Die Templerin
gehoben und angefangen zu wimmern und zu klagen. Du hast dich gewehrt.«
»Und?« Robin versuchte, ihre Hand loszureißen. Salim ließ ihren Arm schließlich auch los, aber erst, als er es wollte.
»Warum wehrst du dich so gegen die Wahrheit?« fragte Salim. »Was ist so schlimm daran? Ich helfe dir!«
»Aber das will ich nicht!« Robin hätte geschrien, wenn sie es gekonnt hätte. »Begreifst du das denn nicht?«
Salim ergriff sie bei den Schultern. »Begreifst du denn nicht, daß du keine Wahl hast?«
»Nein!« Robin versuchte, seinen Arm beiseite zu schlagen, aber ihre Kraft reichte nicht. Salim hielt sie nicht nur weiter fest, sondern begann sie zu allem Überfluß auch noch zu schütteln.
»Wach auf!« sagte er. »Die Frage ist ganz einfach: Willst du weiterleben oder nicht?«
»Laß mich los!« keuchte Robin. Sie geriet in Panik. Sie wußte nicht, was mit ihr geschah. Sie wußte nicht, was Salim mit ihr tat, geschweige denn, warum er es tat. Sie versuchte noch einmal vergeblich, seine Arme abzuschütteln, dann hob sie die Hände und begann mit beiden Fäusten auf seine Brust einzuschlagen.
Und plötzlich brach alles aus ihr heraus. Tränen liefen in einem heißen Strom über ihr Gesicht, und in ihrem Hals war ein bitterer, harter Kloß und ein neuer Schmerz, der ihr fast den Atem nahm. Sie trommelte mit beiden Fäusten auf seine Brust und stammelte dabei unartikulierte, wimmernde Laute. Salim ließ es geschehen. Erst als sie versuchte, auch nach seinem Gesicht zu schlagen, drehte er den Kopf zur Seite, wehrte sich aber immer noch nicht, sondern zog sie nur näher an sich heran, so daß ihr kein Platz mehr blieb, um auszuholen, sondern sie nur noch schwächlich mit den Fäusten gegen seine Brust boxen konnte. »Laß mich los!« wimmerte sie. »Laß los! Ich… ich will das nicht! Ich will eure Schwerter und Keulen nicht! Ich will eure Waffen nicht, und eure … eure Mildtätigkeit. Ich will auch nicht hier sein! Ich will zurück nach Hause!«
Und endlich war es heraus. Ihre Kräfte erlahmten, und statt weiter auf ihn einzuschlagen, sank sie unter noch heftigerem Weinen plötzlich gegen Salims Brust. All der Schmerz, den sie in den vergangenen drei Wochen in sich hineingefressen hatte, aller Kummer und das ganze Leid, die Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, die bisher einfach nicht hatten kommen wollen, waren mit einem Male da, jäher und hundertmal schlimmer, als sie es sich auch nur hätte vorstellen können. Der Schmerz schien ihre Brust zerreißen zu wollen.
»Allah sei Dank«, murmelte Salim. Er drückte sie noch fester an sich, löste die Rechte von ihrer Schulter und strich zärtlich mit den Fingern über ihr Haar, fast ohne sie dabei wirklich zu berühren. »Ich hatte schon Angst, daß es niemals kommt. Es gibt nichts Schlimmeres als Schmerz, den man nicht herausläßt. Er frißt einen von innen auf.«
»Ich will weg«, schluchzte Robin. »Bring mich fort, Salim! Bitte! Ich möchte nach Hause!«
»Du hast kein Zuhause mehr, Robin«, antwortete Salim leise. »Es existiert nicht mehr. Du kannst nicht dorthin zurück. Sowenig wie ich.« Seine Hand hörte auf, über ihr Haar zu streichen, und berührte beinahe noch sanfter ihre Wange. »Ich weiß, das tut weh. Auch ich kenne diesen Schmerz. Ich weiß, wie schlimm er ist und wie tiefer geht. Und manchmal glaube ich, daß er niemals ganz vergeht. Aber man gewöhnt sich daran. Und irgendwann spürt man ihn kaum noch.«
Robin löste sich mit sanfter Gewalt aus seiner Umarmung, trat einen Schritt zurück und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Und wie paßt das zu deiner geborenen Kriegerin?« fragte sie leise. »Gehört das auch zu den Talenten, die man haben muß?«
»Weinen?« Salim lächelte. »Auch ich weine manchmal.«
»Du?« Es fiel ihr schwer, das zu glauben.
»Ich habe berühmte Helden aus der Schlacht kommen sehen, und sie haben wie kleine Kinder geweint«, sagte Salim. Dann hob er die Schultern, und das vertraute jungenhafte Grinsen breitete sich wieder auf seinem Gesicht aus. »Ein richtiger Krieger achtet nur darauf, daß die anderen es nicht sehen.«
Ob Robin wollte oder nicht, sie mußte lachen - auch, wenn ihr dabei noch immer die Tränen übers Gesicht liefen.
»Besser?« fragte Salim.
Sie blieb ihm die Antwort auf diese Frage schuldig. Sie wußte sie nicht. Der Schmerz in ihrer Brust war noch immer da, aber er war schon jetzt von anderer Art, die leichter zu ertragen war; als hätte ein Messer eine schwärende Wunde
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