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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mir.«
    Er legte die Hand auf ihre Schulter und dirigierte sie vor sich her auf die einzige Tür zu, die es hier unten - abgesehen vom Eingang - gab. Dahinter lag ein großer, langgestreckter Raum, der normalerweise wohl als Lager genutzt wurde, im Augenblick aber zu einem provisorischen Hospital umfunktioniert worden war. Robin gewahrte zahlreiche Verwundete, die lang ausgestreckt auf zwei großen Tischen, aber auch auf dem nackten Boden lagen. Andere saßen mit hängenden Schultern und leerem Blick vornübergebeugt auf Stühlen oder krümmten sich vor Schmerz. Ein gedämpftes, aber anhaltendes Stöhnen und Wehklagen erfüllte den Raum, und der durchdringende Geruch nach Blut und Leid lag in der Luft.
    Robin hätte erleichtert sein müssen, daß ihr erster - im nachhinein betrachtet absurder - Gedanke, nämlich daß Abbé ihr eine Waffe in die Hand drückte und sie zur Verteidigung des Turms einteilte, nicht wahr wurde, aber das genaue Gegenteil war der Fall. Offenbar erwartete der Tempelritter von ihr, daß sie sich um die Verletzten kümmerte, und dieser Gedanke erschreckte sie noch viel mehr. Es war weniger als eine Stunde her, daß die Kampfhandlungen ihren Anfang genommen hatten, aber sie fühlte sich, als tobe die Schlacht seit Tagen. Ihre Welt hatte sich in ein klebriges Gewirr aus Furcht, Schmerzen und Gewalt verwandelt, in das sie sich immer tiefer und tiefer verstrickte, je mehr sie sich bemühte, daraus zu entkommen, und noch während Abbé sie vor sich her durch den Raum bugsierte, wurde ihr klar, daß es durchaus noch etwas Schlimmeres gab, als dem Wüten der Kriegsbestie zuzusehen - nämlich den Anblick ihrer Opfer. Hätte sie in diesem Moment die Wahl gehabt, dann hätte sie, ohne zu zögern, nach Schild und Schwert gegriffen, um sich den Verteidigern anzuschließen, statt in diesem Schlachthaus zu stehen und sich innerlich beim Anblick zerschnittenen Fleisches und zerbrochener Glieder zu krümmen.
    Sie hatte diese Wahl nicht. Abbé teilte sie einem Mann zu, der ihr ohne viel Federlesens eine Schale mit Wasser und Verbandszeug in die Hände drückte und ihr auftrug, sich in eigener Regie um die Verletzten zu kümmern. Sie tat es, so gut sie konnte - was vermutlich nicht besonders gut war. Robin hatte wenig Erfahrung in solcherlei blutigem Handwerk. Natürlich hatte es im Dorf auch mancherlei Verletzungen gegeben, Unfälle oder auch pures Ungeschick, so daß ihr der Anblick von Blut nicht vollkommen fremd war, aber es war auch stets jemand dagewesen, der sich darum kümmerte, so daß ihre Rolle auf die einer bloßen Beobachterin reduziert worden war, und auch das meistens nur für einen - wortwörtlichen - Augenblick. Hier nun mußte sie zupacken, ob sie wollte oder nicht. Es gab zahlreiche Schnitt- und Stichwunden zu versorgen, Blutungen zu stillen oder manchmal auch einfach nur ein tröstendes Wort zu sprechen, und schon bald begannen Entsetzen und Ekel zu einem dumpfen Druck in ihrem Inneren herabzusinken, der quälend war, sie aber bei ihrem Tun nicht mehr wirklich behinderte.
    Und es war eine schauderhafte Arbeit. Bald unterschied sich Robin auch äußerlich nicht mehr von den Verletzten, denen sie half. Sie war genauso blutig und nicht weniger erschöpft, und das Entsetzen in ihren Augen war wohl kaum weniger groß als das in den Blicken der Männer. Sie nahm an, daß sie vielen von ihnen zusätzliche und unnötige Schmerzen bereitete, weil sie sich so ungeschickt anstellte, aber niemand beklagte sich, und niemand machte ihr Vorwürfe, nicht einmal Abbé, als er einmal ihre Hand beiseite schob und ihr mit einem wortlosen Kopfschütteln zu verstehen gab, daß sie etwas falsch gemacht hatte.
    Nach einer halben Stunde, die ihr wie eine ganze Ewigkeit vorgekommen war, betraten zwei Tempelritter den Raum - Xavier und Jeromé, soweit sie das unter all dem Blut und Schmutz auf ihren Gesichtern beurteilen konnte - und traten an einen der Tische, auf denen ein Verwundeter aufgebahrt worden war. Robin hatte es bisher vermieden, mehr als einen flüchtigen Blick auf den Mann zu werfen, aber ihr war klar, daß es sich um einen der besonders schwer Verletzten handeln mußte. Jeromé und Xavier machten jedoch keine Anstalten, sich um seine Wunden zu kümmern. Jeromé faltete die Hände und begann mit leiser Stimme auf lateinisch zu beten, während Xavier mit schnellen Schritten um den Tisch herumging und die Hand nach dem Gesicht des Mannes ausstreckte. Robin konnte nicht genau erkennen, was er tat, und sie

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