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Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual

Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual

Titel: Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conrad C. Steiner
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beinahe absolut. Die Wogen des Flusses plätscherten nicht, sondern zischten leise, wenn sie sich am Ufer brachen.
    Es war eine gespenstische Welt, auf der sie vor sechs Jahren mit ihrem Vater gestrandet war. Nicht sehr viele der Auswanderer hatten die Katastrophe überlebt. Sie erinnerte sich an einen jungen, hellhaarigen Treiber mit verträumten Augen, der sie auf seinen Armen aus dem Schiffswrack getragen hatte, obwohl er selbst schwer am Kopf verletzt worden war. Er war irgendwo untergetaucht, wie die meisten, die in panikartigem Schrecken in alle Windrichtungen auseinandergelaufen waren. Ihr Vater hatte versucht, wenigstens einen kleinen Teil der Überlebenden zusammenzuhalten, aber seine Bemühungen waren umsonst gewesen. Eine unerklärliche Angst hatte sowohl die Treiber als auch die Passagiere des Schiffes ergriffen und ihre Sinne verwirrt; das Entsetzen, auf einer unbekannten Welt gestrandet zu sein, deren Himmel keine Sterne besaß und auf der die Nacht als schwarze Sonne am Horizont aufstieg, brachte die Überlebenden fast alle zum Wahnsinn. Daß es auf Rorqual Leben in zahlreicher Form gab, hatte keiner von ihnen erwartet.
    Das ledrige Knarren einer Schiffstakelage führte am frühen Nachmittag dazu, daß Thorna stehenblieb. Täuschte sie sich, oder kam da tatsächlich der Rumpf eines Schoners auf sie zu? Es dauerte nicht lange und sie konnte zwischen den Nebelfeldern hindurch die Umrisse von Menschen erkennen. Ein großer, dunkler Körper bewegte sich auf den Uferrand zu. Thorna sah schlaff hängende Segel, eine aus Tauen bestehende Reling und grobmaschig geflochtene Wanten. Sie hob die Hand und winkte den Unbekannten zu. Jemand schrie einen Befehl, und gleich darauf tauchte hinter der Reling ein Mann auf, der beide Hände trichterförmig an seinen Mund legte. Seine Stimme durchdrang die wirbelnden Nebelschwaden nur geisterhaft.
    »… helfen?«
    »Hallo!« rief Thoma, die jetzt jegliche Zurückhaltung ablegte. »Hier bin ich! Hier! Hier!«
    »… sind Sie?« fragte der Mann an der Reling zurück. Seine Stimme klang tief und es schien sogar ein wenig Besorgnis in ihr mitzuschwingen. Die Konturen des Schoners wurden nun klarer erkennbar. Er war etwa zwanzig Meter lang. Thorna erkannte drei große Segel und mehrere Decksaufbauten, zwischen denen sich mehr als ein Dutzend Gestalten bewegten. In der Nähe des Bugs konnte sie einen bärbeißig aussehenden Mann ausmachen, der in Fischhäute gekleidet war und ein zusammengerolltes Tau in der Rechten hielt. Sein Haar war lang und schwarz und wurde mit einem feuerroten Stirnband zusammengehalten. Ein struppiger Bart umrahmte sein Kinn.
    Das Schiff war jetzt nur mehr knapp zehn Meter vom Ufer entfernt. Thorna, die ununterbrochen schrie und winkte, streckte die Arme aus und bedeutete den Fremden, daß sie sie an Bord holen sollten. Nach einer Weile erwiderte der Mann am Bug: »Wir können nicht näher ans Ufer heran, Mädchen. Warte einen Moment!« Er gab einem unsichtbaren Steuermann einen Befehl, hob dann das Tau und warf es Thorna entgegen. Es zischte leise, als das Seil auf die gasähnliche Substanz schlug, die in dem roten Fluß das Wasser ersetzte. Der Bärtige fluchte, dann holte er die Leine wieder ein und unternahm einen erneuten Versuch. Diesmal klappte es. Thorna packte das ihr zugeworfene Ende mit geschickten Händen und musterte es. Wollten die Leute sie etwa durch den Fluß aufs Schiff ziehen?
    »Binde es dir um die Hüften!« brüllte der Schwarzbart. »Keine Angst, wir ziehen dich schon rüber!«
    Thorna zögerte. Sie trat einen Schritt näher an das Flußufer heran und versuchte den Gasspiegel mit Blicken zu durchdringen. Unter ihr blubberte es. Die Nebelschwaden, deren Färbung der des Flusses nicht unähnlich war, verhinderte, daß sie allzuviel von dem, auf das sie sich einließ, zu sehen bekam. Sie spürte plötzlich, wie ihre Knie zitterten. Eine instinktive Furcht vor der Tiefe ließ sie zurückweichen. Sie hatte davon gehört, daß die Flüsse dieser Welt von schrecklichen Kreaturen bevölkert sein sollten. Manche davon waren größer als die Segelschiffe, die sich über sie hinwegbewegten. Wovon ernährten sich diese unsichtbaren Ungeheuer?
    Bevor der Schwarzbart ihr ein zweites Mal etwas zurufen konnte, beschloß Thorna diese Frage zu vergessen, zog die letzte Konsequenz und schloß die Augen. Das Nebelland hier war tot. Wenn sie es verlassen wollte, mußte sie es mit diesem Schiff tun. Auch wenn sie keine Ahnung hatte, auf was sie sich

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