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Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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machen.
    Ach, wenn er nur halb so stolz auf seinen fünfzehnjährigen Sohn Lambert sein könnte wie auf Sidonia. Sich vorzustellen, was seine Tochter als Mann und an Lamberts Stelle in dieser Welt vollbringen könnte! Sinnlos, darüber zu grübeln, sie war ein Weibsbild, wenn auch – dem Herrn sei Dank – eines mit beachtlichen Reizen. Ja, er musste dankbar sein und sich damit abfinden, dass ein Mädchen seine Talente geerbt hatte und nicht Lambert. Der war und blieb ein Taugenichts, trieb im Talar des Rechtsstudenten nur Unfug und spielte den Rebellen. Lamberts Schwächen waren der verstorbenen Mutter anzulasten, die den Knaben verzärtelt hatte. Die Liebe der Weiber – ob zu Kindern oder Männern – brachte nichts als Unglück über die Welt! Möge Gott seine Tochter vor solch alberner Leidenschaft bewahren. Sidonia wich eben einem Fuhrknecht aus, der sie bei den Haaren zupfte.
    Der Kaufmann riss am Griff des Bleiglasfensters und wollte Sidonia zur Ordnung rufen, aber die verschwand im Treppenturm. Claas van Berck glättete seine pelzverbrämte Schaube und lockerte die Schnüre der Pluderhose. Der Hosenbund zwängte seinen Bauch ein, und die mit Rosshaar gepolsterte Schamkugel drückte.
    »Vater!«
    Van Berck drehte sich zur Tür. Unwillkürlich vertiefte sich sein Lächeln.
    »Mein Kätzchen, wie hübsch du bist. Wenn auch zu liederlich gekleidet.«
    »Nenn mich nicht Kätzchen!« Sidonia blitzte ihn aus ihren grünen Augen an.
    »Soll ich dich lieber als Gräfin von Löwenstein anreden? Ich habe dir Mundtücher mit dem Wappen besticken lassen! Man sagt, sie seien an Adelshöfen der neueste Schrei und man putze sich statt mit dem Ärmel damit sogar die Nase. Und sicher ist mit den niederländischen Schiffen gestern das rote Gewand eingetroffen, das ich in Gent für dich schneidern ließ. Der Brokat kommt aus der Weberei, die für die Schwester des Kaisers arbeitet.«
    Sidonia verdrehte die Augen. »Vater! Das Verlobungskleid ist da, aber die Nachrichten vom Ritter lassen auf sich warten.« Ihr war es nach ihrem gestrigen Bad im Rhein nicht gelungen, zu den Koefs und dem Reliquienhändler vorzudringen.
    Class van Berck strich sich über den Backenbart. »Sicher trägt mein Pilger sich erst beim Ratsschreiber ein, wie jeder fremde Besucher.«
    »Kein Mensch kann unter fast 40 000 Kölnern einen ungemeldeten Fremdling aufspüren. Der Kerl sollte wissen, wie gespannt wir auf Nachricht warten. Bislang gibt es doch nichts als den Ehevertrag zwischen dir und Adrians Vater. Und der ist tot.«
    Ärgerlich stieß Sidonia die Kugeln eines Rechenbretts an. Klackernd rasten sie von einer Seite zur anderen. »Hoffentlich weiß sein Sohn überhaupt von seinem Glück. Seit Jahren ist Adrian in Spanien, und die letzte Nachricht über ihn bekamen wir vor neun Monaten – aus der Neuen Welt. Weiß der Kuckuck, wo die ist!«
    »Ich habe eine von diesen neuen Weltkugeln aus Nürnberg bestellt, darauf kann ich es dir zeigen.«
    Der Kaufmann eilte zu einem Schrank, auf dessen Schreibklappe eine lederbespannte Kugel thronte. Sich vorzustellen, dass die Erde rund war, fiel immer noch schwer, doch die Geografen schienen davon überzeugt, seit ein gewisser Kolumbus vor drei Jahrzehnten einen Weg nach dem Westen Indiens entdeckt hatte. Und hatten nicht die Kaiser bei ihrer Krönung schon immer einen runden Reichsapfel als Zeichen ihrer erdumspannenden Macht empfangen?
    Sidonia ließ sich in einen Scherenstuhl fallen und streifte die Samtpantoffeln von ihren Füßen.
    »Was interessiert mich die Neue Welt, wenn ich nicht einmal die alte sehen darf? Lieber würde ich mit dir einmal auf Handelsreise gehen, so wie Kölns Kaufmannsgattinen es tun, statt nur herumzusitzen. Das Weib vom Weinhändler Stoltenburg hat mir von ihrer Fahrt nach London vorgeschwärmt. Sie sind nur hinter Kleve von Wegelagerern belästigt worden.«
    Claas van Berck ließ die Weltkugel kreiseln. »London ist nicht viel anders als Köln, glaube mir. Nur noch voller von Spitzbuben.«
    »Aber Antwerpen! Wenigstens unser Kontor in der Scheidestadt könntest du mir zeigen. Hartmut Pirckmann sagt, es sei eine Stadt der Wunder. Alle Straßen seien gepflastert, die Steingiebel der Häuser durchbrochen wie Spitze, die Glockenspiele in den Giebeln mit Gold überzogen ...«
    Van Bercks Miene verfinsterte sich. »Pirckmann ist ein Schwätzer. Das bringt das Handwerk der Buchdrucker mit sich. Du wirst von dem Ritter in die vornehme Welt eingeführt. Seine Stammburg an der Mosel

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