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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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einen Handkuss geben?«, höhnte der Mann. »Aber sehr gern, meine Dame. Oder sind die Augen so schlecht, dass sie nicht weiß, ob sie da wirklich meine Finger vor sich hat? Was sollte es sonst sein, wo es doch fünf an der Zahl sind?« Er lachte so sehr, dass auch seine Hand bebte. Die Menge kreischte und lachte mit ihm. Betty schloss die Augen. Sie roch alles, was der Mann in den vergangenen Tagen berührt hatte. Es würgte sie. Am durchdringendsten war das ranzige Fett der Würste. Ob es stark genug auf einer Münze haften würde? Bearbeitetes Silber wie auch Geld nahmen das Fett und seinen Geruch leicht an. Das war einer der Gründe, warum in der Werkstatt ihres Vaters die Polierarbeiten immer nur mit reinleinenen Handschuhen ausgeführt würden, obwohl man die Gegenstände damit nur schwer festhalten konnte und die Arbeit viel langsamer von der Hand ging.
    »Nun aber los!«, forderte der Mann und zog seinen Arm zurück. Er ergriff eine Goldmünze und hielt sie in die Höhe. Dann legte er sie unter einen der schwarzen Hüte. »Will die junge Dame nun wirklich die Augen schließen?«

    Betty nickte. Dann drehte sie sich zu der Menschenmenge um. Alle Zuschauer schwiegen gespannt. Viele von ihnen reckten die Hälse, um an Betty vorbeizusehen, unter welchen Hut die Münze gelegt wurde. Andere drängten sich - von Neugierde getrieben - einfach durch die Menge nach vorne durch. Betty legte die Hände vor ihr Gesicht. Jemand pfiff anerkennend.
    »Nun kann sich die junge Dame wieder umsehen!« Ganz wohl war dem Mann nicht mehr bei seinem Geschäft, das war deutlich. Betty senkte den Kopf und näherte sich mit dem Gesicht den Hüten. Am Geruch konnte sie es ganz klar erkennen. Die Münze lag unter dem mittleren Hut.
    »Na?«, forderte der Mann. »Möge sie nun einen Hut auswählen. Ich wünsche viel Glück!« Er lachte. »Oder will sie etwa lieber einen süßen Kuss haben? Dann weiß sie, was sie hat!« Die versammelten Männer johlten auf.
    »Es ist der rechte Hut«, zischten einige der Frauen. »Nimm den rechten Hut! Wir haben es alle gesehen!«
    »Ich denke aber, dass die Münze unter dem mittleren Hut ist!«, rief Betty.
    »Mach keine Dummheiten!«, zischte eine ältere Frau. »Nimm den rechten Hut!«
    »Und beeil dich, da hinten kommt der Marktaufseher!«
    »Leider bin ich selbst ja etwas schwerhörig!«, rief der Mann. »Ihr werdet der jungen Dame doch nicht etwa helfen?«
    »Es ist der rechte!«, raunte nun auch Didi. »Bitte, Betty, du hast gleich alles gewonnen!« Seine Stimme zitterte.
    »Nein, es ist der mittlere Hut!«, rief Betty, streckte mit einer blitzschnellen Bewegung die Hand aus, riss den Hut hoch und hielt einen Augenblick später die Münze triumphierend in die Höhe. Dann langte sie nach dem Beutel mit den Geldmünzen, schnellte herum und rannte den Markt hinunter.

    »Stehen bleiben!«, rief der Mann. »Das ist Betrug!«
    » Du bist der Betrüger«, riefen die Leute. »Das Mädchen hat das Geld gerecht gewonnen! Sie hat geraten, wo das Geldstück lag!« Sie schlossen den Kreis um den Mann immer enger, sodass er ihr nicht folgen konnte. Der Marktaufseher schwang einen Stock.
    Betty hätte viel schneller laufen können, wenn nicht Didi an ihrer Seite so geschnauft hätte. »Schnell«, rief Betty und zog Didi hinter einen Mauervorsprung. »Wir müssen uns trennen. Nimm du das Geld und lauf nach Hause. Und viel Glück!«
    Didi nahm den Beutel entgegen und grinste ihr ins Ge sicht. »Und nimm du deine Spange zurück!«, sagte er und drückte ihr einen kleinen Gegenstand in die Hand. »Die habe ich schnell genommen, als der Schausteller anfing, herumzubrüllen! Und das Glück sei immer mit dir!«
    Viel Zeit hatte sie nicht zu verlieren.
    »Dahin!«, keuchte Didi und wies mit dem Kopf in eine bestimmte Richtung. »Da kommst du dann zur Alster!«
    Sie nickte atemlos. »Dir auch viel Glück!«, antwortete Betty und strich dem kleinen Jungen ein letztes Mal über die Wange. Dann rannte sie los, so schnell sie konnte. Auch wenn der Mob den Schausteller noch festhalten sollte, ein weiteres Mal wollte sie ihm gewiss nicht begegnen.
    Als sie sich noch einmal umsah, stand Didi immer noch da und winkte ihr aus Leibeskräften zu. Betty spürte, wie ihr die Tränen über das Gesicht liefen. Sie war sich sicher, dass sie den kleinen Jungen niemals wiedersehen würde.

4
    Auf den Alsterwiesen wurde an einem Sonntag wie diesem spaziert, flaniert und vor allem gespielt. Die milchige Luft flirrte über dem Wasser, am

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