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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Ihnen bleiben und müsste dort nicht hingehen. Ich wünschte, man würde mir eine Zusammenfassung der Gespräche schicken. Oder vielleicht nur die eine wichtige Formulierung, die die Quintessenz dieses Abends darstellt und über die ich dringend Bescheid wissen muss.« Er seufzte. »Aber nun wollen wir nicht mehr darüber sprechen. Ich sehe dem Morgen in drei Tagen mit großer Freude entgegen. Schlafen Sie gut, meine Liebste!«
    Er verbeugte sich lächelnd vor ihr, dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort um und strebte seinem Haus entgegen.
    Warum umarmte er sie nicht? Warum küssten sie einander nicht? Hier war außer Sikki niemand, der sie sehen konnte. Betty fühlte jetzt schon eine fast schmerzhafte Sehnsucht nach ihm. Wollte er wirklich warten, bis sie achtzehn Jahre alt war, oder sollte sie zunächst gar einundzwanzig werden und damit volljährig, so wie er es angedeutet hatte? Das war eine Ewigkeit! Sie stieg zwei Stufen zu ihrem Haus hinauf und stellte sich auf die Zehenspitzen. Sie konnte seine schlanke Gestalt kaum noch als Schatten zwischen den Magnolienbäumen wahrnehmen. Dann wurden überall in seinem Haus die Lichter angezündet, und sie konnte hören, dass ein Diener die Fensterläden in der ersten Etage zukurbelte. Ob er dort sein Schlafgemach hatte? Sie hätte gern noch gesehen, ob eine Tonga vorfahren oder ob er auf seinem schwarzen Pferd davonreiten würde, aber Sikki hatte schon ihren Arm ergriffen und sie mit sanftem Druck ins Haus gezogen.

4
    Betty schlief unruhig in dieser Nacht und auch in den folgenden. Sikki hatte ihr an jedem Abend ein Bad bereitet und sie gleich danach in die kühlen Seidendecken auf dem Bett eingewickelt, damit sie sich vor dem Dinner etwas ausruhen könnte, aber letztlich verschlief sie das Abendessen und wachte stattdessen bereits vor dem ersten Hahnenschrei auf, als es draußen noch dunkel war. Es war dies die Stunde, in der sogar die Geräusche der Nacht verstummt waren. Die Bergkojoten heulten nicht, für das Kreischen der wilden Katzen war es schon zu spät und auch das Sirren der Insekten war eingeschlafen. Ein fahler Mond schien durch die Gazefenster und blinzelte durch die Lamellen der Läden.
    Am Vorabend war ihr Tee gekommen, fertig verpackt, wie sie es sich gewünscht hatte. Es waren wundervolle große Pakete, 24 Stück an der Zahl, und ein jedes mit einer vielsprachigen Aufschrift. »Tee aus dem Garten der schlafenden Prinzessin« stand auch in deutscher Sprache darauf, »60 Pfund«. Betty hatte versucht, eines der Pakete anzuheben, und, ja, es mussten bestimmt 60 Pfund sein, sie ließen sich jedenfalls kaum bewegen. Und es drang nicht der Hauch eines Duftes durch die Verpackung. Die Schriftzeichen waren offenbar sowohl indisch als auch chinesisch, aber es gab auch eine englische Beschriftung und sogar eine holländische. Alle Pakete waren an den Kanten mit rotem Seidenband vernäht und alle mit unterschiedlichen Blütenmotiven bemalt. Fast sahen sie chinesisch aus, fand Betty, aber es gab auch eine Darstellung des Himalaya und eine der grünen Hügel von Darjeeling.
    Dayuns Gesicht war wie immer unbeweglich geblieben. »Mister Jocelyn hat angeordnet, dass der Tee nach chinesischer Art
in unterschiedliche Stoffe gepackt und dann lackiert wird. Ich hoffe, es ist Ihnen recht.« Er verneigte sich leicht. »Während Mister Jocelyns Abwesenheit sollen wir Ihnen jeden Wunsch erfüllen. Wenn Sie also einen Wunsch haben sollten, so sagen Sie es bitte!«
    »Nein, ich bin sehr glücklich.« Betty hatte sich mit einem Mal leicht und frei gefühlt. Die Pakete sahen wundervoll aus. Wie lauter Geschenke von Francis, und als solche waren sie ja wohl auch gedacht. Sie spürte, wie sie von einer Welle der Liebe zu ihm erfasst wurde. Das Silber würde sie Francis trotzdem dafür geben. Remburg hatte für seine Teelieferung bezahlen wollen und so sollte das nun auch geschehen. Nur so war letztlich ein Handel zustande gekommen, wie ihn auch Anton hätte ausführen sollen. Ob sie doch einmal eines der Pakete öffnen sollte, und sei es nur, um einmal den köstlichen Duft zu atmen? Nein, sie würde es nicht tun. Alle Pakete waren für Remburgs bestimmt, bis auf das eine, das Mister Tiliri zustand, und das andere für Frau von Mux. Würde sie, Betty, den Inhalt je zu Gesicht bekommen? Und diesen Tee je trinken können? War das der Preis für ihr neues Leben, dass sie ihren ersten eigenen Tee nicht einmal selbst probieren konnte? Im Tausch für Francis und das Leben hier wäre es

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