Die Teeprinzessin
Pferdekutschen.
»Dann fahren Sie diese Strecke wohl nur, um zu spionieren«, meldete sich nun Ambrose zu Wort.
Mister Teufel nickte. »Ganz recht, mein Sohn. Ein jeder hat seine Gründe für solch eine Reise.« Im Übrigen, so fuhr er fort, sei die Butterfield Overland Mail die beste Landverbindung, die es nur gäbe. Allein das System von mehr als zweihundert Stationen bis St. Louis sei schon ein Wunder. So könnten die Reisenden bis zu einhundertzwanzig Meilen an einem Tag reisen. »Während solch einer Strecke macht Butterfield spätestens alle fünfzehn Meilen eine Pause, und nach weniger als zehn Minuten geht es weiter, mit frischen Pferden und zwei Mal am Tag auch mit einem frischen Kutscher. Das ist nicht zu verachten!« Seine Bewunderung für die Betreiber der Postkutsche führte dazu, dass er sich in seinem Sitz mehr und mehr ausdehnte. Betty zog die Beine immer weiter zu ihrem Sitz hin, um ihn nicht zu berühren, und spürte dennoch die runden Knie ihres Gegenübers.
Mister Teufel schien das ebenfalls zu bemerken. »Meine Damen«, hob er an, »darf ich Sie nun mit einer Besonderheit der Postkutschen von Butterfield bekannt machen? Willkommen
in einem exklusiven Kreis von eingeweihten Reisenden. Wir alle wissen, dass diese Kutschen zu eng sind und dass wir es hier fünfundzwanzig Tage miteinander aushalten müssen, bis wir St. Louis erreichen. Was wir nun tun müssen, ist eine Sitte, über die man außerhalb der Kutschen grundsätzlich nicht spricht. Niemand von Ihnen wird sich später noch daran erinnern, es je getan zu haben. Es nennt sich Dovetailing oder auch Taubenschwänzeln!«
Mister Teufel machte eine wirkungsvolle Pause. Der Priester, der neben dem alten Herrn und gegenüber von Sikki saß, räusperte sich vorwurfsvoll. Der alte Herr neben ihm erwachte mit einem Schnarchlaut und starrte ihn an. Auch in der hinteren Reihe gab es Geraune. »Was ist das Dovetailing?«, wollte Ambrose wissen.
Mister Teufel sah in die Runde und wog den Kopf. »Es bedeutet, dass wir unsere Beine mit unserem Gegenüber verschränken müssen wie die Taubenschwänzchen. Ein Knie von der einen Seite, eines von der anderen.« Er machte eine Pause. »Glauben Sie mir, meine Damen, meine Herren, es ist nicht halb so anzüglich, wie Sie meinen, und es gibt keine andere Möglichkeit, die Reise in erträglicher Körperhaltung zu überstehen!«
»Wir können doch den Damen unsere hinteren Plätze überlassen!«, schlug nun der Herr in Schwarz hinter Betty vor.
»Das könnte Ihnen so passen!«, rief Mister Teufel. »Die Damen auf die gefürchteten Schaukelplätze zu verweisen, nur weil es Ihnen nicht gelungen ist, einen der ruhigeren Plätze zu ergattern. Das werde ich nicht zulassen!«
»Er hat recht!«, rief der Kutscher von seinem Kutschbock herunter. Betty war erstaunt, dass er das Gespräch mitverfolgte. »In der hinteren Reihe halten es die meisten Reisenden nur bis zur nächsten Station aus und müssen dann pausieren!«
»Also los, meine lieben Mitreisenden. Nur Mut!« Er quetschte sein dickes Knie zwischen Bettys Schenkel, während ihr aufgestelltes Bein so weit zwischen den Beinen von Mister Teufel stand, dass sie fast glaubte, sein weiches Gemächt spüren zu können. Mister Teufel musste sich schon wieder die Stirn abwischen. »Was meinen Sie, meine Damen, wollen wir die Ledervorhänge von den Fenstern abknöpfen, damit wir unser schönes Land sehen können, jedenfalls auf einer Seite des Wagens? Oder fürchten Sie die Sonne und den Staub?« Einige der Reisenden beeilten sich, das zu verneinen, andere hatte der wiegende Rhythmus der Kutsche offenbar bereits in Tiefschlaf versetzt.
Betty war froh, als endlich etwas Licht und Luft in den Wagen kam, zusammen mit einem Schwall von grauem Straßenstaub. Tatsächlich war ihre Sitzposition jetzt leidlich bequem, auch wenn der Gedanke, mehrere Wochen lang die Beine von Mister Teufel spüren zu müssen, ihr eine leichte Übelkeit verursachte. Sikki allerdings saß steif wie ein Fahnenstock zwischen den Knien des Priesters.
»Hoffentlich ist keiner der Herren pomadiert?«, fragte Mister Teufel nun in die Runde. »Sie müssen wissen, man pomadiert sich in den Kutschen nicht, damit der Staub nicht so sehr an einem haftet.« Er lachte schallend. »Und man spuckt nur nach der dem Wind abgewandten Seite der Kutsche aus dem Fenster, wussten Sie das?«
Ambrose schüttelte den Kopf, machte sich aber wieder eine Notiz.
»Was kritzeln Sie da eigentlich die ganze Zeit?«, fragte
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