Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
Vom Netzwerk:
ermordet wurde.«
    »Hör zu, Bowler, ich mach dir einen Vorschlag. Wir beide wissen, daß du’s getan hast. Die Aussagen von Reg und Stan erhärten das. Und wenn nötig, krieg ich noch mehr Zeugen. Potter, der Barmann, hat dich sicher gesehen, genauso wie ein halbes Dutzend von Quinns Mädchen.«
    Bowler lächelte. »Das würden sie nicht wagen.«
    »Nicht, wenn sie dächten, du kommst wieder raus«, gab Roddy zu. »Aber wenn ich ihnen versichere, daß das nicht der Fall sein wird, bist du erledigt. Wie ich höre, hat Ronnie Black, der den Gin-Laden auf der Lamb Street betreibt, gerade Billard gespielt, als du gekommen bist. Ich schätze mal, daß er’s dir nach all den Jahren gern heimzahlen würde. Ich wette, daß er einen ziemlichen Haß auf dich schiebt und wie ein Vögelchen singen wird. Genauso wie jeder in der Kneipe. Sie wären froh, dich loszusein.«
    Bowler holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus. »Was wollen Sie?«
    »Die Wahrheit. Über Quinn. Und über Paddy Finnegan. Ich möchte wissen, wie der Mord an Finnegan durchgeführt wurde. Wie William Burton dich dazu gebracht hat.«
    Bowler nickte. »Genauso ist’s gewesen. Er hat mich dazu angestiftet!«
    »Das dachte ich mir«, sagte Roddy ermunternd. »Burton ist derjenige, auf den ich’s in Wirklichkeit abgesehen habe.«
    Bowler beugte sich interessiert vor. »Und wenn ich das tu, was ist dann für mich drin?«
    Eine Einladung zur Henkersmahlzeit, dachte Roddy. »Ich setz mich für dich ein, Bowler«, sagte er. »Ich sorg dafür, daß der Richter erfährt, wie du mir geholfen hast, und tu mein Bestes, daß du ein mildes Urteil kriegst. Du gehst ins Gefängnis statt an den Galgen und bekommst Straferlaß wegen guter Führung. In zehn, fünfzehn Jahren bist du wieder ein freier Mann.« Er hielt inne und fügte dann hinzu. »Aber wenn du ablehnst, beruf ich mich auf jeden Gefallen, den ich jemandem getan hab, auf jede Schuld, die einer bei mir offen hat, um sicherzugehen, daß du wegen Quinn gehenkt wirst.«
    Bowler saugte an den Zähnen und dachte nach. »In Ordnung«, sagte er schließlich. »Ich weiß, wann ich verloren hab. Aber wenn ich untergeh, dann auch Burton. Gibt’s Papier und Feder in diesem Rattenloch? Bringen wir’s hinter uns.«

   76   
    I n einem strengen grauen Kostüm eilte Fiona an der Christ Church vorbei die Commercial Street hinunter und betrat ein schäbiges Pub namens The Bells. Es war ein bedeckter Morgen, kurz vor sechs. Ein paar knorrige Arbeiter saßen an der Bar und spülten Fleischpasteten oder harte Eier mit Tee hinunter.
    »Fiona! Hier rüber.«
    Es war Roddy. Er saß an einem Tisch in der Nische. Gestern abend hatte er ihr eine Nachricht geschickt, ihn hier zu treffen. Er habe Informationen über den Tod ihres Vaters. Und ihren Plan betreffend. Vor ihm standen eine Kanne Tee und die Überreste eines Frühstücks. Sie bemerkte, daß er unrasiert war und trübe Augen hatte. »Du siehst aus, als hättest du nicht geschlafen. Was ist passiert?« fragte sie, als sie sich setzte.
    »Die Frage ist eher, was nicht passiert ist«, erwiderte er matt. »Bin heute morgen um zwei rausgerufen worden.« Er sah sich im Raum um und senkte die Stimme. »In der Fournier Street wurde eine Leiche gefunden. Eine Prostituierte. Mit durchschnittener Kehle. Ein Mann hat sie schreien hören und wollte ihr helfen, hat sie aber nur noch tot aufgefunden.«
    »Du machst Scherze.«
    »Ich wünschte, es wäre so.«
    »Hört sich nach dem Ripper an.«
    Roddy rieb sich das Gesicht. »Ja, das stimmt. Und die Zeitungen stürzen sich darauf. Überall am Tatort sind Reporter rumgeschwirrt, um Informationen zu kriegen. Wir haben den Befehl, nichts rauszugeben, aber das ist ihnen egal. Was sie nicht rausfinden, erfinden sie. Der verdammte Bob Devlin, der Herausgeber des Clarion, hat bis zum Abend das ganze East End in helle Panik versetzt. Wir haben Verstärkung aus Limehouse, Wapping und Bow angefordert, falls es Schwierigkeiten gibt. Aber das sind ja nicht deine Sorgen, Mädchen.« Er hielt inne, als die Bedienung frischen Tee brachte und Fiona fragte, was sie essen wolle.
    »Nichts, danke«, sagte sie.
    »Um diese Tageszeit ist die Nische nur für speisende Gäste«, erwiderte die Frau mürrisch.
    »Gut. Dann bringen Sie mir ein warmes Frühstück.«
    »Möchten Sie Kartoffeln oder Tomaten …«
    »Alles, ich nehme alles«, antwortete Fiona, um die Frau loszuwerden. Sie goß sich Tee ein, während Roddy fortfuhr.
    »Ich hab dich gebeten

Weitere Kostenlose Bücher