Die Tage des Zweifels: Commissario Montalbano träumt von der Liebe (German Edition)
Kopf.
»Wieso schütteln Sie den Kopf?«
»Der hieß nicht Lannec, sondern Jean-Pierre David.«
Die Frau konnte ihre Verwunderung kaum verhehlen.
»Dann war Lannec also David!«
»Kannten Sie ihn?«
»Klar. Wir wussten aber nicht, dass es ein und dieselbe Person ist. Wie sind Sie denn darauf gekommen?«
»Erklär ich Ihnen später. Erzählen Sie weiter.«
»… also, dass Lannec aus Paris abgereist und hierher unterwegs war. Und dann …«
»Welche Rolle spielte Lannec?«
»Warten Sie. Soweit wir wussten, war Lannec die ›Feuerwehr‹ der Organisation. Er trat immer dann auf den Plan, wenn es brenzlig wurde.«
»Und als David hatte er welche Funktion inne?«
»Er war einer der Bosse der Organisation. Ein wichtiger Mann. Dann erhielt ich eine Nachricht von Chaikri. Er sagte mir, die Vanna würde wegen des schlechten Wetters Kurs auf Vigàta nehmen. Wie Sie bestimmt schon herausgefunden haben, gehören die Vanna und die Asso di cuori zur selben Organisation, wenn auch mit unterschiedlichen Aufgaben.«
»Und die wären?«
»Die Vanna ist für den Transport, die Asso di cuori für den Verkauf der Diamanten zuständig. Beide Yachten im selben Hafen und dazu auch noch Lannec, der mit David identisch war, was wir allerdings noch nicht wussten – das war eine einmalige Gelegenheit. Deshalb bin ich sofort hergefahren. Ich wollte mir ein Bild von der Lage machen und Sie dann gegebenenfalls bitten, eine Razzia durchzuführen. Doch die Sache hatte einen Haken. Diese Leute kennen mich und wissen, dass ich schon seit einiger Zeit hinter ihnen her bin … Die zögern keinen Augenblick, jemanden umzubringen, das haben Sie ja gesehen. Und deshalb habe ich Ihnen ein paar Flöhe ins Ohr gesetzt, für den Fall, dass mir etwas zustoßen sollte.«
»Das war mir klar. Aber warum sind Sie verschwunden?«
»Weil plötzlich Lannecs Leiche in dem Schlauchboot aufgetaucht ist. Der dadurch verursachte Wirbel war meiner Mission nicht eben dienlich. Und der Tod Lannecs – er wurde mit Sicherheit auf der Asso di cuori ermordet – veränderte die Gesamtkonstellation. Wir mussten unsere Pläne noch mal überdenken.«
»Entschuldigen Sie, aber welches Interesse hatten die von der Vanna , Lannecs Leiche an Land zu bringen? Schließlich war er doch von ihren Komplizen von der Asso di cuori umgebracht worden …«
»Sie haben ihn nicht erkannt! Konnten sie ja auch gar nicht! Es war ein schwerer Fehler, ihn an Land zurückzubringen! Tatsächlich hat Chaikri mir von einem heftigen Streit zwischen der Giovannini und Sperlì auf der einen und Zigami und Petit auf der anderen Seite berichtet … Wissen Sie, wer die sind?«
»Ja, der offizielle Besitzer der Asso di cuori und sein Assistent.«
»Genau. Und die haben sich in die Haare gekriegt, weil die Vanna den Toten an Land zurückgebracht hatte.«
»Stecken die beiden Mannschaften mit drin?«
»Die von der Asso di cuori schon, an Bord der Vanna ist nur Alvarez eingeweiht.«
Deshalb also hatte die Giovannini nicht gewollt, dass Chaikri auf ihrer Yacht umgebracht wird.
»Warum nur Alvarez?«
»Alvarez ist Angolaner, nicht Spanier, wie alle glauben. Ursprünglich soll er es gewesen sein, der den inzwischen verstorbenen Giovannini auf die Idee mit dem Diamantenschmuggel gebracht hat.«
»Verstehe. Und Chaikri?«
»Ein Agent von uns, den wir hatten einschleusen können. Wahrscheinlich haben sie Verdacht geschöpft, weil er innerhalb von vierundzwanzig Stunden zweimal seine Verhaftung provoziert hat. Wissen Sie, wie sie ihn umgebracht haben?«
»Ja. Zuerst haben sie ihn mit dem Kopf in einen Eimer Wasser getaucht, um Tod durch Ertrinken vorzutäuschen, dann …«
»Nicht ganz«, sagte sie. »Vor allem wollten sie ihn auf diese Weise zum Reden bringen. Das ist ihnen wohl gelungen.«
»Entschuldigen Sie, aber …«
»Wollen wir uns nicht duzen?«
»Gern. Würdest du mir erklären, was die UNO mit dem Ganzen zu tun hat?«
»Schon mal was vom Kimberley-Prozess gehört?«
»Ja, aber ich bin bis jetzt noch nicht dazu gekommen …«
»Ich erzähl’s dir kurz. Der Kimberley-Prozess ist ein internationales System, das 2002 eingerichtet wurde, um den Export und Import von Rohdiamanten zu überwachen. Bisher sind ihm neunundsechzig Staaten beigetreten. Aber wie du dir vorstellen kannst, werden immer noch drei bis vier Prozent aller geschürften Diamanten geschmuggelt.«
»Verstanden. Aber die UNO?«
»Die UNO greift ein, um zu verhindern, dass diese illegal gehandelten
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