Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein
Kleingartentum seit dem IX. Parteitag der SED im Frühling 1976 den besonderen Schutz und die besondere Förderung des Staates genoss. Dies war, wir erinnern uns, der Parteitag des Konsum-Sozialismus, als die Partei dem Volk die »Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus« sowie die »stabile Versorgung mit Konsumgütern« zusagte, übrigens ein erstes Kleinbeigeben in der Wertekonkurrenz mit dem Westen.
Die Kleingärtner stellten sich ihrer sozialistischen Pflicht. Stolz vermeldet der VKSG, also der Verband der Kleingärtner, Siedler und Grundstücksnutzer, in der Rückschau, dass die Kleingärtner in der DDR »einen nicht unerheblichen Teil des Marktaufkommens von Obst und Gemüse für die Versorgung der Bevölkerung produziert« hätten. Dieses Selbstbewusstsein ostdeutscher Kleingärtnerei findet seine Bestätigung in den Worten Erich Honeckers, der noch im Mai 1989 bestätigte: »Ihre in liebevoller Freizeitarbeit über den eigenen Bedarf hinaus erzeugten Qualitätsprodukte, darunter bedeutende Mengen an Obst, Gemüse, Honig, Eier, Kaninchen und Geflügelfleisch, finden die Anerkennung der Bevölkerung.«
Wir wollen neben Honecker aber noch jemanden erwähnen, dem bei der optimalen Lenkung des kleingärtnerischen Schaffens eine bedeutende Rolle zukam: Erika Krause, Moderatorin der überaus erfolgreichen und langlebigen TV-Sendung »Du und Dein Garten«. Krause erinnerte sich später: »Also, wenn wir in unserer Sendung beispielsweise gesagt haben, dass es schön wäre, wenn es mehr frischen Knoblauch gäbe, dann baute die Republik Knoblauch an. Das Gleiche passierte mit Zucchini oder Fenchel. Die Gemüseläden, Gaststätten, Hotels und so weiter waren glücklich und die Kleingärtner zufrieden. Und dem Staat sparten wir so die knappen Devisen.«
Nach der Einheit war es damit naturgemäß vorbei, und man versteht leicht das immer noch anhaltende Entsetzen der ostdeutschen Kleingärtner angesichts der einschlägigen Bestimmungen des BKleinG, also des Bundeskleingartengesetzes, das ganz eindeutig an der Lebensrealität vieler ostdeutscher Bürgerinnen und Bürger vorbeigeht. Insbesondere das Verbot der »Bewohnbarkeit« der Kleingärten wird in ostdeutschen Kleingartenkreisen als gezielter Angriff auf bewährte DDR-Lebenskultur gesehen. Strom, Wasser und ein Bett waren ja Voraussetzung dafür, dass der Kleingärtner tätig an der Erfüllung des Fünfjahresplans mitwirken konnte. Aber auch als Kleingärtner kommt der DDR-Bürger eben unter den Pflug der deutschen Einheit.
Es gibt vielleicht nur eine Form, in der ich die sogenannten nützlichen Pflanzen schätze. Und zwar als Spalier.
Spaliere sehen schön aus, sind sehr praktisch und tragen dazu bei, das Haus verschwinden zu lassen. Das ist vielleicht sogar ihr vornehmster Zweck. Ihr Haus kann noch so schön sein. Wenn es hinter einer Pflanze verschwindet, wird es nur umso schöner. Allerdings haben Spaliere nicht so einen furchtbar guten Ruf. Wenn jemand »Spalier stehen« muss oder »wie Spalierobst« in der Ecke steht, dann meint das nichts Gutes. Dabei ist das Ziehen von Obstgehölzen am Spalier eine gute alte Gartenkunst, die ihren Anfang im französischen Barockgarten nahm. Dort wurden verschiedene Formen der Zucht kodifiziert, die man unter den beiden Oberbegriffen Cordon und Palmette fassen kann. Als Cordon bezeichnet man ein Spalier, wenn die Äste ohne Richtungsänderung direkt vom Hauptstamm weggeführt werden. Die einfachste Form des Cordons ist der gerade nach oben wachsende Stamm. Im cordon horizontal simple werden die Triebe im rechten Winkel vom Stamm in eine Richtung geleitet, im double in beide Richtungen, es gibt dabei keine Regel für die Zahl der übereinanderliegenden Reihen. In der Palmette dagegen führt der Gärtner die Äste der Pflanze wie die Blätter eines Palmzweiges. Man unterscheidet vor allem verschiedene Varianten der palmette verrier, wenn die Zweige erst vom Stamm weg und dann aufwärts geführt werden, also die Form eines Glases ergeben, und der palmette oblique, wenn die Zweige vom Stamm weg schräg nach oben weisen. Wenn zwei oder mehrere solcher Pflanzen an einer Mauer nebeneinanderstehen, ergibt das sehr beeindruckende rhombenförmige Muster. Aber da sind wir dann schon in der Abteilung für fortgeschrittene Schlossgärtner. Mir würde es genügen, irgendein Obstgehölz halbwegs erfolgreich eine Leine entlang an der Wand zu führen. Schon das scheint nämlich nicht so ganz einfach zu
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