Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual
jetzt hoch genug waren, stand er auf und blickte über den Gondelrand. Unter ihnen schmolz die Landschaft zusammen. Die Tulpengewächse sahen wie Gartenblumen aus, die winzigkleinen, aufgeregt zwischen ihnen dahineilenden Menschen wie Insekten. Das Kastell der O’Broins sah wie eine Spielzeugburg aus, und das allerseltsamste war, daß der in dieser Höhe herrschende Wind kaum spürbar war. Auf Rorqual galten andere Gesetze; irgendwann würden sie herausfinden, woran das lag.
Als David sich umwandte, um in die Gesichter seiner Gefährten zu sehen, stellte er fest, daß Justin O’Broin sich nicht mehr neben ihm befand. Er lag auf dem Boden der Gondel, sein Kopf ruhte auf Thornas Schoß. Ihre rechte Hand war blutbesudelt, ihr Blick vor Entsetzen geweitet. Farrell bewegte die Lippen, als wolle er etwas sagen, aber aus seinem Mund kam kein einziger Ton.
Erst dann sah David terGorden den kleinen Bolzen, der aus dem Hals des Ballonkonstrukteurs ragte. Justin war getroffen worden. Ein einziger von einem Dutzend Bolzen hatte sein Ziel – den Ballon – erreicht und hatte ausgerechnet ihn treffen müssen.
Zandra und Rianna waren bleich wie der Tod. Justin schnappte hörbar nach Luft. Dann krächzte er: »Wir haben es geschafft, was?« Er hustete, sein Blick wurde glasig. »Ohne Eure Hilfe, Sir David … wäre mir das sicher nicht … gelungen. Ich möchte Euch meinen Dank aussprechen.« Er hustete erneut. David stellte sich vor, was sich vor dem inneren Auge des todgeweihten Außenseiters für Szenen abspielten. Sah er jetzt Hunderte von Ballons, die über die Oberfläche Rorquals majestätisch dahinschwebten? Oder hatte er den Tod vor Augen?
»Wir alle …« keuchte Justin O’Broin, »haben unser bestes … getan. Einst … werden die Ballons der terGorden-Reederei diesen Planeten … zur Gänze erforschen …«
»Rorqual gibt uns viele … Rätsel auf«, fuhr Justin fort, »aber mit Hilfe … der … Ballons … eines … Tages …« Er richtete sich plötzlich auf. Sein Blick wurde für eine Sekunde wieder klar und er sagte: »Mir ist so eigenartig, Sir David. Ich glaube, mir wird schlecht. Wäre es nicht eine Ironie des Schicksals, daß ausgerechnet ich das Fliegen nicht vertragen könnte?«
Dann fiel er zurück und starb ohne ein weiteres Wort. Thorna brach in Tränen aus; David wandte sich schnell ab und blickte aus der Gondel in die Ferne.
Die Höhenwinde trieben sie nach Norden. Bereits jetzt konnte man die zackige Bergkette erkennen, die noch nie ein Mensch zu Fuß durchquert hatte. Was würde sie dahinter erwarten?
ENDE
In 14 Tagen erscheint als Band 17:
»Die Piraten vom Scharlachmeer«
von Conrad C. Steiner
Davids Suche nach seinen verschollenen Gefährten geht weiter. Der Planet Rorqual ist eine Welt voller Überraschungen und Rätsel. Seit Jahrhunderten sind hier immer wieder terranische Raumschiffe gestrandet. Die Überlebenden haben sich, so gut sie konnten, an die seltsamen Verhältnisse angepaßt und eigenartige Kulturen entwickelt.
Metall ist auf Rorqual so wertvoll wie Gold, und die abgestürzten Raumschiffe sind Schätze, auf die bald mehrere Gruppen Jagd machen. David gerät in die Hände der PIRATEN VOM SCHARLACHMEER und muß auf den Nebelmeeren um sein Leben kämpfen. Aber er bleibt seinen Gefährten immer auf der Spur. Conrad C. Steiner erzählt in 14 Tagen Davids abenteuerliche Odyssee auf Rorqual.
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