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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Das wäre dann der Tee, den ich für Asmussens kaufen würde«, fuhr Betty fort, »und auch Frau von Mux würde ein Kistchen bekommen. Und Mister Tiliri.«

    Francis schwieg einen Moment. »Wenn Sie wollen, können wir es gern versuchen«, sagte er dann. »Unsere Ernte ist üppig in diesem Jahr, ich denke, dass wir an die zweihundert Pfund auf einen Hektar bekommen, es sind genug Teeblätter für Ihren Versuch da.« Er beschleunigte nun seine Schritte und lenkte Betty wieder zum Ausgang des Gartens. »Warum fahren wir nicht einfach in die Faktorei! Die wollte ich Ihnen ohne hin zeigen, und wenn Sie wollen, können Sie Ihre Teesorte sofort ausprobieren. Mit etwas Glück haben wir morgen Abend 40 Kisten zu 60 Pfund für diesen Barbaren von Remburg beisammen, dann verschiffen wir die Kisten sofort und Sie können diese dunkle Zeit in Hamburg vergessen!« Er stockte. »Dann sind Sie ganz frei. Die Frage ist nur, wem man hier eine solche wertvolle Fracht anvertrauen kann. Ich möchte jedenfalls nicht, dass Sie den Tee auch noch selbst nach Europa bringen, wenn Sie ihn diesem Pfeffersack schon beschaffen.«
    Francis hatte das schwarze Pferd am Zügel genommen und Betty auf die Tonga hinaufgeholfen, nun führte er es den Weg hinunter und zurück nach Darjeeling. Betty saß auf dem kleinen Bänkchen der Kutsche, ließ sich die Sonne auf die Nase scheinen und fühlte sich so glücklich wie nie zuvor. Das Pferd trottete gemächlich den Weg entlang und schien genauso in Gedanken versunken zu sein wie sein Besitzer. »In wenigen Tagen verlässt die Mermaid II Kalkutta«, sagte Francis plötzlich. »Der Kapitän ist ein guter Freund von mir, ein Abenteurer, der es hasst, wenn sein Schiff voll beladen ist.« Francis lachte auf. »Das würde nämlich bedeuten, dass er einen Plan machen müsste, und das hasst er ebenfalls. Er segelt mit den besten chinesischen Seiden nach Calais, aber da er die Gerüche von Kolonialwaren fürchtet, die seine Stoffe verderben könnten, hat er, soweit ich weiß, fast nur Ballast an Bord genommen, Ulmenholz vor allem, weil das nicht fault und Schädlinge aller Art
fernhält. Das wäre auch für Ihren Tee ideal, er würde dann nicht mit fremden Düften angereichert. Der Kapitän schuldet mir noch einen Gefallen und würde die Lieferung bestimmt mitnehmen. Ab Frankreich könnte ein anderes Schiff die Fracht übernehmen.«
    Betty war Feuer und Flamme. »Wir müssen ihn aber besonders gut verpacken lassen. Das größte Problem beim Tee ist die schlechte Verpackung, das hat der alte Asmussen früher immer gesagt.« Wenn sie jetzt an das Teehandelshaus und an die Orte ihrer Kindheit dachte, so kamen sie ihr unwirklicher und ferner vor, als ihr damals Ostindien erschienen war. Fast war es, als hätte sie die Jahre ihrer Kindheit in der Silberschmiede nur geträumt. War es ein guter Traum gewesen? Betty wusste es nicht mehr. Zumindest hatte er nicht gut geendet.
    Sie hatten die Faktorei erreicht, ein großes hölzernes Gebäude, das oben auf einem Hügel lag und sich über mehrere hohe Stockwerke erstreckte. Die einzige Außentreppe führte steil zum dritten und obersten Stockwerk hinauf. Als sie näher kamen, sah Betty, dass ein stetiger Strom von Teepflückern die Treppen hinaufstieg. Wie Francis ihr sogleich erklärte, hing das mit der Verarbeitung des Tees zusammen. In der oberen Etage wurden die Teeblätter gewelkt, in der darunterliegenden zweiten gerollt und gesiebt, in der ersten Etage fermentiert und getrocknet und zuletzt im Parterre verpackt. Die Erholung und Kühle suchenden Engländer hatten über viele Jahre hinweg die Straße von Darjeeling nach Kalkutta einigermaßen gut ausgebaut, erklärte Francis. Nur deswegen hätte hier die Teeherstellung überhaupt eine Chance gehabt.
    Sie stiegen neben den Arbeiterinnen die Treppen hinauf, und Betty sah, wie freundlich sie Francis grüßten und wie viel Ehrerbietung er bei ihnen genoss. Der riesige flache Raum unter dem Dach hatte sich in der Morgenhitze bereits aufgeheizt.
Francis nahm an der Wiegestation einige der Teeblätter von einem großen flachen Sieb und hielt sie Betty ans Ohr. »Hören Sie, wie es raschelt. Es ist, als ob sie noch lebendig wären.« Er ging ein paar Schritte weiter zu einem Sieb, auf dem sich die Blätter bereits zusammengerollt hatten. »Diese sind bereits gewelkt, wie wir es nennen, und hören Sie nur, wie sie klingen!« Er nahm eine Handvoll gewelkter Blätter und hielt auch sie Betty ans Ohr. »Hören Sie etwas?«
    Betty

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