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Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Titel: Die Teppichvölker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Spitzen der Haare aus watteartigem Nebel. Schwindel erfaßte ihn, und er versuchte sich davon abzulenken, indem er seinen Gefährten einen Vortrag hielt.
    »Bei den Deftmenen heißt es, das Hochtorland sei vor vielen Jahren vom Oben herabgefallen. Die Vortgorner waren ein kleiner Stamm, der in diesem Bereich lebte. Sie erkletterten die Bronze und ließen sich auf ihr nieder.«
    »Und die Moule? Warum sind sie hier?«
    »Der Gedanke daran bereitet mir ziemliches Unbehagen«, gestand Pismire. »Die Vortgorner neigen zwar zu Sturheit, aber sie stehen nicht in dem Ruf, gemein zu sein.«
    Die Plattform glitt auch weiterhin nach oben, bis sie schließlich an einem Bronzetor an der Wand verharrte. Daneben und darüber bemerkte Pismire jene Flaschenzüge, die nötig waren, um das Quadrat heraufzuziehen oder hinabzulassen. Bronzeplatten glänzten an den Balken, und metallene Dorne ragten aus ihnen hervor. Auch Tor und Fallgatter waren mit derartigen Spitzen ausgestattet. Unten, tief unten erstreckte sich der Teppich.
    »Die hiesigen Bewohner legen offenbar großen Wert darauf, nicht gestört zu werden«, meinte Bane.
    Hinter ihnen zischte Gormaleesch: »Werft noch einen letzten Blick auf den Teppich. Ihr seht ihn nie wieder.«
    »Oh, Melodrama!« kommentierte Pismire.
    »Glaubst du vielleicht …«
    Der Moul bekam keine Gelegenheit, den begonnenen Satz zu beenden. Dem dritten Wort folgte ein schmerzerfüllter Schrei – Brocandos Zähne bohrten sich in Gormaleeschs Bein.
    Ein wütender Moul packte den Zwergenkönig, stapfte mit ihm zum Rand der Plattform und hob Brocando dort hoch über den Kopf.
    Nach kurzem Zögern kamen die Arme wieder herab. »Nein«, sagte Gormaleesch langsam. »Nein. Bald wirst du dir wünschen , daß ich dich in die Tiefe geworfen hätte. Es wäre eine Gnade, dich jetzt zum Teppich hinabfallen zu lassen, in den sicheren Tod, und gerade jetzt bin ich nicht in der richtigen Stimmung, dir gegenüber gnädig zu sein …«
    Er warf den zitternden Brocando zu den anderen Gefangenen, als das Fallgatter in Bewegung geriet.
    »Ich habe nicht etwa aus Furcht gezittert«, betonte der kleine König. »Es war nur ziemlich kalt da oben.«
    Die Moule betraten das Hochtorland. Pismire sah ein breites Metallplateau, und in der Ferne schienen sich Hügel zu erheben. Sie kamen an Käfigen mit dicken Gitterstangen vorbei, hinter denen Snargs hockten: braune Exemplare aus dem Holzwandland, rote aus dem Westen und schwarze mit besonders langen Zähnen. Was auch immer ihre Farbe sein mochte, sie alle hatten nur eins im Sinn: Heißhungrig zerrten sie am Gitter, und gierige Blicke folgten den Gefangenen.
    Sie setzten den Weg fort, und der Schamane beobachtete Pferche, in denen man Snargs dressierte. An die Gehege schlossen sich weitere Käfige an, ein ganzes Stück größer als die ersten. Sie enthielten … seltsame Wesen.
    Die Geschöpfe waren riesig. Geradezu absurd winzig erscheinende Flügel wuchsen aus tonnenförmigen dicken Körpern. Lange Hälse trugen Köpfe, die sich langsam drehten, als die Gruppe vorbeimarschierte. Das andere Ende bestand aus einem stummelförmigen Schwanz. Die Beine schienen nicht dick genug zu sein, um ein derartiges Gewicht zu tragen. Oh, sie waren dick, aber bei so großen Wesen erwartete man Beine, deren Dicke sich mit den Stämmen von Riesenhaaren vergleichen ließ.
    Eins jener Geschöpfe schob den Kopf durchs Gitter und sah auf Pismire herab. Die großen Augen offenbarten einen intelligenten Glanz, und darüber wölbten sich lange buschige Brauen.
    »Ein Pon«, sagte er. »Meine Güte, ein Pon! Aus dem fernen Osten, wo die Fransen des Teppichs den Boden berühren. Die größten Lebewesen des Teppichs. Wenn uns einige von ihnen helfen würden …«
    »Ich fürchte, sie gehorchen den Moulen«, sagte Bane.
    Der Pon sah ihnen nach.
    Kurze Zeit später erreichten sie die kantigen Metallhügel und schritten durch eine dunkle Pforte. Drinnen übergab man sie der Obhut anderer Moule, deren Haut dunkler zu sein schien.
    Pismire und seine Begleiter wurden durch ein Tunnellabyrinth geführt, und überall erklang das Klopfen und Pochen von Hämmern. Es ging immer tiefer hinab in den Berg aus Metall, bis sie schließlich ein nur matt erhelltes Gewölbe mit mehreren Türen erreichten. Eine der Türen stand offen, und man stieß die Gefangenen in den entsprechenden Raum.
    Sie fielen auf einen feuchtkalten Boden, und als sie sich wieder erhoben, erschien das grinsende Gesicht Gormaleeschs am Gitter.

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