Die Teerose
bringen ihn sofort von hier weg!« schrie Mrs. Mackie. »Es ist widerlich! Eine Schande! Jemanden wie ihn will ich nicht länger unter meinem Dach haben!«
Fiona saß auf Nicks Sofa. »Mrs. Mackie«, erwiderte sie und versuchte, ihre Stimme ruhig und ihren Zorn unter Kontrolle zu halten. »Ich glaube nicht, daß er im Moment transportfähig ist.«
»Entweder Sie schaffen ihn raus, oder ich mache das. Ich werf seine Sachen auf die Straße!«
Fiona holte tief Luft und überlegte verzweifelt, was sie mit ihrem kranken Freund, seiner Wohnung und seiner Habe anstellen sollte. Sie wollte ihn nicht transportieren, dafür ging es ihm zu schlecht, aber sie hatte keine Wahl. Mrs. Mackie hatte vom Nebenzimmer aus alles belauscht, was sie und der Arzt besprochen hatten.
Fiona beobachtete die Frau, die weitertobte. Unbändiger Zorn stieg in ihr auf. Diese Frau war hier hereingekommen, um die Miete zu holen. Sie hatte gesehen, in welchem Zustand sich Nick befand, und war dennoch in ihre Wohnung zurückgegangen und hatte ihn hier liegenlassen – in seinem eigenen Urin, vor Kälte zitternd. Nicht einmal ein Glas Wasser hatte sie ihm gegeben. Und jetzt warf sie ihn raus. Fiona spürte, wie sich ihre Hände zu Fäusten ballten. In diesem Moment hätte sie nichts lieber getan, als Mrs. Mackie einen Schlag in ihr selbstgefälliges Gesicht zu versetzen. Aber sie brauchte ihre Hilfe.
»Hören Sie, Mrs. Mackie«, sagte sie schließlich. »Ich nehme Mr. Soames jetzt gleich mit, aber bitte erlauben Sie mir, seine Sachen die nächsten zwei Wochen hierzulassen. Wir bezahlen Ihnen eine Extramonatsmiete für die Umstände.«
Mrs. Mackie schürzte die Lippen und überlegte. »Und ich behalte außerdem die Kaution«, erwiderte sie nach einer Weile. »Die ganze.«
Erleichtert willigte Fiona ein. Nicks Gemälde, die irrtümlich nach Johannesburg statt nach New York geschickt worden waren, waren inzwischen eingetroffen und standen, in Kisten verpackt, unten. Sie durfte nicht zulassen, daß diese Megäre sie auf die Straße warf. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sie unterbringen würde, aber darum würde sie sich später kümmern. Im Moment galt ihre ganze Sorge Nick.
Als sie wieder in sein Schlafzimmer zurückging, saß er, gegen die Kissen gelehnt, im Bett. Seine Augen waren geschlossen, aber sein Atem hörte sich regelmäßiger an, und seine Haut wirkte nicht mehr ganz so wächsern. Trotzdem sah er immer noch entsetzlich zerbrechlich aus, und sie fragte sich, wie sie ihn anziehen und in eine Droschke verfrachten sollte.
»Er hat’s dir gesagt«, stieß er hervor.
»Ja.«
Er wandte das Gesicht ab. »Ich nehme an, daß du jetzt gehst. Was ich vollkommen verstehe.«
Seine Worte brachten bei ihr das Faß zum Überlaufen – aus Wut über Mrs. Mackie, über Dr. Eckhardt und seine beiläufige Art, über Nicks Krankheit zu sprechen, aus Wut über Nick, der sich so herunterkommen lassen hatte. »Du dummer, dummer Mensch!« schrie sie. »Glaubst du das wirklich? Glaubst du, ich verlasse dich, bloß weil du krank bist? Hab ich deswegen einen Gott, an den ich noch nicht mal glaube, angefleht, dich zu retten? Um dich einfach im Stich zu lassen?«
Nicholas erwiderte nichts.
»Antworte mir, Nick! Warum hast du mich angelogen?«
»Das mußte ich.«
»Doch nicht mich!«
»Ich … ich dachte, ich würde dich verlieren, Fiona. Um Himmels willen, ich hab Syphilis!«
»Und wenn’s die Pest wär. Du lügst mich nicht noch einmal an! Ich wußte, daß etwas nicht stimmt mit dir, aber du hast gesagt, es wär nichts! Du hättest sterben können!«
»Bitte, sei nicht so böse auf mich«, sagte er ruhig.
Fiona bemerkte, daß sie einen todkranken Mann anschrie. Sie ging auf die andere Seite des Betts, damit sie sein Gesicht sehen konnte. »Ich bin nicht böse auf dich. Aber jetzt keine Schwindeleien mehr, in Ordnung? Wir stehen das gemeinsam durch. Du kommst mit mir nach Hause und wirst wieder gesund.«
Nick schüttelte den Kopf. »Ich will dir nicht zur Last fallen.«
»Du bist keine Last«, antwortete sie und setzte sich auf sein Bett. »Du kannst in meinem Zimmer schlafen. Mary und ich wechseln uns bei der Pflege ab und …«
»Fiona, ich muß dir etwas sagen. Es gibt Dinge, die du nicht über mich weißt. Ich habe diese Krankheit von … keiner Frau.«
Sie nickte, aber Nick ließ nicht locker und versuchte, ihr umständlich seine sexuellen Neigungen zu erklären, bis sie ihn unterbrach.
»Nicholas … ich weiß. Ich hab das Foto gesehen. Es
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