Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein
im Leben so und im Garten, warum soll es im Teich anders sein?
Dort stehen, in südwestlicher Ausrichtung, also die meisten meiner Rosen. Ich habe nicht sehr viele in meinem Garten. Zu wenig Sonne. Und was auch immer es zu Rosen zu sagen gibt, die ja als Königin des Gartens gilt, die blühende Pflanze schlechthin, welche der unüberschaubar vielen Sorten auch immer Sie bei sich setzen, welch züchterische Fortschritte in England bei David Austin, in Frankreich bei Guillot oder in Deutschland bei Kordes gemacht werden: Rosen brauchen Sonne. Das ist ein einfacher Satz. Weil er so einfach ist, schicke ich ihn diesem Kapitel über Rosen vorweg.
Ich gebe zu: Ich würde die Rose gerne vermeiden. Aber das geht natürlich nicht. Königin des Gartens. Daran ist kein Vorbeikommen. Ein Garten ohne Rosen ist ja kaum vorstellbar. Aber nur der junge, ganz unwissende Gärtner kann sich der Rose unbefangen nähern. Befasst man sich nur ein klein wenig mit ihr, ergreift einen Respekt, vielleicht gar Furcht. Farbe, Gestalt, Charakter, Größe, Wuchs – in allem sind Rosen so vielgestalt wie vielleicht gar keine andere Gartenpflanze, wie vielleicht überhaupt nur der Mensch selbst. Und dann erst der Rosenschnitt! Ein Riesenthema! Gegenstand unendlicher Dispute. Im Herbst oder im Frühjahr? Oder im Herbst und im Frühjahr? Muss die Pflanze um zwei Drittel eingekürzt werden? Oder muss eine bestimmte Anzahl von Augen, also frisch hervorquellender Triebe, stehen bleiben? Es ist eine Philosophie. Ein Manierismus. Wie die ganze Pflanze ja, bei aller Liebe, in Wahrheit etwas Manieriertes hat. So oder so, man schreibt nicht leichthin über die Rose.
Schönheit und Schmerz. Liebreizende Blume und verletzende Dornen. Blüte und Blut. Rot als Farbe des Lebens und des Todes. Die Dialektik des Lebens.
Die poetische Dichotomie der Rose findet ihre Aufhebung in der Mutter Gottes. Maria ist die Rose ohne Dornen. Im Paderborner Wallfahrtsfahrtslied MEERSTERN ICH DICH GRÜSSE wird gesungen: »Rose ohne Dornen, O Maria, hilf!« Maria ist die Überwindung des Schmerzes und der Sünde, sie ist die Immakulata, die Unbefleckte, über die der Tod keine Macht hat. »Der Sold der Sünde ist der Tod«, steht im Römerbrief, aber Maria gelangt ohne Umweg in den Himmel. Sie, die ohne Sünde ist, hat den geboren, der die Sünde der Welt trägt. In der Lauretanischen Litanei wird Maria als Rosa Mystica angerufen, als Geheimnisvolle Rose. Und der 4. Fastensonntag der Passionszeit, dessen Liturgie mit den Worten »Laetare, Jerusalem« eingeleitet wird, wird Rosensonntag genannt. An diesem Tag empfängt ein Marienheiligtum eine geweihte goldene Rose aus den Händen des Papstes. Eine goldene Rose. Das geht ja noch. Dem Pfarrer Georg Schöner aus dem thüringischen Steinach, der in der Geschichte der Kirche und der Pflanzenzucht einen kleinen Platz als »Rosenpfarrer aus Steinach« innehat, soll es gelungen sein, eine schwarze Rose zu züchten. Schöner hatte Thüringen hinter sich gelassen und war nach Amerika aufgebrochen. In Oregon, später in Kalifornien suchte er die Vollkommenheit des göttlichen Wirkens in der Zucht der Rosen. Was ist am Ende dieses langen – um nicht zu sagen dornigen – Weges auf der Spur der Mendelschen Gesetze geschehen? Hat Pfarrer Schöner den Sprung von der Botanik zur Alchemie genommen, von der Wissenschaft zur Magie? Hat er also einen unsagbaren, schlimmen Preis gezahlt, um das dunkelste Geheimnis der Rose zu lüften? Oder hat er nach vielen Jahren der stillen Versenkung in die Geheimnisse der Weitergabe von Attributen und Akzidentien der Rose, dieser mystischsten aller Pflanzen, das himmlische Jerusalem des Rosenzüchters geschaut, so dass unter seinen Händen die Schwarze Rose erblühen konnte? Wir möchten glauben, dass Schöner als Wissenschaftler bis an die Grenze der Gesetze der Mendelschen Vererbung gegangen war und als Mann Gottes diese Grenze überschritten hat. Er hatte eine Pflanze geschaffen, die es nicht geben kann, eine mystische Vollendung, eine schwarze Rose, deren Blätter unter den Strahlen der Sone unweigerlich verbrennen müssten.
Es heißt, das einzige Exemplar sei aus seinem Garten gestohlen worden. In seinen Unterlagen fand sich kein Hinweis, der erlaubt hätte, das Wunder des Rosenpfarrers zu wiederholen. Es hat danach nie mehr eine Schwarze Rose gegeben. Schöner hat übrigens versucht, durch die Namensgebung dem märchenhaften Charakter seiner Schöpfung entgegenzuwirken. Anders ist kaum zu
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