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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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herzukommen, weil ich dir erzählen wollte, was passiert ist. Vor ein paar Tagen wurden ein Mann namens Quinn und seine Freundin Janey Symms ermordet.«
    Fiona nickte, ohne zu wissen, was Quinns Ermordung mit dem Tod ihres Vaters zu tun hatte.
    »Es war Bowler Sheehan. Ein anderer Krimineller namens Sid Malone hat ihn mir geliefert. Aus persönlichen Beweggründen.«
    »Malone?« fragte Fiona. »Der gleiche Malone, der mich einmal in eine Gasse gezerrt hat?«
    »Das würde mich nicht wundern, aber ich weiß es nicht genau. Hab den Typen seit zehn Jahren nicht mehr gesehen.« Roddy erklärte, wie Malones Männer Reg und Stan zum Revier gebracht und wie seine eigenen Leute Sheehan im Haus seiner Schwester in Stepney aufgestöbert hatten. »Ich sagte ihm, daß ich ihn wegen der Tat an Quinn festnehme«, fuhr Roddy fort, »aber ich hab ihm versprochen, mich vor Gericht für ihn einzusetzen, wenn er den Mord an deinem Vater gestehen … und William Burton verpfeifen würde.«
    Fiona setzte laut klappernd ihre Tasse ab und sah ihn mit aufgerissenen Augen an. »Und hat er’s getan?«
    »Ja.«
    Sprachlos von der plötzlichen Wendung der Ereignisse, lehnte sie sich zurück. Als ihr klar wurde, was dies bedeutete, dämmerte ihr, daß sie keine sechs Monate auf Nicks Aktien warten müßte. Sie brauchte sie nicht mehr. Sheehans Geständnis würde beide, ihn selbst und Burton, an den Galgen bringen. »Du kannst Burton jetzt festnehmen, richtig? Du kannst ihn ins Gefängnis stecken, anklagen und verurteilen lassen?«
    Roddy zögerte. »Das hoffe ich zumindest.«
    »Warum nicht? Du hast doch Sheehans Geständnis.«
    »Ich hab bloß das Wort eines bekannten Kriminellen, das gegen das eines respektierten Handelsherrn steht. Es gab keine Augenzeugen für den Mord an deinem Vater. Keinen Beweis, daß Sheehan die Wahrheit sagt. Ich hab mein Bestes getan, und mit ein bißchen Glück wird’s reichen. Ein paar meiner Leute sind in Burtons Büro, um ihn mit Sheehans Geständnis zu konfrontieren und ihn offiziell zu vernehmen. Vielleicht geschieht ein Wunder. Vielleicht gesteht er. So was ist schon passiert. Vielleicht will er sein Gewissen erleichtern.« Er legte seine Hand auf die ihre. »Du mußt jetzt fest daran glauben.«
    Fiona nickte betrübt. William Burton gehörte wohl kaum zu dieser Sorte, und Glauben war nicht ihre starke Seite. Sie war so nahe dran, den Tod ihres Vaters zu rächen. Roddy hatte so viel getan. Er hatte das Puzzle fast zusammengesetzt. Sie brauchte jetzt nur noch einen anderen Hebel, irgendeine Möglichkeit, Burton in die Falle zu locken und zum Geständnis zu zwingen. Aber welchen?
    Das Frühstück kam. Sie stocherte darin herum. Alles ist gut, sagte sie sich, Roddy hat Sheehan. Er kommt für seine Tat an den Galgen. Und wenn Burton nicht gesteht, dann tritt der ursprüngliche Plan wieder in Kraft – Neville bekommt die Aktien, und die verwende ich gegen Burton. Sie trank einen Schluck Tee und versuchte, ihre Enttäuschung zu unterdrücken. Ihr Blick fiel auf Roddys Zeitung, den Clarion. MORD IN WHITECHAPEL! lautete die Schlagzeile. FRAU IN GASSE ERSTOCHEN. Darunter ein Bericht über eine Schlägerei. FÜNFUNDFÜNFZIG VERLETZTE BEI RAUFEREI IN PUB. Bei solchen Schlagzeilen kamen einem die New Yorker Zeitungen geradezu harmlos vor, dachte sie. Sie las noch einmal. Ein Wort sprang ihr besonders in die Augen.
    Skandal.
    Es war ein Wort, das ihr vertraut war. Sie hatte Nick geheiratet, um einen zu vermeiden. Und im Lauf der nächsten sechs Monate könnte sie ihr Teegeschäft verlieren, wenn ihr Schwiegervater seine Drohung wahr machte und einen Skandal verursachte.
    Skandal.
    Ob gerufen oder geflüstert, es war ein mächtiges Wort. Einschüchternd. Angstauslösend sogar. Ehen wurden durch Skandale ruiniert. Geschäfte, Reputation, Leben. Die bloße Androhung konnte verheerend sein. Leute taten alles, um dies abzuwenden. Wenn man jemandem mit einem Skandal drohte, hatte man Macht über ihn. Einfluß. Kontrolle.
    Sie schob ihren Teller weg. »Wir brauchen kein Wunder, Onkel Roddy«, sagte sie ruhig.
    »Nein?«
    »Nein. Wir brauchen nur einen Freund bei einer Zeitung. Egal, wo. Wie gut kennst du diesen Devlin?«
    »Sehr gut. Wir haben uns im Lauf der Jahre oft einen Gefallen getan.«
    Sie öffnete ihre Tasche, legte ein paar Münzen auf den Tisch und stand auf. »Gehen wir zu ihm.«
    »Warum?«
    »Um rauszufinden, ob er uns helfen kann, einen Skandal zu provozieren. Wir mögen vielleicht nicht in der Lage sein, Burton

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