter dem Haus steht linker Hand ein Fächer-Ahorn mit leuchtend rotem Laub (ein Acer palmatum also, vermutlich in der Variation ‘Atropurpureum’ oder ‘Bloodgood’). Im schmalen Schatten des kleinen Baumes liegt am Rande des Gartens ein Kräuterbeet. Der Garten ist rosenumwachsen und baumbestanden und schön, wenn er auch offenbar nicht mehr so gepflegt wird, wie seine Anlage es verdiente. Er fällt steil ab zum steinigen Ufer des Sees, und gerader, leicht zugänglicher Platz ist hier

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