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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unabsichtlich an etwas tief in sich gerührt, das nun erwacht war und mit jedem Moment an Stärke zunahm.
    Was war das? dachte sie verwirrt. Spürte sie nun die Gewalt und den Tod, die diesen Ort heimgesucht hatten, oder fühlte sie tatsächlich eine drohende, neue Gefahr, die sich über ihr zusammenballte? Es wäre nicht das erste Mal.
    Vor zwei Jahren, als sich Malte selbst mit dem Beil ins Bein gehackt hatte, da hatte sie es vorher gespürt; nicht genau was, aber daß etwas passieren würde, etwas Schlimmes, das mit Schmerzen und Blut und großer Aufregung zu tun hatte. Und im darauffolgenden Herbst, als Geros Scheune abbrannte, war sie eine Stunde zuvor mit klopfendem Herzen und schweißgebadet aufgewacht, ohne zu wissen, warum. Sie hatte sogar gewußt, daß das Feuer nicht auf den Rest des Dorfes übergreifen würde, wie eine Zeitlang alle befürchteten. Und sie hatte davor und danach eine Anzahl anderer, kleinerer Unglücksfälle vorausgeahnt - ein- oder zweimal sogar früh genug, um sie verhindern zu können. Jedenfalls nahm sie das an. Da ja nichts passiert war, hatte sie keinen Beweis dafür, daß etwas passiert wäre. Tatsache aber war, daß sie offenbar - wenn auch nur in begrenztem Maße - über die Gabe verfügte, kommendes Unheil vorauszusehen. Es geschah nicht oft, was zu einem Gutteil daran liegen mochte, daß das Dorf in seiner isolierten Lage von all den größeren und kleineren Katastrophen weitestgehend verschont blieb, die die Welt draußen heimsuchen mochten, aber es geschah.
    Robin hatte niemals mit irgend jemandem über diese Gabe gesprochen, nicht einmal mit ihrer Mutter. Zum einen, weil es für sie gar nichts Besonderes war und sie anfangs glaubte, daß es jedem Menschen so erginge, zum größeren Teil aber wohl, weil ihr schon sehr früh klargeworden war, daß die Menschen Furcht vor allem empfanden, was fremd war, und je weniger sie es verstanden, um so größer war die Furcht. So hatte sie zum Beispiel einmal ein Gespräch zwischen ihrer Mutter und einigen anderen belauscht, bei dem es um eine Frau aus dem Nachbardorf ging, die angeblich das zweite Gesicht haben sollte. Robin hatte damals nicht einmal gewußt, was das bedeutete, aber ihr war sehr wohl aufgefallen, daß ihre Mutter und die anderen zwar gelacht und ihre Scherze gemacht hatten, sich aber auch ein sachter Unterton vor Furcht in ihre Stimmen geschlichen hatte. Auch das Wort Hexe - so glaubte sie sich zu erinnern - war ein paarmal gefallen. Das mußte nicht unbedingt etwas bedeuten; niemand mochte die Leute aus dem Nachbardorf, und es gab für den Tratsch im Ort nichts Schöneres, als schlecht über sie zu sprechen. Trotzdem hatte Robin ihre Lehre aus diesem Gespräch gezogen. Es war besser, wenn niemand von ihrer Gabe erfuhr. Das Zweite Gesicht - mittlerweile wußte sie, was damit gemeint war - mochte ja ganz praktisch sein, aber wer würde schon jemanden mögen, der stets nur Unheil voraussagte? Außerdem meldete sich ihr sechster Sinn in letzter Zeit immer seltener. Und an jenem schrecklichen Abend, an dem Jan gestorben war, hatte er sie sogar ganz im Stich gelassen, so daß sie schon fast angefangen hatte, ihn zu vergessen.
    Nun aber war er wieder da; so intensiv, als stünde jemand hinter ihr und flüstere ihr unverständliche, aber düstere Worte ins Ohr.
    Etwas würde geschehen.
    Etwas Schreckliches.
    Bald.
    Robin rieb sich fröstelnd die nackten Oberarme. Durch das dicke Mauerwerk und die kleinen Fenster war es hier drinnen nicht nur stets dunkler, sondern auch kühler als draußen, aber plötzlich schien es regelrecht kalt zu sein, als hätte sich in den Schatten jenseits des schräg einfallenden Sonnenlichts eine unsichtbare Tür in den Winter geöffnet, durch die nun ein eisiger Luftzug zu ihr herüberwehte. Sie versuchte, diese Dunkelheit mit Blicken zu durchdringen, um sich selbst davon zu überzeugen, wie absurd diese Vorstellung war, aber es gelang ihr nicht. Vorsichtig bewegte sie sich weiter in die Kapelle hinein. Als sie am Fenster vorbeiging, spürte sie tatsächlich die Wärme des Sonnenlichtes auf dem Gesicht, was ihr die zuvor empfundene Kälte noch bewußter machte. Unter ihren Füßen klapperte zerbrochenes Holz, dann stieß sie gegen etwas aus Metall, das mit einem leisen Klimpern davonrollte. Sie versuchte, ihm mit Blicken zu folgen, ließ sich in die Hocke sinken und sah ein flüchtiges, goldfarbenes Aufblitzen unter den Überresten einer zerbrochenen Bank. Sie tastete danach, zog die Hand wieder

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