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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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höher. Vielleicht war die Zeit des Versteckspielens für Abbé endgültig vorbei. Der Abbé jedenfalls, der Robin in dem luxuriös ausgestatteten Zimmer erwartete, war kein ehrfurchtgebietender, strahlender Ritter mehr, sondern ein müder, gebrochen wirkender alter Mann.
    Abbé hatte seine Rüstung gegen das schmucklose graue Büßergewand getauscht, aber das schwere Kettenhemd und ein sauberer Wappenrock samt dazugehörigem Mantel lagen auf seinem Bett. Abbé selbst kniete in der Ecke neben dem Kamin, hatte die Hände gefaltet und betete lautlos und mit geschlossenen Augen. Erst, als der Knecht gegangen und er mit Robin allein war, stand er auf und ging mit müden Schritten zum Tisch. »Setz dich, mein Kind«, sagte er.
    Robin gehorchte. Sie hatte kein gutes Gefühl. Abbé in einem solchen Zustand zu sehen, erfüllte sie nicht mit Befriedigung, sondern mit dem genauen Gegenteil.
    Eine Weile sah Abbé sie einfach nur an, so als erwarte er eine ganz bestimmte Reaktion von ihr, dann sagte er leise: »Du kannst also wieder reden.«
    Leugnen hatte wenig Sinn, also antwortete Robin mit einem einzelnen, mühsam hervorgewürgten Wort: »Schwer.« Tatsächlich fiel es ihr jetzt sehr viel schwerer, zu sprechen, als noch in der Nacht; und es bereitete ihr auch sehr viel mehr Schmerzen.
    »Streng dich nicht an, mein Kind«, sagte Abbé lächelnd. »Ich habe dich nicht rufen lassen, um dir Vorhaltungen zu machen oder dich zu verhören. Salim hat mir alles erzählt, was in der vergangenen Nacht geschehen ist. Es war klug von dir, auf ihn zu hören und niemandem zu verraten, daß du deine Stimme wiedergefunden hast.« Er lächelte traurig. »Es ist schade, daß Bruder Tobias dieses Wunder nicht mit ansehen kann. Obwohl es wahrscheinlich keinen großen Unterschied mehr macht.«
    Wieder kehrte für lange, endlose Sekunden Stille ein. Dann sagte Abbé unvermittelt: »Hast du Angst vor dem Tod?«
    Robin verstand den Sinn dieser Frage nicht ganz - nicht in diesem Moment -, aber sie nickte. Natürlich hatte sie Angst vor dem Tod. Jeder hatte das.
    »Es mag sein, daß wir alle heute den Tod finden«, fuhr Abbé fort. »Oder doch auf jeden Fall viele von uns. Ein Kampf ist unvermeidlich. Ich habe soeben die Nachricht erhalten, daß Gunthar mit einem Heer von fast hundert Mann auf dem Weg hierher ist. Es wird zur Schlacht kommen.« Robin nickte ernst.
    »Ich erzähle dir das nicht ohne Grund«, fuhr Abbé fort. »Wie ich gesagt habe, ist ein Kampf unvermeidlich geworden. Aber du mußt nicht daran teilhaben. Noch ist Zeit für dich, die Komturei zu verlassen. Ich will dir nichts vormachen, Robin: Du wärst auch draußen nicht in Sicherheit, vielleicht noch viel weniger als hier bei uns. Gernot und Otto werden alles daransetzen, dich zu finden und zu töten, denn du bist die einzige noch lebende Zeugin für ihren Verrat. Aber wir können dir einen kleinen Vorsprung verschaffen. Ich gebe dir ein Pferd und einen Begleiter, der dich zu einer befreundeten Komturei im Süden bringen wird. Mit etwas Glück könnt ihr sie erreichen, bevor Elmstatt auch nur merkt, daß du nicht mehr hier bist. Es mag sein, daß er uns besiegt, aber wir werden ihm lange genug standhalten, bis du in Sicherheit bist.«
    Robin befeuchtete die Lippen mit der Zunge und sammelte Kraft für die Frage, die sie Abbé stellen mußte.
    »Aber ihr… braucht mich… doch. Ich kenne … die Wahrheit.«
    »Das ist wahr.« Abbé lächelte. »Leider spielt die Wahrheit schon lange keine Rolle mehr, mein Kind. Gott allein wird entscheiden, welches Schicksal uns erwartet. Es ist zuviel unschuldiges Blut vergossen worden. Zu viele sind gestorben, nur weil ihr Tod den Plänen eines anderen zupaß kam. Vielleicht hast du recht und wir brauchen dich, damit die Wahrheit ans Licht kommt. Aber ich bin es dir schuldig, dein Leben zu retten.«
    »Warum?« fragte Robin.
    »Du traust mir nicht«, stellte Abbé mit einem traurigen Lächeln fest. »Und wie könntest du auch? Ich habe dich belogen, und ich habe dich bedroht, und nun fragst du dich, ob nicht vielleicht doch ich hinter all dem stecke, nicht wahr?«
    Robin sah den Tempelritter einen Herzschlag lang ernst an, aber dann schüttelte sie den Kopf. Nein, das fragte sie sich nicht. Nicht mehr. Sie hatte sich diese Frage gestellt, wenn auch nur insgeheim, aber sie wußte nun, daß sie Abbé damit Unrecht getan hatte. Er war ein harter Mann. Ein Krieger, der nicht zögerte, seinen Gegner im Kampf zu töten, oder auch hundert in den sicheren

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