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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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soll dort wohnen. Ständig. Er will nicht mehr, daß ich arbeite, weil Frauen meines … zukünftigen Standes das nicht tun. Das sei ganz unmöglich. Das würde ihn in ein schlechtes Licht rücken, und das lasse er nicht zu.«
    Nick nickte. Jetzt wurde ihm alles klar. Was Will an Fiona ursprünglich so anziehend gefunden hatte – ihren Ehrgeiz, ihren Arbeitseifer –, wäre bei der künftigen Ehefrau nicht mehr genehm. Seine Frau sollte sich nur um ihn kümmern, keine eigenen Interessen verfolgen, sondern sich nur um sein Heim und seine Kinder kümmern.
    »Ich wußte, daß das passieren würde«, sagte er. »Ich hatte das Gegenteil gehofft, aber mir etwas vorgemacht. Ich wußte es im gleichen Moment, als du mir gesagt hast, daß du verlobt seist.«
    »Es ist doch bloß eine Teestube, Nick«, sagte sie mit einem flehenden Unterton in der Stimme. »Und ein kleiner Laden in Chelsea. Was ist das schon, verglichen mit Wills Unternehmen? Doch gar nichts.«
    »Jetzt mach aber mal einen Punkt! Das ist doch Blödsinn, und das weißt du auch. Das Tea Rose … TasTea … sind doch nicht nichts. Sie sind ein Teil von dir. Du hast sie geschaffen.«
    »Er tut das nicht aus Bosheit, Nick. Er will einfach nicht mehr, daß ich so schwer arbeite. Er will für mich sorgen, sich um mich kümmern.«
    »Aber das war dein Traum , Fiona. Den Beruf deines Onkels zu erlernen. Eines Tages einen eigenen Laden zu haben. Erinnerst du dich? Erinnerst du dich, wie wir auf dem Schiff darüber geredet haben? Wie kannst du deinen Traum so einfach aufgeben?«
    »Du magst Will nicht. Deshalb redest du so.«
    »Natürlich mag ich Will. Er ist ein ganz reizender Mann. Aber eben ein typischer Mann. Alles, was er an dir anziehend gefunden hat – deinen Schwung, deine Begeisterung –, will er unterdrücken. Und das wird er auch tun. Damit hat er schon angefangen. Das ist nicht mehr die Fiona, die ich kenne. Alles aufzugeben, wofür sie gearbeitet hat, was sie geliebt hat, bloß weil einer ihr das befiehlt. Nein, ganz und gar nicht mehr.«
    »Ich weiß nicht, warum du so gemein zu mir bist«, erwiderte sie bedrückt.
    »Und ich weiß nicht, warum du nicht ehrlich bist. Als ich krank war, mußte ich dir versprechen, immer ehrlich zu sein. Und jetzt lügst du mich an.«
    »Dich anlügen?« schrie sie. »Nick, das tue ich nicht. Das würde ich nie tun.«
    »Doch, das tust du!« schrie er zurück, worauf sie zusammenzuckte. »Sowohl dich als auch mich.«
    Er ging zum Fenster und sah auf die Straße hinab. Er war wütend. Ihm war sehr wohl bewußt, wie es sich anfühlte, tun zu müssen, was andere wollten, statt seinem eigenen Willen zu folgen. Er erinnerte sich an Paris, an das Gefühl, die Arbeit eines neuen Malers zu sehen – die Leidenschaft, die Aufregung. Und wie es sich anfühlte, nach seiner Rückkehr nach London an seinem ersten Projekt zu arbeiten – dem Börsengang einer Druckerei. Woche um Woche verbrachte er in den Büros der Albion-Bank, ging Akten durch, las endlose Zahlenkolonnen, schätzte Vermögen, Einkünfte und Verpflichtungen … und hatte das Gefühl, langsam erstickt zu werden.
    Glaubte sie wirklich, das würde reichen? Eine Ehe, ein schönes Haus, Sicherheit? Es würde genügen, um sie dafür zu entschädigen, was sie aufgab? Wohl kaum. Vielleicht für eine andere Frau, aber nicht für Fiona. Er kannte sie. Er wußte, daß sie Liebe brauchte – tiefe, echte Zuneigung. Aber die empfand sie nicht. Ganz egal, was sie behauptete, er wußte, daß sie nicht wirklich verliebt war. Er wartete, bis sie sich etwas beruhigt hatte, dann zog er einen Sessel heran und setzte sich. Ihre Knie berührten sich.
    »Möchtest du wissen, was ich glaube?« fragte er.
    Sie hob den Blick. »Hab ich eine Wahl?«
    »Ich glaube, du liebst Will überhaupt nicht. Du hast es dir bloß eingeredet, weil du Angst hast, du könntest dich nie mehr verlieben, nie mehr jemanden so lieben, wie du Joe geliebt hast. Also wirfst du dich dem ersten Mann an den Hals, der sich in dich verknallt. Sicher, du magst ihn sehr, welche Frau würde das nicht? Er sieht gut aus, hat eine glänzende Stellung und all das, aber du liebst ihn nicht. Nicht wirklich.«
    Fiona schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, was du da sagst. Du bist doch derjenige, der behauptet hat, ich würde Joe vergessen. Mich wieder verlieben.«
    »Das sage ich immer noch. Ich glaube bloß nicht, daß es geschehen ist.«
    »Ach, wirklich? Du hast doch überhaupt keine Ahnung«, sagte sie abwehrend. »Du

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