Die Tagebücher (German Edition)
achtet, auf sein Trinken, auf andere Männer und seine Elizabeth. Wir erleben einen Burton, der liest, denkt und sich danach sehnt, zu schreiben. Auf den vielen Seiten seiner Tagebücher offenbart Richard Burton die mannigfaltigen Seiten seines Selbst.
1967
Richard schrieb von Mitte November an keine Einträge mehr in sein Tagebuch. Zwischen dem Beenden des alten und dem Beginn des neuen Tagebuchs von 1967 gab er Kenneth Tynan ein Interview, aus dem Teile im April 1967 gesendet wurden. Eine Abschrift des Interviews erschien in dem von Hal Burton herausgegebenen Band Acting In The Sixties (London, BBC, 1970). Weihnachten und Neujahr verbrachte man in Paris, Anfang Januar reisten Richard und Elizabeth nach Dahomey (dem heutigen Benin) in Westafrika, um sich auf die Dreharbeiten für den Film Die Stunde der Komödianten vorzubereiten.
JANUAR
Montag, 9. 1., Cotonou Gestern Abend waren wir bei den Glenvilles zum Cocktail eingeladen. 149 Die meisten Gäste standen draußen auf der Straße herum. Es war warm, aber nicht drückend. Alec 150 war auch dort und hat abwechselnd die Rolle eines gütigen Heiligen und die eines Starschauspielers gespielt, irgendwas jedenfalls, das charmant war, aber ganz weit weg von allem Durchschnittlichen. Wir sind (absichtlich) zu spät gekommen und nach einer Stunde wieder gegangen. Abends haben wir kalten Schinken, Frühlingszwiebeln, Radieschen, Käse, Brot (einen wunderbar großen Laib) und Tomaten gegessen.
Gaston schuftet wie ein Tier. Er rennt überall herum, kauft ein, geht an jedes Telefon, macht Salat, füllt Thermosflaschen auf, bekämpft die Flöhe der Hunde und passt immer und überall auf uns auf, noch dazu immer gutgelaunt. Wir kommen gar nicht mehr ohne ihn aus und – obwohl das jetzt illoyal klingt – er ist eine weitaus größere Hilfe als Bob Wilson. Einige Sachen empfindet Bob als unter seiner Würde. Gaston findet nie etwas unter seiner. […]
Heute sollen wir offiziell vom Präsidenten der Republik begrüßt werden – solche Termine nerven mich. 151
E. sieht fantastisch aus – sie blüht im heißen Klima auf. Das muss an ihrem italienischen Blut liegen. Gestern habe ich keinen einzigen Tropfen getrunken, zur Strafe überfiel mich heftiges Zittern. Ich muss mich mit dem Schnaps wirklich zurückhalten.
Dienstag, 10. 1. Gestern sind wir im Palast vom Präsidenten empfangen worden, den sein gesamter Stab nur »Mon Général« nennt. Er ist sehr schwarz (verheiratet ist er allerdings mit einer Weißen, mit der er sieben Kinder hat), 1,75 Meter groß, leicht o-beinig und stämmig. Seine Kleidung sah schlecht gemacht aus, seine Kabinettsmitglieder waren dagegen tadellos gekleidet. Ich habe gelernt, dass hier gerade Staatsstreiche sehr en vogue sind. Wie in vielen jungen afrikanischen Ländern. Er wird vielleicht nicht mehr lange Boss bleiben. Zur Zeit besteht hier so eine Art Diktatur – als ich ihn gefragt habe, wie viele Députés es im Kongress gäbe, hat er geantwortet, »aucune«. Holla!, dachte ich. Ganz offensichtlich mag er Frauen, und er hielt E. endlos lange fest. Sie war unglaublich reizend und sehr weiblich. Wir waren beide von diesem Erlebnis merkwürdig bewegt. Da stand nun dieser gigantische Palast aus Mosaiken, der erst vor 3 Jahren fertiggestellt worden war, und vor dessen riesigem Salle de Réception, in den 3000 Menschen passen, hing Wäsche auf der Leine.
Ganz stolz hat er uns das »chinesische« Zimmer gezeigt, das so voll gestellt war mit Möbeln und Schnickschnack von – wie er stolz betonte, »Mon grand ami Chiang Kai-shek« –, dass wir uns zwischen all den Sachen kaum bewegen konnten. Ebenso stolz präsentierte er uns seine und die Wohnräume seiner Familie, die klein und beengt waren. Er hat uns den Kleiderschrank seiner Frau gezeigt, und E. hatte einen Kloß im Hals, als er mit großer Geste einen Schrank öffnete, in dem sich ein ganz gewöhnliches Schuhregal befand.
Auf dem Weg nach draußen bat er E., sich auf eine Matte zu stellen, under hat sich vor Freude ausgeschüttet, als daraufhin zwei Wandlampen automatisch angingen. E. tat total überrascht, und er hat sich gefreut. Ich hab wie ein Ochse geschwitzt und war froh, wieder rauszukommen.
Die Engländer sind doch ein ziemlich zynischer Haufen. Hätten wir bei dem Lunch anschließend mit Guinness und Glenville nicht gleich zu Anfang erklärt, wie beeindruckt und bewegt wir waren, ich bin sicher, die beiden hätten sich über die ganze Sache lustig gemacht.
E. sagt, Peter
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