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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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mit Soames passiert.«
    Burdick beugte sich vor.
    »Sie müssen auf der Hut sein, wenn Sie nach Washington wollen, Mr. McClane, oder die Leute dort werden Ihnen bei lebendigem Leib das Fell über die Ohren ziehen. Ein Sturm würde losbrechen. Wir werden uns der Hilfe Ihres guten Freunds, des Richters, bedienen.«
    Plötzlich begriff Will junior. »Eames«, sagte er.
    Burdick nickte. »Genau der. Setzen Sie sich, Mr. McClane. Beruhigen Sie sich. Wir gehen so vor …«

   51   
    J oe kniff die Augen zusammen vor dem hellen morgendlichen Sonnenlicht in New York. Er stellte seine Leinentasche ab.
      »Mensch, Brendan, wir haben’s geschafft! Als dieser Doktor mit seiner Schnüffelei anfing, hab ich gedacht, wir wären geliefert«, sagte er lachend. »Du hättest sehen sollen, wie er in dein Ohr geschielt hat. Wahrscheinlich geblendet von dem Licht, das er dort gesehen hat.«
    »Ja, wirklich sehr komisch, du englisches Großmaul. Ich hab gesehen, wie er deine Unterhosen angeguckt und geschielt hat. Apropos Großmaul, wo ist Alfie? Und Fred? Sind sie durchgekommen?«
    Joe und Brendan sahen sich besorgt nach ihren Kabinengenossen Alphonse und Frederico Ferrara um, mit denen sie im Zwischendeck von Southampton nach New York gefahren waren. Joe entdeckte die beiden – zwei schwarzhaarige junge Männer mit Mandelaugen –, die sich durch die Menge der Aussteigenden drängten. »Das sind sie«, sagte er und winkte ihnen zu, erleichtert, daß auch sie die Einwanderungsformalitäten in Castle Garden überstanden hatten. »Sieh dir bloß all die Leute an«, fügte er hinzu. »Die Droschken kommen nicht mal mehr durch. Wahrscheinlich gehen wir lieber zu Fuß. Hast du eine Ahnung, wo wir hin müssen?«
    »Jedenfalls nach Norden. Und nach Osten, glaub ich«, antwortete Brendan. »Wir müssen halt jemand fragen.«
    Joe und Brendan hatten beschlossen, gemeinsam ein Zimmer zu nehmen. Brendan, ein großer, gutmütig-derber Ire von einundzwanzig Jahren, stammte von einer Farm bei Connemara und wollte hier sein Glück machen. Er hatte vor, in New York als Bauarbeiter zu arbeiten, bis er genug Geld hatte, um weiter in den Westen zu ziehen und in Kalifornien nach Gold zu schürfen. Er hatte gehört, daß es in der Bowery billige Unterkünfte gab. Während der Überfahrt hatte sich Joe mit ihm angefreundet. Er hatte ihm von Fiona erzählt und wie sehr er hoffte, sie zu finden.
    Alfie und Fred, die aus einem armen sizilianischen Dorf nach London ausgewandert waren, wo sie für einen Cousin gearbeitet hatten, der mit Eiscreme handelte, bis sie genug Geld gespart hatten, um die Überfahrt nach New York zu bezahlen, wollten zu ihrer Familie ziehen, die im Haus eines Onkels in der Mulberry Street wohnte. Joe tat es leid, sich von den Ferraras zu verabschieden. Sie hatten viel Spaß zusammen gehabt beim Kartenspielen, Biertrinken und Tanzen auf den improvisierten Partys im Zwischendeck. Sie hatten sich gegenseitig italienische oder englische Sätze beigebracht, Brendan wegen seines hinterwäldlerischen Dialekts geneckt und in ihren Kojen bis spät in die Nacht gescherzt und geredet.
    »In welche Richtung geht ihr?« fragte Alfie, als er und sein Bruder bei Joe und Brendan ankamen.
    »Wir sind uns nicht sicher«, begann Brendan. »Wir gehen in Richtung …« Er wurde von einem markerschütternden Schrei unterbrochen und sprang, Joe mit sich ziehend, erschrocken zurück, als eine schwarzhaarige Frau auf sie zugeeilt kam.
    » I miei bambini, i miei bambini!« rief sie, warf sich auf Alfie und Fred und überschüttete sie mit Küssen. » O Dio mio, grazie, grazie!«
    In ihrem Schlepptau befanden sich ein Dutzend Kinder und eine verhutzelte alte Frau, die ihren Rosenkranz küßte. Ein paar jüngere Frauen, einige mit Babys auf dem Arm, scharten sich um sie. In einiger Entfernung von dem Gedränge stand ein halbes Dutzend alter und jüngerer Männer, die sich anlachten und auf die Schulter klopften.
    »Mein Gott, was für ein Radau«, sagte Brendan zu Joe. »Wenn sie sich so aufführen, wenn sie sich freuen, möchte ich nicht wissen, was sie anstellen, wenn einer gestorben ist.«
    Joe lachte und sah zu, wie Alfie und Fred die schluchzende Frau umarmten. Dann gingen sie zu der alten Frau hinüber, die nacheinander ihre Gesichter in ihre knorrigen Hände nahm und sie küßte. Dann wurden sie heftig von allen anderen Anwesenden umarmt, bevor die Vorstellerei begann. »Meine Mutter will, daß ihr mitkommt. In unser Haus. Zum Essen«, wandte sich

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