Die Teerose
aber sie spürte Hoffnung aufkeimen, die ihr Zuversicht gab.
»Was hat das mit mir zu tun?« fragte er schließlich.
»Nicholas hat Sie vieles genannt, Sir, aber nie einen Dummkopf. Sie wissen so gut wie ich, daß man Mörder nicht lange frei herumlaufen läßt. William Burton wird verhaftet, verurteilt und gehenkt werden. Sein Geschäft wird ruiniert sein. Ich habe den Chefredakteuren aller Londoner Zeitungen Exemplare des Clarion zukommen lassen. Morgen wird die Geschichte in der ganzen Stadt herum sein. Auch an Burtons andere Großaktionäre wurden Ausgaben verschickt. Ich nehme an, sie werden entsetzt sein, in eine Firma investiert zu haben, die einem Mörder gehört. Morgen früh werden alle ihre Aktien loswerden wollen.«
»Vielleicht«, antwortete er. »Was wollen Sie von mir?«
»Nicks Aktien von Burton Tea.«
»Und wenn ich mich weigere?«
»Dann werde ich alles tun, um Burton zu ruinieren. Ich besitze zweiundzwanzig Prozent der Firma – ohne Nicks Aktien –, und ich versichere Ihnen, ich schlag sie schneller los, als Sie es sich versehen. Bis zum Mittag wird der Markt mit Burton-Aktien überschwemmt sein. Sie werden das Papier nicht mehr wert sein, auf das sie gedruckt sind. Das wäre das Ende der Firma. Und die Albion-Bank würde die dreihunderttausend Pfund verlieren, die sie investiert hat.«
Der Herzog nahm eine Zigarette aus der Silberschachtel auf dem Schreibtisch, klopfte sie auf und zündete sie an. Er nahm einen langen Zug, stieß den Rauch aus und sagte: »Das glaube ich nicht. Die Polizei wird William befragen. Er wird natürlich jede Beteiligung abstreiten, und in ein paar Tagen ist der ganze Spuk vorbei. Es wird weder aufgebrachte Investoren noch Panikverkäufe geben.«
»Ich werde die Panik auslösen, sobald die Börse öffnet.«
»Wozu? Aus der Tatsache, daß Sie zweiundzwanzig Prozent besitzen und wild entschlossen sind, die Aktien meines verstorbenen Sohnes in die Finger zu kriegen, schließe ich nur eines: Sie wollen Burton Tea übernehmen. Wie wollen Sie das bewerkstelligen, wenn Sie alle Ihre Papiere verkaufen?«
»Das will ich gar nicht. Aber ich will die Firma ruinieren. Diese Befriedigung möchte ich zumindest haben.«
Elgin dachte darüber nach. »Schon möglich, aber dafür gibt es keine Garantie. Jemand könnte einen großen Teil Ihrer Aktien aufkaufen, den Kurs stabilisieren und die Firma retten. Derlei habe ich schon erlebt.«
Fiona schluckte. Sie geriet ins Hintertreffen. Jetzt spielte sie ihren Trumpf aus. »Das hier ist ein Bankwechsel über dreihunderttausend Pfund«, sagte sie und zog ein Schriftstück aus der Tasche, das sie auf den Tisch legte. »Die Gesamtsumme des Darlehens der Albion-Bank an Burton Tea. Sobald Sie mir Nicks Aktien geben, gehört er Ihnen.«
Elgin zog die Augenbrauen hoch. »Sie sind bereit, das gesamte Darlehen zurückzuzahlen?«
»Richtig. Ich komme morgen früh um acht zur Albion-Bank. Dann können wir den Handel abschließen – die Burton-Aktien gegen mein Geld. Nicholas hatte noch weitere Aktien in diesem Depot. Sie sind eine ganze Menge wert. Die können Sie behalten. Alle. Ich will nur die Burton-Aktien.« Sie hielt inne, um die Wirkung ihres Angebots abzuwarten. »Was ist, wenn Sie sich täuschen? Wenn ich recht behalte? Wenn Burton tatsächlich bankrott geht? Es gibt Leute auf dieser Welt, die Moral und Gerechtigkeit über den Profit stellen.«
»Gibt’s die? Mir ist keiner bekannt. Hübsch gesagt, meine Liebe, aber glauben Sie mir, Investoren kümmern sich mehr um ihren Geldbeutel als um einen vor langem verstorbenen Dockarbeiter.« Er drückte seine Zigarette aus. »Ich habe unsere kleine Unterhaltung sehr genossen – normalerweise bieten mir meine Abende keine so dramatischen Interludien –, aber jetzt muß ich zu meiner Gesellschaft zurück.«
Fiona hatte das Gefühl, als rückten die Wände näher. Plötzlich bekam sie kaum mehr Luft.
Der Herzog kam auf sie zu und stellte sich so nahe neben sie, daß sie den Wein und das Essen riechen konnte, das er zu sich genommen hatte. Er sah sie eindringlich an, dann sagte er: »Sagen Sie mir, Miss Finnegan, sind Sie noch Jungfrau?«
Sie brauchte ein paar Sekunden, bevor sie die Frage tatsächlich registrierte. »Wie können Sie es wagen …«, begann sie, aber er schnitt ihr das Wort ab.
»Sagen Sie mir die Wahrheit, dann machen wir Schluß mit dem ganzen Unsinn. Hat mein Sohn Sie je wie ein Mann genommen oder so, wie es sein Zimmergenosse aus Eton behauptet? Meinem Anwalt
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