Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein
gibt es nur zwei Möglichkeiten: Sie vergrößern Ihren Wirkungskreis und arbeiten mit längerem Werkzeug, oder Sie holen die Pflanzen zu sich nach oben und legen Hochbeete an. Aber im Ernst kommt man nicht an der Erkenntnis vorbei, dass das Alter dem Gärtner Zugeständnisse abverlangt. So rät mein kleines Kompendium schlicht dazu, auf das Jäten des Unkrauts, das Schneiden der Rasenkanten und die Entfernung des Mooses zu verzichten. Statt dessen soll man das Moos akzeptieren und ansonsten mulchen, mulchen und noch mal mulchen. In Wahrheit sind nämlich die Tipps für den alten Gärtner die gleichen wie für den faulen Gärtner. Ich lese diese Warnung: »Viele Gartenarbeiten fallen uns im Moment der Ausführung nicht schwer, im Anschluss stellen sich jedoch schmerzhafte Folgen wie Muskelkater, ein schmerzender Nacken, Rückenschmerzen, Kribbeln in Armen oder Beinen und steife Finger ein.« In der Tat!
Das Mulchen klingt nach einer wunderbaren Lösung. Es lässt sich ja ziemlich bequem von oben erledigen: Man wirft einfach unglaubliche Mengen von zerhäckselten Rinden auf die Beete und hofft, dass sich das Unkraut dadurch abschrecken lässt und man wenigstens so lange seine Ruhe hat, bis die Mulchschicht im Boden versickert ist. Es ist ein Vorurteil, dass Mulchen den Boden säuert und damit für viele Pflanzen schlecht verträglich ist. Die Fichten- und Tannenrinden sind schwach sauer bis neutral und können dem Boden nichts anhaben. Aber es ist ganz sinnlos, eine mit Unkraut bewachsene Fläche zu mulchen: das Kraut wird sich durch die Mulchschicht arbeiten und diese als Dünger begrüßen. Das ist eine Sache, die der Gärtner aus eigener Erfahrung beisteuern kann: Auch ich gehörte zu jenen, die glaubten, den Kampf gegen den Giersch auf diese einfache, nahezu kostenlose Art und Weise gewinnen zu können, die das Mulchen darstellt. Der Giersch hat sich darum nicht gekümmert. Nein, nein. Man muss sich schon die Mühe machen und das zu mulchende Beet vorher mit der Hände Arbeit vom Unkraut befreien.
Rosen
Wir sind mitten im Jahr. Man braucht keine Socken mehr. Die Rhododendren sind abgezupft, es gibt nichts zu pflanzen und nichts zu roden. Es ist Sommer. Im Sommer ändert sich der Charakter der gärtnerischen Pflichten. Die schwere körperliche Arbeit, die den Frühling, vor allem aber den Herbst kennzeichnet, weicht der vorsichtigen, liebevollen Tätigkeit im Einzelnen. Im Sommer guckt man genauer hin. Man geht mit Bedacht an den Beeten vorüber. Auch der Sommer hat seine stumpfen Pflichten, das Gießen und das Unkrautbekämpfen.
Aber was den Sommer eigentlich ausmacht, sind feine Langsamkeit und heitere Sorgfalt. So gestimmt, nähert sich der Gärtner im Sommer seinen Rosen.
Hinten am Teich stehen bei mir die meisten. Man kann sie vom Rest des Gartens nicht gut sehen. Der ganze Teich liegt versteckt und versunken und eingewachsen. Der riesige Purpurdost verbirgt ihn, hohe Funkien, dichte Farne, ein Apfelbaum beschirmt den Rest. Ein hübscher Zaun aus schwarzem Gußeisen umgibt den Teich, und Zutritt findet man nur durch eine kleine verschließbare Tür zwischen dem Mirabellenbaum und dem Weißdorn hindurch. Ich kenne Leute, die haben in ihrem Teich ein Gitter montieren lassen kurz unter der Wasseroberfläche, damit kein Kind zu Tode kommt. Das ist ein radikaler Akt der Vernunft. So weit gehe ich nicht. Mein Teich ist unsichtbar und ein Kind, das nicht schwimmen kann, darf meinen Garten allein nicht betreten. Das muss genügen. Ich habe dennoch einen halben Meter unter der Wasseroberfläche wenigstens einen Vorsprung mauern lassen, damit ein Kind, das hineingleitet, noch Halt findet, bevor es auf den glitschigen Steinen unweigerlich in die Tiefe rutscht. Einen Meter siebzig geht es hinab, immerhin. Das ist geblieben von der einst mannshohen Grube. Auf der einen Seite befinden sich zwei mit Wasserpflanzen besetzte Stufen, auf der anderen Seite führt die gepflasterte Böschung in einiger Neigung hinab. Die Kinder schwimmen jetzt darin, und weil der Rand so steil ist, können sie, mit ein bisschen Geschick, sogar hineinspringen. Ich bitte sie nur, sich von der bepflanzten Seite fernzuhalten, und habe die Geschichte von der Seerose erzählt, die den Schwimmer in die Tiefe zieht. Das hat erst einmal genügt. Das Wasser ist voller Algen, die Pumpen sind überfordert. Ich werde sie erneuern müssen. Aber das beunruhigt mich nicht. Bis ein Gleichgewicht gefunden ist, dauert es immer eine Weile, das ist
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