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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der Welt missen. Aber ich habe einen sehr hohen Preis dafür bezahlt… vielleicht einen zu hohen. Ich möchte nicht, daß es dir eines Tages genauso ergeht wie mir. Alles, was ich will, ist, dir den gleichen Schmerz zu ersparen, mit dem ich seit fünfzehn Jahren leben muß.«
    »Seit fünfzehn Jahren…« wiederholte Robin leise. »Seit dem Tag meiner Geburt, meinst du.«
    »Was für ein Unsinn«, antwortete ihre Mutter. »Ganz im Gegenteil - ich weiß nicht, wie ich all diese Jahre ohne dich durchgestanden hätte. Ich weiß, was man sich im Dorf erzählt - daß er mich sitzengelassen hat, nachdem er dich gezeugt hat. Und ich nehme an, du hast das auch gehört.«
    Robin reagierte nicht. Niemand hatte es jemals in ihrer Gegenwart so deutlich ausgesprochen, aber natürlich hatte ihre Mutter recht. »Es ist nicht wahr«, fuhr ihre Mutter fort. »Er hat mich nicht im Stich gelassen. Ich wußte von Anfang an, daß die Männer nur bis zum Frühstück bleiben würden und daß der Soldat mit ihnen gehen würde. Deshalb wurdest du geboren.«
    Nun war Robin regelrecht schockiert. Sie starrte ihre Mutter aus aufgerissenen Augen an.
    »Es ist die Wahrheit«, bestätigte ihre Mutter. »Alle im Dorf glauben, daß du…« Sie lächelte flüchtig. »… eine Art Unfall warst. Daß ich nicht aufgepaßt habe. Aber es war Absicht. Ich hätte nicht gewußt, wie ich weiterleben sollte, nachdem er fortgegangen war.«
    »Warum?«
    »Weil er mir dasselbe angetan hat, was du dir im Moment selbst antust, Robin«, antwortete ihre Mutter. »Nicht aus böser Absicht. Der Soldat hätte mir niemals bewußt geschadet. Ich weiß nicht, ob er mich geliebt hat, aber ich weiß, daß er ein sehr sanftmütiger Mann war - obwohl er ein Krieger war. Es war allein mein Fehler.«
    »Aber was denn nur?« fragte Robin verstört. Da war etwas wie… wie Zorn in ihr. Aber sie verstand einfach nicht, warum.
    »Erinnere dich an Jan«, sagte ihre Mutter, anstatt direkt zu antworten. »Ich weiß, es tut weh, aber versuch es. Erinnere dich an das, was du gefühlt hast, als er dir seine Geschichten erzählt hat.«
    »Aber die waren doch… alle nicht wahr«, sagte Robin stockend. Sie versuchte zu lachen, aber es blieb bei dem Versuch. »Er hat sich doch alles nur ausgedacht.«
    »Das spielt keine Rolle«, behauptete ihre Mutter. »Trotzdem wolltest du diese Welt kennenlernen. Du hättest alles darum gegeben, sie nur ein einziges Mal zu sehen. Und du willst es immer noch. Dieser Junge hat deine Seele vergiftet, Robin. So wie der Soldat die meine. Es war keine böse Absicht. Ich bin sicher, daß Jan ein guter Mensch war, der dir nicht schaden wollte. Aber er hat es getan.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Es ist auch nicht zu verstehen«, sagte ihre Mutter traurig. »Du haderst mit deinem Schicksal, Kind. Ich hatte gehofft, daß dieser Moment nie kommt, aber vielleicht war diese Hoffnung naiv. Du bist jetzt kein Kind mehr, Robin. Bisher warst du mit dem Leben zufrieden, das du führst - das wir alle führen. Es ist ein einfaches Leben, aber du hast nie etwas anderes kennengelernt, und deshalb warst du zufrieden damit. Jan hat dir gezeigt, daß es noch mehr gibt, und es ist nur natürlich, daß du dich zu fragen beginnst, warum du nicht dieses andere Leben führen kannst.«
    »Was ist so schlimm daran?« fragte Robin. Das Gespräch begann ihr immer unangenehmer zu werden. Sie wußte im Grunde längst, worüber ihre Mutter sprach.
    »Du quälst dich nur selbst, Robin«, sagte ihre Mutter. »Die Wahrheit tut manchmal weh. Das hier ist unsere Welt, Robin. Unser Dorf, dieses Land… es ist der Platz, den Gott uns zugewiesen hat, und es steht uns nicht zu, seinen Willen in Frage zu stellen. Du wirst nur Schmerz und Leid finden, wenn du versuchst, dich ihm zu widersetzen. Ich habe es versucht, und ich habe mehr Schmerz gefunden, als ich dir jemals erzählt habe. Das möchte ich dir ersparen.«
    Diese Worte entsprachen der Wahrheit, das spürte Robin genau. Aber genauso sicher spürte sie, daß es bereits zu spät war. Wenn Jan wirklich ihre Seele vergiftet hatte, wie ihre Mutter behauptete, dann tat dieses Gift bereits seine Wirkung.
    Aber das wollte sie nicht glauben. Ihre Mutter sagte zweifellos die Wahrheit von ihrem Standpunkt aus. Aber es war gerade dieser Standpunkt, den Robin weder akzeptieren konnte noch wollte. Ihrer Mutter war weh getan worden, sehr weh, und vielleicht konnte sie gar nicht mehr anders, als sich verbittert zurückzuziehen.
    Was Jan ihr gezeigt hatte,

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