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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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Sezessionskrieges im Jahr 1861 ausgegeben. Und erst 1913 wurde die heute bestehende amerikanische Zentralbank, die Federal Reserve Bank (»Fed«), gegründet. Zuvor waren schon in den Jahren 1791 und 1816 Zentralbanken gegründet worden, doch waren sie jeweils nur für 20 Jahre lizenziert und wurden dann wieder geschlossen. Zeitgleich mit der Gründung der Fed wurden 12 Distrikt-Zentralbanken oder »District Feds« geschaffen, die die Geldschöpfung nach den Regeln der Fed tatsächlich durchführten und Banknoten druckten und verliehen. Die Struktur des amerikanischen Geldsystems ist insofern mit dem Eurosystem durchaus vergleichbar. Auch von der Größe her ähneln die District Feds den 17 nationalen Notenbanken im Eurosystem.
    Das amerikanische Zentralbankensystem ist allerdings kein staatliches System. So gehören die District Feds den privaten Geschäftsbanken und werden für sie tätig. Die Distriktgrenzen haben auch wenig mit den Staatsgrenzen zu tun. Teilweise gehören mehrere Bundesstaaten zu einer District Fed, und umgekehrt kann es sein, dass das Territorium eines Bundesstaates zwei Fed-Distrikte überlagert. 3
    Diese Historie mag erklären, warum das Thema der Target-Salden in den USA nie die Bedeutung hatte, die es heute in der Eurozone gewonnen hat. Zum einen erklärt sie, warum sich das Notenbanksystem nicht in den Dienst der Finanzierung einzelner Bundesstaaten hat stellen lassen, anders als im Eurosystem, wo die nationalen Notenbanken Geld drucken und an die Geschäftsbanken des Landes verleihen, damit die mit ihm Staatspapiere kaufen können.
    Zum anderen konnten die Salden nie entstehen, weil die privaten Banken immer argwöhnisch darauf geschaut haben, dass imZahlungsverkehr keine ungedeckten Kreditpositionen aufgebaut wurden.
    Bevor es das Federal Reserve System gab, wurden natürlich auch schon Dollar-Überweisungen von einer zur anderen Bank quer über den Kontinent vorgenommen, ohne dass dabei Geld physisch transportiert wurde. Man verschickte Schecks, und zur Einlösung der Schecks mussten die Überweisungen zwischen den Banken durchgeführt werden. Auch damals haben die Banken diese Überweisungsaufträge saldiert und sich temporär auch kreditiert, doch die Salden mussten in der Zahlungsbilanz in regelmäßigen Abständen physisch ausgeglichen werden, zumeist mit Gold, das dann zwischen den Banken transportiert wurde. Mit dem Thema ist jeder Liebhaber von Wild-West-Filmen bestens vertraut.
    Mit dem neuen System der Federal Reserve Bank wurde der Zahlungsverkehr insofern vereinfacht, als nun bei der Fed ein Clearing-Portfolio an goldbesicherten verzinslichen Wertpapieren geschaffen wurde, das den einzelnen District Feds anteilig gehört und dessen Eigentumsanteile für die Begleichung der Verrechnungssalden zwischen den District Feds verschoben werden. Das macht den physischen Goldtransport überflüssig.
    Im Laufe der Zeit hat man statt goldbesicherter Wertpapiere auch Bundesanleihen in das Clearing-Portfolio übernommen, und in der Finanzkrise wurden sogar strukturierte Wertpapiere privaten Ursprungs erlaubt. Das ändert aber nichts an der Natur des Vorgangs.
    Mit den Eigentumsanteilen werden in den USA natürlich auch die Dividendenansprüche zwischen den District Feds verschoben. Für die Berechnung der Dividenden wird ein fester Zins von 6 % festgesetzt – genug, um den Verlust von Vermögensanteilen als schmerzlich zu empfinden und Defizite in der Zahlungsbilanz klein zu halten.
    Das Instrument zur Verringerung der Defizite ist die Refinanzierungspolitik der jeweiligen District Feds. Kommt es zu Geldabflüssen durch Nettoüberweisungen an andere Zentralbanken, zum Beispiel weil die Wirtschaft des Distrikts überhitzt und einen Importüberhang entwickelt, den die Kapitalmärkte nicht mehr finanzieren wollen, verzichtet die betroffene District Fed darauf, den Abfluss in vollem Umfang durch neue Refinanzierungskredite zu kompensieren. Die Folge ist, dass das Geld knapp wird und die lokalen Zinsen steigen. In der Geschichte gab es zwischen den Distrikten immer wieder nennenswerte Zinsunterschiede. Der Zinsanstieg wiederum hat zwei Effekte. Zum einen wird es für Kapitalanleger aus anderen Distrikten attraktiv, Kredit und Geld in den Distrikt zu leiten. Zum anderen schwindet der Anreiz, Kredit für Güterkäufe aufzunehmen, was die Überhitzung und den Importüberhang dämpft. Beides begrenzt das Zahlungsbilanzdefizit, stabilisiert die Wirtschaft und vermeidet allzu große Ungleichgewichte

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