Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
das waren Worte, die einfach nicht zu ihrem Leben gehörten und sie auch nicht wirklich berühren konnten. Sie kam sich vor wie in einem Traum. Einem bösen Traum, aber trotzdem ein Traum. Salim nahm sie beim Arm und führte sie aus dem Halbdunkel des Torgewölbes wieder in den hellen Sonnenschein auf dem Hof hinaus. »Und… nun?« fragte sie.
    »Nun?« Salim hob die Schultern. »Nun warten wir.«
    Das Heer traf fast auf die Minute pünktlich zu dem Zeitpunkt ein, den Abbé vorausgesagt hatte. Der Ausguck auf dem Turm meldete ihn schon frühzeitig, von dem Heereszug selbst aber war noch lange Zeit nichts zu sehen. Obwohl die Angreifer wissen mußten, daß ihre Ankunft längst kein Geheimnis mehr war, nutzten sie die Wälder als Deckung, um sich der Komturei so weit wie möglich ungesehen zu nähern. Der Tag war so heiß geworden wie die vorhergehenden, aber der ausgiebige Regen der Nacht hatte den Boden aufgeweicht, so daß es keine verräterische Staubwolke gab, und - zumindest für Robins ungeübtes Auge - auch keine anderen, verräterischen Zeichen.
    Trotzdem verzog Salim abfällig das Gesicht, als die ersten Reihen aus dem Wald heraustraten, etwas weniger als eine Meile von der Komturei entfernt. Robin, einige weitere Männer und er hatten hinter den schmalen Scharten über dem Tor Aufstellung genommen, nachdem sie sich hartnäckig geweigert hatte, in die Turmkammer zu gehen und dort wie ein verängstigtes Kind darauf zu warten, daß etwas geschah, und sie hatten nicht lange warten müssen. Robin zählte auf Anhieb gut ein Dutzend Reiter, dann ein zweites, und dann gab sie auf. Ihre Zahl schien kein Ende zu nehmen. Hatte Abbé nicht von einem Heer von hundert Mann geredet? Nach ihrem Dafürhalten konnten es genausogut tausend sein. Der Waldrand war schwarz vor Gestalten, und ihre Zahl wuchs noch immer.
    Salim zeigte sich weniger beeindruckt als sie. »Was für Dummköpfe!« sagte er verächtlich. »Eine Reiterarmee, um eine Burg zu stürmen!« Er schüttelte ein paarmal den Kopf, dann ging er mit schnellen Schritten zur anderen Seite des großen, das gesamte Tor überspannenden Raumes und beugte sich aus dem Fenster.
    »Schickt mehr Männer zum Pferdestall!« rief er hinaus. »Verstärkt die Wände, und seid auf der Hut! Sie werden dort angreifen! Und jemand soll Abbé und die anderen rufen!« Er drehte sich herum, lehnte sich gegen die Wand neben dem Fenster und fügte etwas leiser hinzu: »Ich fürchte, sie werden ihr Mittagsgebet heute ein wenig abkürzen müssen.« Robin warf noch einen unsicheren Blick zu Gunthars Heer hinaus. Die Männer kamen im Moment nicht näher, sondern schienen sich am Waldrand zu sammeln.
    »Woher… weißt du… das?« fragte sie mühsam.
    »Daß sie den Pferdestall angreifen werden?« Salim hob die Schultern. »Ich würde es tun. Es ist der schwächste Punkt. Die Wände sind dünn und das Dach so flach, daß ein geschickter Mann ohne Mühe hinüberklettern kann… Falls sie uns nicht kurzerhand den ganzen Hof über dem Kopf anzünden«, fügte er nach kurzem Zögern und leiser hinzu. Robin sah wieder nach draußen. Nun, nachdem sie ihren ersten Schrekken überwunden hatte, sah sie, daß Abbés Einschätzung von Gunthars Kräften durchaus realistisch gewesen war. Es mußten an die hundert Berittene sein, die sich am Waldrand versammelt hatten - eine Zahl, die leicht auszusprechen, aber furchteinflößend anzusehen war. Die Männer waren noch zu weit entfernt, um ihre Bewaffnung zu erkennen, aber es war eine gewaltige Streitmacht; jedenfalls in Robins Augen. Sie sah sich unsicher um. Auf dem staubigen Dachboden hatte sich ungefähr ein Dutzend Männer versammelt, Köche, Stallburschen, Knechte und einfache Handlanger. Die Anspannung stand ihnen ins Gesicht geschrieben, aber sie hatten sich auch auf eine erstaunliche Weise verändert: Alle waren bewaffnet, und Robin sah recht wenige Anzeichen echter Furcht. Die Männer wußten, was auf sie zukam, und sie waren sich auch des Ernstes der Lage bewußt, aber sie waren weit davon entfernt, in Panik zu geraten.
    Salim trat neben sie. Er sagte nichts, sondern blickte schweigend und mit großer Konzentration zu Gunthars Männern hin. Sie hatten mittlerweile eine lockere Formation angenommen und näherten sich der Komturei in einer doppelten, weit auseinandergezogenen Reihe. Als sie näher kamen, erkannte Robin Gunthar von Elmstatt und seinen Sohn, die an der Spitze des Heereszugs ritten.
    Sie erkannte aber auch noch mehr: Nur vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher