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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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stickig und heiß, und sie verbrachte die meisten Tage grübelnd und unruhig. Manchmal ließ Mister Teufel einen seiner kernigen Aussprüche auf sie los, aber niemand hörte ihm mehr zu. Nur Ambrose zückte dann sein Notizbuch und kritzelte etwas hinein. Betty war sich nicht sicher, ob er das nur aus Langeweile tat oder weil ihm ein Satz so gut gefiel.
    Je weiter sie nach Osten kamen, desto mehr schien auch Mister Teufels Interesse an seinen Mitreisenden zu erlahmen. Einmal noch wollte er von Betty wissen, warum sie so traurig aussah und so bleich und ob sie vielleicht unglücklich verliebt sei. Einige der Reisenden hoben immerhin mit faulem Interesse ihre Köpfe, nachdem sie sonst die Tage mit auf die Brust gesunkenem Kinn verbrachten, aber Betty wollte keine Auskunft geben. Sie wusste selbst nicht einmal, ob sie unglücklich verliebt war. Tragisch würde wohl eher passen, denn niemand außer ihr selbst trug die Schuld an dieser Entwicklung.
    »Die Liebe ist ein Zustand des Wahnsinns, der nur durch eine Heirat geheilt werden kann«, rief Mister Teufel voller Begeisterung, und Ambrose stieß Betty seinen dünnen Ellenbogen in die Seite, nestelte sein Notizbuch hervor und schrieb den Satz nieder. Betty seufzte.
    Ambrose beugte sich ein wenig vor, um aus dem Fenster zu spähen. Es kam nicht oft vor, dass er etwas sagte. »Die Zeit vergeht
immer langsamer«, murmelte er. »Ich habe das Gefühl, dass das etwas mit Ihnen zu tun hat. Ich bin diese gleiche Strecke schon einmal in anderer Richtung gefahren, vor einigen Monaten. Damals verging die Zeit schneller!«
    Mister Teufel wackelte mit dem Kopf. »Interessant, junger Mann, sehr interessant. Und warum glauben Sie, dass diese junge Dame dafür verantwortlich ist?«
    Nun wurde er doch etwas unsicher und zuckte mit den Schultern. »Sie will eigentlich gar nicht fahren. Ich spüre das genau. Warum bleibt sie nicht in San Francisco, wenn sie nicht nach Osten will? Anstatt uns allen die Reise so beschwerlich zu machen?«
    »Nun halten Sie aber ein, junger Herr!« Mister Teufel streckte die Hand aus, so als ob er Bettys Arm tätscheln wollte, hielt aber vorher inne. »Machen Sie sich nichts daraus, junge Dame. Das ist ganz normal auf solchen Reisen. Die Menschen langweilen sich und dann werden sie seltsam. Wussten Sie übrigens, dass es auch übermäßig viele Duelle auf diesen Reisen gibt?« Er blickte begeistert in die Runde, aber die meisten hatten schon wieder das Kinn auf die Brust sinken lassen. »Aber wenn Sie meine Meinung dazu hören wollen - ich finde es dumm, wenn man sich aus Langeweile duelliert. Schließlich weiß man mittlerweile, dass die letzten Sekunden des Lebens am langsamsten vergehen.«
    »Ja, das haben wir auch alle schon einmal irgendwo gelesen oder gehört!« Ambrose äffte die Stimme Mister Teufels nach. »Das ganze Leben zieht noch mal an einem vorbei!«
    Mister Teufel lachte so laut, dass das weiche Fleisch an seinen Knien wackelte. Betty zuckte zurück, mochte sich aber nicht bewegen.
    »Falsch, junger Mann, völlig falsch«, rief Mister Teufel. »Sie wissen es nicht, weil Sie niemals in der Armee waren, daher sei
Ihnen Ihre jugendliche Dummheit verziehen. In den letzten Sekunden des Lebens zieht nicht das Ganze noch einmal an einem vorbei, von der Wiege bis zur Bahre. Nein, Sie sehen in dieser letzten Sekunde plötzlich Ihr Leben, wie es verliefe, wenn alles wieder gut würde.« Er lachte. »Stellen Sie sich nun einmal vor, Sie würden gehenkt. Dann hätten Sie in der letzten Sekunde den Eindruck, dass das Seil risse, dass Sie gerettet würden und entkommen könnten. Oder, anderes Beispiel, Sie sterben soeben an der Cholera. In der letzten Sekunde indes haben Sie den Eindruck, dass Sie plötzlich genesen. Sie stehen auf und gehen wieder Ihrer Arbeit nach. Aber dann! Krach! Dann fallen Sie plötzlich um und sind wirklich tot!« Mister Teufel rückte seine Beine etwas zurück. »Gute Geschichte, nicht wahr? Ich hab sie von einem General. Die Militärs wissen wahrhaftig über Leben und Tod Bescheid.«
    Der Pfarrer gähnte. Der alte Mann neben Mister Teufel schluckte im Schlaf. Ambrose hatte während der ganzen Zeit Notizen gemacht, nun aber steckte er sein Büchlein kommentarlos wieder ein und schloss die Augen. Sie hatten die Zeit der Höflichkeit hinter sich gelassen. Vor den linken Fenstern der Postkutsche schaukelten immer noch die Berge hin und her, rechts sahen sie die Küste des gewaltigen Ozeans und ab und an fuhren sie durch Dörfer, in

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