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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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Schuldscheine hat sich der Begriff der IOUs eingebürgert, was eine lautmalerische Kurzform des Ausdrucks »I owe you« ist. IOUs wurden eine Zeit lang wie Geld benutzt, denn man konnte sie zur Bezahlung von Rechnungen auf andere übertragen.
    Minnesota ergeht es kaum besser. Der Staat lebt von der Hand in den Mund und war im Sommer des Jahres 2011 zahlungsunfähig. Infrastrukturprojekte wurden eingestellt, und mitten in der Feriensaison blieben die Nationalparks geschlossen, weil man kein Geld für die Wärter hatte. Tausende von Staatsbediensteten warteten auf ihr Gehalt, das der Staat nicht mehr zahlen konnte.
    Die Situation in manchen amerikanischen Staaten ist heute so brenzlig wie in Griechenland, und doch kommt niemand in den USA auf die Idee, ein gemeinschaftliches Programm zu ihrer finanziellen Unterstützung aufzulegen oder ein System gemeinschaftlicher Staatsanleihen vorzuschlagen, das diesen Staaten unter dem Schutz der Kollektivhaftung wieder Zugang zum Kapitalmarkt verschaffen würde.
    Ein Lehrstück war auch der Beinahe-Konkurs der Stadt New York im Jahr 1975, die wegen ihrer Wirtschaftskraft fast mit dem Staat New York gleichzusetzen ist. Bürgermeister John Lindsay hatte Ende der 60er-Jahre versucht, in New York einen Sozialstaat nach europäischem Muster zu errichten. Die Konsequenz war, dass die Armen Amerikas in Scharen in seine Stadt kamen, um an den sozialen Segnungen zu partizipieren. Das trieb die Stadt in den Ruin. Lindsay musste sein Programm wieder einstellen, doch die Stadt litt weiter unter den Schulden, die er gemacht hatte. 1975 war New York praktisch bankrott und konnte in allerletzter Minute nur durch einen Kredit vom Pensionsfonds der Lehrergewerkschaft gerettet werden. Die US-Regierung verweigerte damals jegliche Hilfe. Legendär ist die Zeitungsüberschrift der New York Daily News »Ford to City: Drop Dead«, die die Position des damaligen US-Präsidenten Gerald R. Ford überspitzt (und nicht wörtlich) zusammenfasst. 1 Ford konnte seine harte Position dann doch nicht ganz durchhalten und gewährte im darauffolgenden Jahr eine gewisse Unterstützung aus Bundesmitteln. Das reichte aber bei Weitem nicht. New York gelang es erst durch die Ausgabe von Anleihen, die mit zukünftigen Steuereinnahmen besichert waren, wieder an frisches Geld zu kommen. 2
    So wie es New York passierte, geschieht es in den USA immer wieder mit untergeordneten Gebietskörperschaften des Staates. Immer wieder gehen einzelne pleite und stellen dann den Schuldendienst ein. Danach wird ein Arrangement mit den Gläubigern gesucht, und anschließend geht der Betrieb weiter. Das regt in den USA niemanden auf, weil es zum Alltag gehört, ähnlich wie in Europa die Firmenkonkurse.
    Da die Ressourcen knapp sind und das Geld nicht auf den Bäumen wächst, haben sich die USA nach der misslungenen Anfangsphase der lockeren Budgetbeschränkungen ein System harter Budgetbeschränkungen verschafft. Das ist im Einzelfall unangenehm, so unangenehm, wie die wirtschaftliche Realität dieser Welt nun einmal sein kann, aber es funktioniert und führt zur Schuldendisziplin, ohne die es stets zur Katastrophe kommt. Die Erfahrungen der ersten Jahrzehnte nach Hamilton will in den USA niemand wiederholen.
    Harte Budgetbeschränkungen sind wie Bremsen im Auto. Wenn man bergab fährt, ist es sicher verlockend, den Wagen einmal laufen zu lassen, statt ihn abzubremsen, doch die Konsequenz einer solchen Fahrweise ist die Vollbremsung, wenn nicht gar der Unfall. Unter dem Euro hat die Eurozone eine Phase lockerer Budgetbeschränkungen durchlebt. Der Wagen raste ungebremst voran, und auch heute traut sich der Fahrer nicht, energisch auf die Bremse zu treten. Einige wollen sogar, dass die Fahrt ungebremst weitergeht. Sie fordern Eurobonds, eine Sozialisierung der Bankschulden und andere Maßnahmen zur weiteren Lockerung der Bremsen. Damit riskieren sie ähnliche Unfälle, wie die USA sie durchlebt haben.

WIE DIE TARGET-SALDEN IN DEN USA GETILGT WERDEN
    Die USA haben sich in ihrer über zweihundertjährigen Geschichte erst allmählich zu dem Gebilde entwickelt, das wir heute kennen. Auch das Geldsystem ist nicht auf dem Reißbrett entstanden, sondern hat sich evolutorisch entwickelt. Von Anfang an gab es den Dollar als Münze. Da der Gold- und Silbergehalt gesetzlich genau festgelegt war, durften die staatlichen Münzämter der Bundesstaaten die erforderlichen Münzen prägen. Dollar-Banknoten wurden erstmals zur Finanzierung des

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